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JULI 2019

Editorial

Über das Vergessen

A

m 18. Juli müssen Innsbrucks Politiker früher ans Werk. Vor dem regulären Gemeinderat wird ab 8 Uhr der Kontrollamtsbericht zur Kostenüberschreitung am Patscherkofel behandelt. Laut jetzigem Stand wird dabei wohl wenig herauskommen. Keiner will die Verantwortung dafür tragen, dass aus ursprünglich 41 Millionen – für viele schon damals eine fragwürdig hohe Summe – inzwischen knapp 66 Millionen oder sogar mehr geworden sind.

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Dabei wäre es eigentlich recht einfach herauszufinden, wer für die Kostenüberschreitung verantwortlich ist. Man könnte zum Beispiel bei den größten Profiteuren nachfragen, wer denn den Auftrag erteilt hat, mehr Geld auszugeben? Sonst könnte ja fast der Verdacht entstehen, dass manche Firmen Sorge um ihre Endabrechnung tragen oder – noch schlimmer – befürchten, dass es bei zu viel Ehrlichkeit künftighin keine Aufträge mehr seitens der Stadt zu erwarten gibt.

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Für alle, die sich nicht mehr erinnern können: Das Patscherkofel-Projekt war ein Projekt der damaligen Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer, was man auch daran erkennt, dass sie seit der Kostenüberschreitung nicht müde wird zu erwähnen, dass stets eine Gemeinderats-Mehrheit hinter dem Projekt stand. Und tatsächlich, Franz Xaver Gruber – heute wie Oppitz-Plörer Vize des Bürgermeisters – war ebenfalls mit an Bord und erinnert sich heute ähnlich schlecht an die Details. Und wenngleich Bürgermeister Willi damals nicht persönlich anwesend war, seine Partei war auch in der Koalition und stimmte dem – eigentlich nicht wirklich grün-tauglichen – Projekt stets zu. Das große Vergessen nützt also eigentlich allen, sowohl den Verlierer der letzten Wahl, die fröhlich weiterregieren dürfen, als auch dem Bürgermeister, der bei einem Skandal ohne Koalitionspartner dastehen würde. Zyniker behaupten allerdings gerne, das täte er jetzt schon.

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Und so wäre es eine echte Überraschung, wenn in den 300 Seiten irgendetwas wirklich Belastendes zu finden wäre. Für das Vertrauen in die Politik wäre es aber ein ebenso wichtiger Schritt wie ein starkes Zeichen dafür, dass die Verschwendung von Steuergeld nicht in Ordnung geht, schon gar nicht in diesem Ausmaß. Denn bei aller Liebe zu unserem Hausberg, 20 Millionen – weniger als ein Drittel der finalen Summe also – wären schon ein ambitioniertes Investment gewesen. 

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