Wir empfehlen
JULI 2018

Kolumne

Die liebe Provinz

Popkultur und was sonst noch zu sagen ist.

S

eine Provinzialität kann Innsbruck die meiste Zeit ganz gut verstecken. Das liegt vor allem daran, dass für eine Stadt dieser Größe wirklich viel geboten wird. Will man trotzdem den Provinz-Faktor testen, dann empfehle ich ein Experiment: Zieh einfach mal etwas an, das nicht jeder anhat. Das Outfit muss gar nicht wirklich edgy sein, es genügt schon, wenn man nicht die 08/15-Uniform (Jeans, T-Shirt, Sneakers und sportliche Jacke) anhat. Und dann geh durch die Stadt. Ich wette, dass du mindestens einen komischen Blick erntest. Ich sage noch nicht mal, dass es die Gaffer per se böse meinen. Viele starren ganz einfach, weil sie offensichtlich etwas sehen, was sie noch nie gesehen haben. Eine weite Hose, die über dem Knöchel endet. Ein Mann mit Blumenhemd und Trenchcoat. Wilde Sachen.

// 

Über Metropolen sagt man gerne, dass man dort im Pyjama einkaufen gehen kann, ohne dass einen jemand anschaut (außer ein Tourist vielleicht). Ich behaupte gar nicht, dass das das Ziel sein muss. Es ist aber definitiv so, dass sich Weltoffenheit auch in einer gewissen Wurschtigkeit gegenüber dem Aussehen anderer ausdrückt. Ich behaupte: Wer hinstarrt, wenn eine Frau ein Flohmarkt-Kleid und abrasierte Haare trägt, hat auch mit anderen Dingen ein Problem. Hierzu fällt mir immer ein Zitat von Maurice Ernst zum „Bungalow“-Video ein: „Auch wenn’s eigentlich komplett normal sein sollte: Im Zipfelzelt 13 sitzt immer noch einer und denkt sich: ‚Was für eine Schwuchtel‘. Und genau deswegen geh ich an die Pole-Stange und tanze ihm mit dem Arsch ins Gesicht.“