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JÄNNER 2015

Essay

Feuerrote Sundainseln

Dieser Text kann Spuren von Nüssen enthalten.

E

ines gleich vorweg, liebe Freunde der postfeiertäglichen Gratis-Bespaßung: Dieser Text kann Spuren von Nüssen enthalten. Hasel, Erd, Cashew, Wal, Kokos – das volle Programm. Ich garantiere für genau gar nichts.

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Wenn Sie also gegen Nüsse allergisch sind – im Ganzen, gerieben, gehäckselt, ungeschält, geschält, geschwefelt, gebrannt, weich gelutscht oder wie auch immer in den entsprechenden Aggregatszustand versetzt – oder unter Dentalostheoporose oder so was leiden, dann verlassen Sie bitte zu Ihrer eigenen Sicherheit sofort unsere exquisite Kolumne & Spa. Ich mein‘s ernst. Weil: Am Ende brechen Sie mir noch irgendwo hin oder zusammen oder beides und damit ist doch niemandem geholfen. 

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Man kann sagen: Die Allergie ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Pelzige Zunge nach zwei Erdbeeren, ein feuerroter Ausschlag in den Umrissen der Großen Sundainseln  – trägt man heute so. Kein Vergleich zu früher, oder? Mensch, was haben wir Aller­giker ausgelacht, wenn gerade kein Zivildiener oder Intimrasierter zum Verhöhnen in der Nähe war. Aber heute? Der Multi-Allergiker ist mittlerweile so normal wie der totalepilierte Johanniter-Fahrer. Als beschwerdefrei omnivore Ex-Durchschnittsnase fühlt man sich da brutalst an den Rand gedrängt. 

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Ich selbst hatte ja unlängst geglaubt, endlich auch so etwas wie eine Allergie oder wenigstens eine kleine Unverträglichkeit entwickelt zu haben. Gegen Hefe. Sie müssen wissen: Ich bekomme von diesem Teufelszeug alle Zustände. Doch mein Arzt meinte nur: Dass einem nach sieben Weizen einmal schlecht wird, ist ganz normal, Herr Park. Ja, ja, so sind sie, unsere Mediziner: immer das letzte Wort, die Säcke. 

Man kann sagen: Die Allergie ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

 

Aber jedenfalls … Moment, ist das jetzt der Hausstaub oder weinen Sie wirklich? Um Himmelswillen: Nichts liegt mir ferner, als hier Betroffenen zu nahe zu treten. Und zwar ganz egal, ob Sie jetzt eine echte Allergie mit Typenschein und allem Drum und Dran vorweisen können oder nur so ein ganz kleines Bisschen Verdacht auf Glutenunverträglichkeit, vielleicht eventuell. So nach dem Motto: Im 87er-Jahr ist mir einmal ein Schas quergelegen, endlich weiß ich, warum. Und bitte vergessen Sie nicht: Es bin ja nicht ich die Schuld an der unbefriedigenden Allergie-Gesamtsituation und daran, dass Ihr Neffe bei jedem Micky-Maus-Schimmelfleck zu husten beginnt, sondern die übertriebene Hygiene. Heißt es jedenfalls immer.

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Es wird nämlich so viel gewischt, gesprüht, gereinigt, dass du heute als Nachwuchsmensch nicht mehr genug Dreck abbekommst, um ein anständiges Immunsystem aufzubauen. Und die Kinder selber sind auch komplett überwaschen, wenn Sie mich fragen. Früher haben wir die Socken abends vors Bett gestellt und gut war. Heute kennen schon Zwölfjährige den Unterschied zwischen Duschgel und Shampoo.

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Und das ist bemerkenswert, da es, wie Sie vielleicht wissen, überhaupt keinen gibt. Die Laboratoires Garnier betreiben in einem aufgelassenen Atommeiler bei Toulouse einen gigantischen Bottich, in dem die Grundpampe für alle Kosmetika weltweit hergestellt wird. Dann noch einen Schuss Wasser rein und etwas Dispersionsfarbe und fertig ist das Schuppenshampoo. Wir werden so was von verarscht, liebe Freunde. Aber das ist eine andere Geschichte.

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Jedenfalls: Wie so oft ist auch in Sachen Allergie der gesunde Menschenverstand gefragt. Einfach mal den Urinstein auf der Brille belassen oder Mutti macht das Tartar halt mal von der Pute – und dann klappt‘s auch wieder mit den Erdbeeren.       

 

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