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JULI 2018

Editorial

Sieben

Die neue Patscherkofelbahn im Todsünden-Schnellcheck

HOCHMUT

Kommt nicht nur bekanntlich vor dem Fall, sondern ist auch die erste Todsünde. Hier frei interpretiert als Ignoranz, hat sich wohl keiner so richtig Gedanken gemacht, was die Erwartungen an die neue Bahn angeht. Architektonisch modern alleine reicht nämlich nicht. Und deswegen wissen wir bis heute nicht, warum die Bergstation nur ein paar Meter über der Mittelstation platziert wurde und der Alpenvereinshütte die Sicht versperrt.

GEIZ

Zumindest bei dieser Todsünde können sich die Initiatoren schadlos halten. Denn auch wenn noch heute jeder so tut, als hätte man nichts von den Mehrkosten gewusst, sickerte es schon im Dezember vor der Eröffnung durch: Geld spielte keine Rolle mehr, wichtig war nur, dass die Bahn zeitgerecht aufsperren konnte. Viele beteiligte Firmen konnte so auf Regie noch einiges dazu lukrieren – sei es ihnen vergönnt, so hat wenigstens irgendjemand was von diesem Projekt.

WOLLLUST

Gerne auch mit Ausschweifung beschrieben, trifft diese Todsünde hingegen wieder voll zu. Um jeden Preis musste die Bahn zur Wintersaison eröffnen – zynischerweise auch, um der Innsbrucker Bevölkerung rechtzeitig vor der Wahl zu zeigen, wen sie zu wählen hat. Dieser Plan ging zwar nicht auf, die Ex-Bürgermeisterin zeigt sich davon unberührt, angeblich arbeitet die Firma Tefal aktuell sogar an einer neuen Oppitz-Pfanne, an der noch mehr als an Teflon-Produkten abperlen soll.

JÄHZORN

Diese Todsünde findet man auch gerne unter dem Begriff Rachsucht. Hier kann sich die Regierung ebenfalls schadlos halten, muss aber aufpassen, dass sich nicht die Bevölkerung dieser Todsünde bedient. Zu verdenken wäre es ihr kaum, immerhin ist es fast lächerlich, wie niemand Schuld an der Misere sein will und der schwarze Peter im Kreis geschoben wird.

MASSLOSIGKEIT

Wenn die gleiche Regierung zu lange am Werk ist, geht es oft schleißig zur Sache. Man denkt, man stehe über den Dingen, ja manchmal sogar über dem Gesetz. Das Resultat sind dann Projekte, die man keinem Normalsterblichen mehr erklären kann. Überall fehlt es an Wohnungen, Kindergartenplätzen und Ganztagesbetreuung – fast 100 Millionen Euro für eine Bahn, deren Daseinsberechtigung generell umstritten ist, sind aber kein Problem. Wer soll das verstehen?

NEID

Viele fragen sich, was die eigentliche Motivation für das Projekt war bzw. warum man es so vehement realisieren wollte. Diese Todsünde würde eine gute Erklärung liefern, denn Oppitz-Vorgängerin Hilde Zach schaffte es, mit der Hungerburgbahn ein echtes Wahrzeichen zu etablieren. Riesengroß war der Protest davor, ja es gab sogar Morddrohungen. Und heute: Kaum einer ist nicht stolz auf die architektonische Meisterleistung, die langsam, aber sicher das Goldene Dachl in den Reiseführern ablöst – für zirka ein Drittel der Patscherkofelkosten übrigens.

FAULHEIT

Diese Todsünde muss man der Opposition vorwerfen. Anstatt ewig das gleiche Lied vom unsicheren Innsbruck zu trällern, hätte Rudi Federspiel ja durchaus mal gegen die Patscherkofelbahn wettern können. Keine Silbe hat er im Wahlkampf darüber verloren, wofür es nur einen Grund geben kann: Es wurde ihm eine Regierungsbeteiligung für sein Schweigen versprochen. Mein Tipp, lieber Rudi: Deals das nächste Mal mit dem Wahlgewinner machen und nicht mit der Verliererpartei.

 

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