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MAI 2016

Editorial

Das geplante Chaos

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enn man dieser Tage durch Innsbruck fährt, könnte man meinen, man sei Teil von etwas ganz Großem. Einer ganz großen Anti-Autofahrerverschwörung, um genau zu sein. Es sieht so aus, als hätten sich die Regierungsparteien nach der Wahl 2012 genauestens überlegt, wie sie es in kürzester Zeit schaffen könnten, auch den letzten Autofahrer aus der Stadt zu jagen. Dabei lassen sie es wie immer ganz natürlich, fast unbeholfen aussehen, um nicht aufzufallen – das geplante Chaos eben.

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Wie sonst wäre es zu erklären, dass in Innsbruck quasi jeder Zentimeter Beton aufgerissen wird, der hier je gegossen wurde? Wer käme sonst auf die wahnwitzige Idee, mehrere wichtige Verkehrsknotenpunkte auf einmal lahmzulegen? Den Bewohnern der Hungerburg wollte man zu verstehen geben, dass sie die Bahn nehmen sollen oder den Paragleiter, aber sicher nicht das Auto, um in die Stadt zu gelangen. Das sture Bergvolk wollte nicht hören, weshalb man jetzt einfach mal für drei Jahre (so lange hat ungefähr der Bau der Hungerburgbahn gedauert) die Riedgasse sperrt, ihres Zeichens die einzige Direktverbindung in die Stadt. Dabei darf man das durchaus auch als Schutzmaßnahme sehen, denn eigentlich ist es besser, wenn man nie in der Stadt landet. Denn dort herrscht rund um die Markthalle Chaos, die Universitätsstraße ist im Westen gesperrt, die Innbrücke ein einziger Stau und der Südring bleibt eine Kategorie für sich. Dutzende Baustellen wollen uns nur eines sagen: Autofahrer böse, ätsch!

Besonders clever erwiesen sich die Drahtzieher der „Operation Chaos“, als sie schon vor Jahren ein Ablenkungsmanöver starteten.

 

Dabei ist das nur das große Finale der „Operation Chaos“. Angefangen hat ja alles schon vor knapp zwei Jahren mit der neuen Kurzparkzonenregelung. Hier hat man einfach einen lupenreinen Hattrick versenkt: ausgeweitet, verlängert, verteuert. Aus heutiger Sicht ein erster Warnschuss an all die Unbekehrbaren, die noch immer nicht verstanden haben, dass Autos in einer Stadt nichts verloren haben, dass nur Menschen in den Himmel kommen, die mit dem Rad fahren oder zu Fuß gehen. Schon damals war die Dreistigkeit legendär, man erhöhte nicht einfach die Preise, sondern verlängerte auch die Bezahlzeiten und weitete die Gebiete aus.

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Besonders clever erwiesen sich die Drahtzieher der „Operation Chaos“, als sie schon vor Jahren ein Ablenkungsmanöver starteten. Damit man das System nicht zu ihnen zurückverfolgen konnte, installierten sie sogenannte neutrale Autofeinde. Die Parkgaragen-Betreiber waren sofort dabei und willigten ein, die Preise stetig zu erhöhen. Seitdem kann ein längerer Kaffee in der Innenstadt gerne mal zehn Euro inklusive Parkkosten ausmachen und wenn man Insidern glaubt, kommt er wirklich bald, der zusätzliche „Ratenzahlungs-Knopf“ an den Automaten in den Tiefgaragen.

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Deshalb wünsche ich allen Autofahrern besonders viel Nerven und Durchhaltevermögen für die nächste Zeit. Uns allen wünsche ich, dass die Stadtregierung auch alle ihre anderen Agenden mit der gleichen Akribie, demselben Aufwand und solch gnadenloser Effizienz umzusetzen vermag. 

 

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