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MÄRZ 2020

Essay

Bewunderung für den Trenchcoat-Träger

Und Kritik an der Sandale.

J

etzt ist nicht nur der richtige Moment für im frühlingshaften Übermut zugezogene Erkältungen, die sich ausgezeichnet zur Verwechslung mit Coronahusten eignen, sondern auch die Zeit, in der man ein Kleidungsstück fast so gut tragen kann wie im Herbst: den Trenchcoat. Wiewohl ich selbst nicht Besitzer eines solchen bin, hege ich doch große Sympathien für den legendären Kurzmantel.

 

Beige wie ein altes Telefon muss er natürlich sein und von einer stofflichen Beschaffenheit, die es erlaubt, ihn auch bei höheren Temperaturen schweißfrei ausführen zu können. Weil das macht den Trenchcoat ja gerade aus: Dass man ihn immer an hat. Stichwort: Columbo.

 

Berühmt sind seine Träger: die Inspektoren Clouseau, Columbo und Gadget zum Beispiel, Humphrey Bogart oder etwa auch der etwas undurchsichtige Mittvierziger aus dem 8er-Haus von gegenüber, den Sie jetzt wahrscheinlich nicht kennen. Aber falls doch, geben Sie mir bestimmt recht, wenn ich festhalte, dass es sich bei ihm um einen nachgerade prototypischen Träger handelt. Richtig, er ist vermutlich Geheimagent. Im Krankenstand oder so.

 

Jedenfalls: Der Trenchcoat steht nun aber ja auch durchaus im Geruch, im Perversenbedarf einen der obersten Ränge einzunehmen. Exhibitionistische Neigungen und so weiter. Wahrscheinlich sind es die Assoziationen mit mantelaufreißenden Herren fortgeschrittenen Alters, die mich bis dato vom Kauf eines Prachtexemplars abgehalten haben.

Leider fehlt mir der Mut zur modischen Avantgarde.

Dabei wäre man damit ja nie falsch ange­­zogen. Weil der Trenchcoat einfach ein Klassiker ist. Wie Levi’s 501, eine Nummer zu groß gekauft, Jogging high und Jack-Daniel’s-T-Shirt. Am besten genau in dieser großartigen Kombination. Leider fehlt mir der Mut zur modischen Avantgarde, wes­halb ich mich darauf beschränken muss, den Trench­coat-Träger aus der Ferne still, aber vor­behaltlos zu bewundern.

 

Wen ich textil außerdem beneide:
– Soldaten und Clowns. Weil sie nie darüber nachdenken müssen, was sie heute denn schon wieder anziehen sollen.
– Unterhemden-Träger, die das in etwa so hinbe­kommen wie Bruce Willis in „Stirb langsam“. Oder Karl Merkatz als Edmund Sackbauer.
– jeden, dem nicht ständig das Hemd aus der Hose rutscht; und jeden, bei dem es sich nicht zu einem gewaltigen Wulst aufbauscht, kaum führt man so akrobatische Aktivitäten aus wie blöd herumsitzen.

 

Wenig Begeisterung hege ich hingegen für Sandalenbesitzer. Man kann Sandalen nicht mit Würde tragen. Das konnte maximal Jesus. Nach ihm sind alle gescheitert. Gut, Franz von Assisi hat vielleicht noch halbwegs mitgehalten. Aber das war’s dann echt.

 

Apropos Würde: Würde es Ihnen etwas ausmachen, meinen kostenlosen wöchentlichen Newsletter für Modefreunde und Fashion Victims ab zwölf Jahren zu abonnieren? Macht einen irrsinnig schlanken Fuß und geht ganz einfach auf jf-park.com.

 


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