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MÄRZ 2020

Editorial

Über urbane Landschaftspflege

D

er Bürgermeister denkt an eine Leerstandsabgabe für widerspenstige Wohnungseigentümer, die nicht vermieten wollen. Die Idee, Menschen dazu zu zwingen, ihr Eigentum dem allgemeinen Wohl zur Verfügung zu stellen, zeigt durchaus kommunistische Züge. Mit legalen Mitteln wird es also eher schwierig werden, die Abgabe umzusetzen. Fazit: Schade um die Zeit. Dabei gäbe es ein ähnliches Problemfeld, das längst Aufmerksamkeit bedarf und weitaus einfacher gelöst werden könnte.

 

Für die Wohnungsnot im Allgemeinen und die Innsbrucker Mietpreise im Speziellen wird es durchaus Lösungsansätze geben, die auch eine Mehrheit finden. Mich erschrecken derzeit aber vor allem die vielen leeren Geschäftsflächen, die sich in der Innsbrucker Innenstadt auftun. Es scheint fast, als hätten die großen Handelsketten die Innenstädte aufgegeben, um ihre Ware nur mehr in den Einkaufszentren anzubieten. Doch auch dort stehen immer öfter Verkaufsflächen leer. Die Innenstadt war jedenfalls wahrlich schon mal attraktiver. Man denke nur an die Gratisparkstunde zurück (an die sich die Jüngeren wohl kaum mehr erinnern). Oder an Zeiten, in denen man nicht ständig im Stau stand oder sich über Baustellen ärgern musste. Ja, es gab sogar Zeiten, in denen Menschen in Autos vorwiegend als Umsatzbringer und nicht als CO2-Verbrecher galten.

 

Fakt ist jedenfalls, dass eine Innenstadt gepflegt werden muss, damit sie attraktiv bleibt. Die Fußgängerzonen waren wohl ein erster guter Ansatz, doch seitdem ist nicht viel passiert. Der Bozner Platz wartet dringend auf Neugestaltung, die Museumstraße verwaist und unsere Altstadt darf sich auf eine vierjährige Bauphase freuen. Dass diese in erster Linie die Touristenströme vertreibt und in Folge auch nicht mehr Einheimische anzieht, ist ebenso klar wie der Umstand, dass es nach dieser Zeit wohl wieder einige freie Innenstadt-Flächen mehr zu beklagen geben wird.

 

Dabei ist Innsbruck eine junge, kreative Stadt. Warum also nicht das Anmieten von Leerflächen für interessante und bereichernde Start-ups fördern und unterstützen? Je mehr besondere Ladenkonzepte und Gastronomieideen die Erdgeschoße attraktiver machen, desto individueller und unterscheidbarer wird Innsbruck für seine Touristen und vor allem auch für seine Bewohner. Wir brauchen urbane Landschaftspflege, um Innsbruck noch einzigartiger zu machen. Urbanes Flair und wunderschöne Natur an einem Ort: gibt es so nur bei uns. Leere Innenstädte voll mit Kebap-Buden und Wettbüros, davon gibt es schon viel zu viele.

 

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