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APRIL 2016

Essay

Spaltpilz

Über die Geschirrspülertür und das Mikroben-Dorado

I

n Perversenkreisen ist ja zuweilen von Objektophilie die Rede, der Liebe zu Dingen. Man kennt das: Dreiecksbeziehung mit Tiefkühltruhe und Schlagbohrer, sexuelle Ekstase dank Industrieschornsteinen, Gruppenmasturbation mit sieben Schaufensterpuppen und einem Onanisten, solche – nun ja – Sachen eben. Gibt es auch im Tierreich. Stichwort: verliebte Schwäne, die hinter Tretbooten liebestoll durch die Wogen eines Badeteichs pflügen.

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Langhalsiger Entenvogel und per Muskelkraft leidlich angetriebenes Wasserfahrzeug – das ist natürlich eine Mesalliance, wie sie im Buche steht und die obendrein in der Regel auf einem schwanseitigen Missverständnis beruht. Nicht zuletzt deshalb werden über derartige animalische Verwechslungskomödien in Tageszeitungen dann bevorzugt launige Kolumnen geschrieben mit Titeln wie „Schwanensee am Schwanensee“ oder „Total ver-knallt“.

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Habe ich schon einmal erwähnt, was ich von launigen Kolumnen halte? Falls nicht, dann ist es jetzt so weit: Launige Kolumnen sind das Allerallerletzte. Miefig, bieder, hausbacken. Launige Kolumnen sind das vollvertäfelte 80er-Jahre-Wohnzimmer der Text­sorten. Mit Fernsehschrankwand in Eiche rustikal und gefliestem Couchtisch, an dem sich schon zweimal fast jemand erschossen hätte. Und keiner weiß, warum dann eigentlich doch nicht.

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Gerne werden als Thema für launige Kolumnen auch Meldungen der Sorte herangezogen: Der Papst ist jetzt auf Instagram. In Dubai hat sich jemand ein ­iPhone/Klo/Kühlschrank-Gemüsefach aus purem Gold bauen lassen. Neue Studie: Männer können kein Multi-Tasking, Frauen schon, aber eigentlich auch wieder nicht.

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Jedenfalls: Während die Liebe zu Tretbooten durchaus verhandelt wird, spricht vom Hass auf Geschirrspülertüren kein Mensch. Das muss sich ändern. Deshalb also: Ich hasse Geschirrspülertüren. Nein, das war jetzt eine unzulässige Verallgemeinerung, für die ich mich in aller Form entschuldige.

Hat die etwa was mit dem süßen Gemüse­hobel angefangen?

 

Bei den Herstellern von Geschirrspülertüren, den Konstrukteuren, Verkäufern, ihren Familien und Freunden und allen, deren Gefühle ich mit meiner gedankenlosen Aussage betreffend Geschirrspülertüren verletzt haben sollte. Weil es ist ja so: Ich verachte bloß eine spezifische Geschirrspülertür, nämlich – und da liegt der Hund begraben – meine fucking eigene.

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Warum, werden Sie jetzt fragen. Hat die etwa was mit dem süßen Gemüsehobel angefangen, oder wie? Ja, sag ich, spotten Sie nur. Das Problem ist: Die elende Tür bleibt einfach nicht offen, wenn man ihr aufträgt, eben das zu tun, weshalb stets ein für diesen Behufe angeschaffter Putzschwamm hineingeklemmt werden will.

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Dazu muss man wissen: Ohne beständige Luftzufuhr, die der zweckentfremdete grün-gelbe Spaltpilz freundlicherweise sicherstellt, entsteht im Geschirrspüler ein tropisches Klima, ein feucht-fröhliches Bakterienparadies und Mikroben-Dorado, ein Bazillen-Arkadien, ja ein regelrechtes Keim-Schlaraffenland und Mikroorganismen-Mekka, wenn Sie verstehen, was ich meine. Und dieses befördert binnen kürzester Zeit Gährung und Fäulnis in derart atemberaubendem Ausmaß, dass Gäste mit dem Gesicht instinktiv Schutz in ihren Turnschuhen suchen oder unter den Achseln ihrer Begleitung. Und das nur, weil man mal eben die Versace-Kristallgläser oder etwas von dem Meißner Porzellan in die Spülmaschine räumt.

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Deshalb der improvisierte Schaumstoffkeil. Der Witz dabei: Kaum öffnet man den Geschirrspüler, fällt das Klimatisierungsschwämmchen natürlich zu Boden, während mein Zorn in lichte Höhen schnellt. Weil es ist immer die gleiche verdammte Scheiße mit dieser dämlichen, inkompetenten Dreckstür!

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Kein schöner Abschluss ist das jetzt. Lesen Sie bitte deshalb die folgende Neutralisierungslösung, die ich extra für Sie habe anrühren lassen, mit besonderer Sorgfalt: Bedingungslos lieben heißt seine Haushalts­geräte so zu nehmen, wie sie sind.
 

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