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JÄNNER 2017

Editorial

Über Kurzdenker und Langparker

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cusi. Automat kaputt? Io solo 90 minuti!“ Diesen Satz, sprachlich leicht abgewandelt, aber inhaltlich stets ident, durfte ich italienischen Touristen gleich mehrfach in der Adventszeit beantworten: „Nein, der Automat ist nicht kaputt, sondern unsere Stadtregierung möchte einen Stadtbesuch möglichst unattraktiv gestalten und das ist eine von vielen Maßnahmen zu diesem Vorhaben“, hätte ich gerne geantwortet. Aber was kann der arme Italiener dafür, dass man bei ihm zu Hause oft drei Stunden oder mehr parken darf, und woher soll er wissen, dass er das nächste Mal einfach nach München weiterfahren soll – dort ist die Maximalparkdauer in der Innenstadt gleich mit sechs Stunden angesetzt.

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Warum die meisten Städte weltweit eine andere Kurzparkpolitik vertreten als Innsbruck, hat mehrere Gründe. Erstens sieht man andernorts nicht jedes Auto als Feind und nicht jeden Autofahrer als rücksichtslosen Umweltsünder, dem man auf die harte Tour beibringen muss, dass Innsbruck und Auto einfach nicht zusammenpassen. Zweitens sind andere Städte nicht so reich, dass sie es sich leisten können, Menschen aus dem Umland oder Touristen zu verärgern und vom Einkauf oder auch nur Kaffeehausbesuch in der Stadt abzuhalten. Drittens sind in anderen Städten die Bürger nicht so naiv, dass sie die Geschichten von den armen Anrainern glauben, die sonst keinen Parkplatz mehr finden. Schon gar nicht, weil jeder weiß, dass man halt nachwirft, wenn man länger braucht, und es wohl auch in anderen Großstädten Anrainer mit Autos gibt.

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Es ist ganz einfach eine Schnapsidee, die keine erkennbaren Vorteile, aber viele Nachteile mit sich bringt. Ein Zugeständnis an die grüne Beteiligung in der Stadtregierung, der dieser Schwachsinn eingefallen ist und die jetzt nicht die Größe hat, ihren Fehler zu korrigieren. Kinobesuche sind seit der neuen Regelung nur mehr im Kurzfilmbereich möglich, der Theaterabend fordert alternatives Anreisen oder einen verlässlichen Strafzettel und ein Abend im Restaurant wird heutzutage nicht nur durch Rauchpausen vor der Tür, sondern auch durch gestresstes Nachwerfen am Automaten begleitet. Dass bei Gästen keine große Einkaufslaune aufkommt, wenn man stets Sorge haben muss, den Wettlauf mit der Zeit zu verlieren, und kein Mensch mehr einen zweiten Kaffee bestellt, wenn dieser dann mit 25 Euro Aufpreis serviert wird, ist wohl nur logisch.

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Bleibt nur das Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel (wünschenswert, aber unbequem und deshalb unrealistisch), das Fernbleiben aus den Innenstädten und die damit einhergehende DEZisierung des Einkaufs- und Freizeitverhaltens oder die Fahrt in die Garage. Letztere bietet gerade im Winter die komfortabelste Alternative zur Kurzparkzone, wenngleich die Einfahrt ohne Einkommensnachweis eigentlich nicht erlaubt sein sollte. Denn so überheblich undurchdacht unser Kurzparkzonenkonzept ist, so unverschämt sind die Preise in unseren Garagen. Kurzum: Wer mit Einheimischen und Touristen dauerhaft die Innenstadt beleben will, sollte nicht nur den Willen dazu bekunden, sondern auch Taten folgen lassen.

 

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