in Monat später und ich habe immer noch keine klare Meinung zum Corona-Virus im Allgemeinen und dessen Handhabe im Speziellen. Zumindest aber bin ich in einer Phase angekommen, in der ich mich bemühe, die guten Seiten zu sehen. Denn wenn wirklich jede Krise eine Chance bietet, sollte dieser Fall keine Ausnahme sein.
Natürlich ist es furchtbar tragisch, dass Millionen Menschen ihre Arbeit verlieren und noch verlieren werden. Natürlich wird die soziale Ungerechtigkeit weiter steigen und die Armen werden auch dieses Mal ärmer und die Reichen reicher werden. Und natürlich wird uns diese Krise noch weiter beschäftigen, wenn sie schon längst vorbei ist. Doch wenn wir dieses Leid abziehen, weil wir es nicht ändern können und es ohnehin passieren wird, hat uns diese Krise vor allem eines gebracht: eine Entschleunigung des ständigen Wachstumswahns. Haben wir uns in den letzten Wochen nicht alle gefragt, ob uns dieses ständige Konsumieren eigentlich glücklich macht?
Brauchen wir denn alle paar Meter eine Modekette, die günstige und fragwürdig produzierte Ware als Modetrend verkauft? Müssen wir wirklich für 29 Euro nach Lissabon fliegen, obwohl jeder weiß, dass gerade Flugzeuge und deren Betrieb nicht nur umweltschädigend, sondern vor allem recht teuer sind? Sehen nur die Malediven auf Instagram gut aus oder stößt dort vielleicht auch die Tiroler Bergwelt auf Gefallen?
Und noch eine, nicht weniger wichtige Frage: Wollen wir wirklich weiterhin Betriebe unterstützen, die bei uns keine Steuern zahlen? Wenn eine österreichische Möbelkette ihre Abgaben lieber in Malta abführt, sollte sie dann nicht einfach dort um Staatshilfe anfragen? Und wenn ein Kreuzfahrtschiff unter der Flagge der Cayman Islands segelt, darf es sich dann wundern, wenn ihm nicht geholfen wird? Ein Geschäftsmodell, das darauf basiert, Gewinne nicht zu versteuern und wie in diesem Fall auch noch umweltschädlicher ist, als es viele Flugzeuge oder abertausende Autos je sein könnten, wird durch diese Krise abgeschafft und das ist wahrscheinlich gut so.
Zu bemitleiden sind aber diejenigen, die Geld ganz altmodisch mit Arbeit verdienen möchten und jetzt keine Grundlage mehr dafür haben. Veranstalter, Gastronomen, Hoteliers und alle ihre Zulieferer blicken in eine ungewisse Zukunft und können schlichtweg nichts dafür. Die großen Firmen allerdings, die den Markt mit Angeboten überschwemmen, die in Wahrheit keiner braucht, die ihren Eigentümern jährlich nicht oder kaum versteuerte Gewinne zukommen lassen und stets darauf achten, dass sie möglichst viel und ihre Mitarbeiter und Zulieferer möglichst wenig verdienen, mögen diese Krise ruhig spüren. Das geht allerdings nur, wenn die neue Normalität im Konsumverhalten nicht zurück in alte Muster fällt. Deshalb geht es nicht nur darum, regional zu kaufen, sondern vor allem auch Dinge, die man sich wirklich wünscht und braucht. Wenn man es dann noch schafft, eine Firma auszuwählen, die nicht nur aus Aktionären und Fonds besteht, hat die Krise diese Welt vielleicht nicht schlechter gemacht.