Wir empfehlen
JÄNNER 2020

Editorial

Über Äpfel und Birnen

A

ls neulich im Innsbrucker Gemeinderat über die Park-
gebühren in der Kurzparkzone diskutiert wurde, flogen einmal mehr die Fetzen wie sonst nur in der Stadtregierung von Palermo. Man könnte fast meinen, es wäre um etwas wirklich Wichtiges gegangen – so hitzig und emotional wurde debattiert.

// 

Dieser Umstand ist vermutlich dadurch zu begründen, dass hier gerne
Äpfel mit Birnen vermischt werden. So schaffte es zum Beispiel die neue Vizebürgermeisterin Schwarzl tatsächlich, auch noch den Klimaschutz ins Spiel zu bringen. Den Umstand, dass vermutlich kein Auto weniger fahren wird, wenn die Parkgebühren erhöht werden und wahrscheinlich auch keines mehr, wenn diese gleich bleiben, ignorierte sie vorsichthalber.

// 

Die eigentliche Frage aber – die wurde in der ganzen Diskussion nicht gestellt: Welche Art von Innenstadt wünschen wir uns eigentlich? Eine verkehrs- und geschäftsberuhigte oder eine lebhafte und attraktive? Eines ist jedenfalls sicher: Während die Politik über die Autos im Zentrum streitet, knallen im DEZ die Korken. Viel fehlt nicht mehr an der Peripherie – ein Christkindlmarkt vielleicht? – dann muss endgültig niemand mehr in die Innenstadt. Denn auch wenn es sich die wenigsten Grünen vorstellen können, kommt der Durchschnittsbürger nicht mit dem Zug, dem Bus oder dem Fahrrad zum Einkaufen und lässt sich das auch nicht vorschreiben. Wir brauchen Besucher in der Innenstadt, die in unseren Geschäften einkaufen und in unseren Restaurants und Cafés konsumieren. Sonst sperren die Kaufleute zu, immer mehr Flächen stehen leer, die Innenstadt verwaist und wird zum Ort für austauschbare  Ketten, die es überall gibt. Wir brauchen nicht nur Menschen, die mit dem Fahrrad in die Markthalle tingeln, um dort ihre Bio-Eier für den Wochenendbrunch zu holen. Wir brauchen Durchschnittsbürger, die ihr Geld auch im Innsbrucker Zentrum ausgeben wollen und nicht nur in der Peripherie oder – die weitaus größere Gefahr – im Internet. Nur durch den Charme einer belebten und einzigartigen Innenstadt ist das zu verhindern.

// 

Dabei ist allerdings völlig egal, ob die halbe Stunde Parken 70 Cent, 1 Euro oder gerne auch 1,50 Euro kostet. Viel wichtiger ist, dass wir überhaupt einen Parkplatz finden und dann nicht nach
90 Minuten zum Auto laufen müssen, um nachzuwerfen. Es ist überhaupt nicht verwerflich, dass man Parkgebühren erhöht, um Einnahmen zu generieren. Es ist aber höchst bedenklich, wenn man Konzepte fördert, die eine Innenstadt auf Dauer brachlegen und das nicht einmal bemerkt, weil man von der Wirtschaft schlichtweg keine Ahnung hat.

[email protected]