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Essay

Das blaue Band

Die Gordon-Problematik können Sie als gelöst betrachten.

A

ufmerksamen Gaststättenbesuchern wie Ihnen, liebe Leser, ist in letzter Zeit sicher das Schluchzen aufgefallen, das vermehrt aus Küchen und Hinterzimmern dringt. Zuerst die Allergenverordnung, dann die Registrierkassenpflicht – unseren Gastronomen wird momentan wirklich übel mitgespielt. Wen überrascht es da, wenn so mancher vom Gram gebeugte Lokalbesitzer irgendwann den Tränen freien Lauf lässt? 

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Also mich wundert sowieso und überhaupt schon gar nichts mehr, und da mein Okular mentalitätsbedingt mit so einer gewissen Dauerfeuchte beschlagen ist, stimme ich natürlich gerne und superschnell in jedes Wehklagen ein. Mensch, das ist ja wieder einmal eine Scheiße hier, oder?

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Zumal die Gastronomie ja naturbenachteiligt ist. Grund: das viele Französisch in Küche und Service. Bringt in Wahrheit nur Scherereien und ganz viele Rechtschreibfehler in der Speisekarte – Stichwort: Souce hollandais –, bekommst du aber einfach nicht tot. Weil die französische Küche noch immer so ein hohen Stellenwert genießt. 18-Stunden-Niedrigtemperatur-Karnickel in einer Hardcore-Rotwein-sauce und so weiter.

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All jenen, die zurzeit mit Vorliebe in Hipsterburger oder riesige Halbblut-Fleischflecke beißen, wird es komisch vorkommen, aber es gibt tatsächlich noch etwas abseits von bebrotetem Faschierten und Steak. Ich würde mich zudem zu zwei dieser Tage nachgerade polemischen Feststellungen hinreißen lassen. 1.) Grillen ist Kochen für Leute, die es nicht können. 2.) Wer wissen möchte, wie sich der aktuelle Burgerkult entwickeln wird, braucht sich nur das Schicksal des Toast Hawaii anzuschauen.

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Weil wir vorhin gerade bei Rechtschreibfehlern waren: Es gibt drei eindeutige Indizien, mit deren Hilfe Sie bei einem Lokalbesuch erkennen, ob es sich um ein anständig geführtes, echtes österreichisches Gasthaus handelt. 1.) Den Cappuccino gibt es – auch – mit Milchschaum. 2.) Der Seifenspender wurde das letzte Mal zum Führergeburtstag ’43 aufgefüllt. 3.) In der Speisekarte steht Gordon bleu und die Kellnerin sagt überhaupt nur: »So, wer bekommt
das Gordon?«  

„Der Franzose ist jetzt nicht Der Panierer in dem Sinn.“

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Gerade den berufsbedingt hochgradig frankophonen Diplomaten unter Ihnen brauche ich natürlich nicht zu erklären, dass es richtigerweise Cordon bleu heißen muss. Auf deutsch: blaues Band. Das wurde in Frankreich schon in der Steinzeit für besondere Verdienste um die beste Republik von allen verliehen, und weil der Franzmann gerne isst, auch an Köche. Irgendein Halblustiger muss sich dann irgendwann begrifflich bedient haben. Aber ziemlich sicher war das kein Franzose: Denn der ist jetzt nicht der Panierer in dem Sinn. 

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Jedenfalls. Nicht ohne Stolz freue ich mich verkünden zu können, dass ich für die Gordon-Problematik eine innovative, nachhaltige und – wenn Sie mich fragen – gleichermaßen zeitnahe wie alternativlose Lösung gefunden habe. Und zwar das Gorgon bleu®, ein köstliches Schweinsschnitzel nach Wiener Art, gefüllt mit zartem Schinken und Gorgonzola in seiner ganzen Cremigkeit. Und für alle, die gerne auf Fleisch verzichten, präsentiere ich an dieser Stelle weltexklusiv dessen kleinen Bruder: Gordonzola®, ein goldgelb panierter Blauschimmelkäse mit einem Herz aus selbstredend zartestem Schinken und so was von würzigem Emmentaler.

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So. Wenn mich jemand sucht, ich bin hinten in der Werkstatt, wo der staubsaugerlose Beutel seiner Fertigstellung harrt. Aber das – ja ja – ist eine andere Geschichte. 

 

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