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NOVEMBER 2014

Essay

(K)ein Kommentar

Über die Kunst, ein Interview zu geben

D

ie Tage werden kürzer, die Momente der Todessehnsucht länger. Herbst halt. Das ficht uns gut gelaunte Freunde allen Vergänglichen aber gar nicht an. Es ist wieder einmal Zeit für ein bisschen Lebenshilfe. Jetzt nicht so esoterischer Quatsch der Sorte: So werden Sie ein glücklicherer Mensch und der Schweinsbraten gelingt immer und so weiter. Nein, wir wollen uns an der Park Academy für Dinge, die wo einem echt was bringen (PAfDdweewb), da schon Handfesterem zuwenden. Wo man als Teilnehmer sagt: Danke, liebe Park Academy, das bringt mir jetzt aber echt was. Und ja, selbstverständlich stehe ich als Testimonial auf pafddweewb.webnode.at gerne honorarfrei zur Verfügung.

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Thema heute: Die Kunst des Interviews. Und zwar aus gutem Grund. Horden von Journalisten, Bloggern und praktisch jeder Smartphone-Besitzer, der für die Bedienung keinen Stift mit Gummispitze braucht, halten heute sofort feste mit der Kamera drauf, wenn sich etwas ereignet, das nur annähernd etwas mit, nun ja: einem Ereignis zu tun hat. Auffahrunfall in der 30er-Zone, Meteoriteneinschlag, Karamelleis aus beim Mäcki. Da muss man als Augenzeuge gerüstet sein und die richtigen Worte finden. Zumal auch noch Unmengen von Kamerateams durch die Straßen ziehen, um ­O-Töne zur Niedrigzinspolitik der EZB oder den Vor- und Nachteilen von Genitalherpes einzuholen.

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Für einen Mitteleuropäer ab fünf Jahren liegt die Wahrscheinlichkeit, in den nächsten zwölf Monaten ein Interview geben zu müssen, aktuell bei 34 Prozent. Kreuzt ein russisches U-Boot im Gartenteich, schnellt die Rate rasch über die 90 Prozent. Und schon findet man sich in der Weltpresse wieder. Mit einem Zitat wie „Der Iwan hat meine Kois geschändet!“ zum Beispiel. Diese unbedachte Äußerung, die man einem aus dem Nachmittagsunterricht herbeigeeilten Nachwuchsreporter der Qualitätstages­zeitung ins Aufnahmegerät gehustet hat, bringt dann jede Menge Scherereien. Einreiseverbot, mit etwas Pech Entführung durch eine KGB-Nachfolgeorganisation, Arbeitslager, unter Umständen sogar Verwendung als Bärenköder auf Putins Jagd-Datscha.

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Gefährlich auch: Sie plaudern bei einer Flasche Industrieobstler über die Fortschritte der saudi-arabischen Emanzipationsbewegung, die sich immer freitags trifft, wenn keine Hinrichtung ist. Oder äußern sich auf drei Gramm Crystal Meth lobend zum Komfort dieser schwarzen Umkleidekabinen, der landestypischen Berufskleidung für Frauen. Schon haben Sie zu Hause im überfreien Menschenrechtsparadies sämtliche Propaghandis an der Backe.

Eine Journalistenweisheit lautet: Zwei Betrunkene bei einem Inter­view sind einer zu viel.

 

Aber das muss nicht sein. Berücksichtigen Sie doch das nächste Mal einfach folgende Tipps:

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1. Geben Sie keine Interviews in alkoholisiertem oder sonst wie berauschtem Zustand. Eine alte Journalistenweisheit lautet: Zwei Betrunkene bei einem Interview sind einer zu viel.

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2. Meiden Sie heikle Themen. Also alles, das geeignet ist, irgendjemanden in seinen Gefühlen zu verletzen. Und richtig, es spielt keine Rolle, ob es gegen diese Gefühle Medikamente gibt.

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3. Sätze, die mit „Man wird doch noch sagen dürfen“ beginnen, gehen immer übel aus. „Ich habe mit Bleichgesicht ja auch kein Problem“ meistens auch.

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4. Fangen Sie auch nicht mit den Autobahnen an. 

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5. Und ganz wichtig: Sprechen Sie über Dinge, von denen Sie keinen blassen Schimmer haben, nur, wenn man Sie dazu auffordert. Zum Beispiel mit den Worten „Herr Landeshauptmann, …“.