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JÄNNER 2019

Essay

Bekaute Öbster

Der Alltagsflirt findet nicht statt.

W

enn eine Partnerbörse in einem Werbespot „70 Prozent Flirterfolg“ verspricht, wie dies unlängst anlässlich einer zwei Tennisspielern routinemäßig gewährten Verschnaufpause geschah, so ist das grundsätzlich einmal uneingeschränkt zu begrüßen. Zum Beispiel mit einem beherzt angestimmten „Prima!“.

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All jene, die sich in den Gefilden des nämlichen Online-Portals zum Zwecke der Zwischenmenschlichkeit selbst zu Markte tragen, wird vermutlich die hohe Effizienz der Vermittlung verzücken, mutmaße ich jetzt einmal so vor mich hin – und wir ausreichend Versorgten oder endgültig von der trauten Zweisamkeit Geheilten lassen uns gerne mit der prächtigen Laune anstecken, die so ein nach allen Regeln der Kunst positiv zum Abschluss gebrachtes Zuneigungsgeplänkel mit sich bringt.  

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Großartig sind diese 70 Prozent aber auch, weil sie zu einer Frage führen, die auf der – ob des delikaten Themas durchwegs – schweißigen Hand liegt und welche der Autor dieser Zeilen nun in seiner strapa­ziösen Art wie gewohnt nicht erschöpfend zu beantworten gedenkt: Wann bitte sehr kann man beim Flirten eigentlich von Erfolg sprechen? 

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Keine Frage: Geschlechtsverkehr ist sicher eine, man möge mir den Kalauer verzeihen, befriedigende Antwort. Doch zaghafter veranlagte Zeitgenossen geben sich vielleicht schon mit dem Erwidern eines Lächelns zufrieden und ziehen beschwingten Schrittes, eine Schmonzette ed-sheeranesker Ausmaße auf den Lippen, von dannen, um Pläne für weitere Annäherungsversuche zu schmieden. Denkbar sind als Erfolgserlebnisse auch: Geilo, sie hat nicht die Polizei gerufen! Oder: Stell dir vor, Martha, er ist nicht einmal in Privatkonkurs!

Stell dir vor, Martha: Er ist nicht einmal in Privatkonkurs!

 

Die Königsklasse des gepflegten Turtelns, wenn man so will das Leistungsangegrabe für Fortestgeschrittene, ist der Alltagsflirt. Hier wird praktisch aus dem Nichts heftig geschäkert. Etwa an der Tankstellenkassa, im Fitnessstudio oder gerne auch anlässlich eines kleineren Verkehrsunfalls, der die Steilvorlage für Anspielungen fraglicher Qualität liefert wie: Wahnsinn, haben Sie den Bums auch gespürt? 

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Neben Schlagfertigkeit und Anzüglichkeit im gesprochenen Wort stellt der Blickkontakt das zentrale Flirtvehikel dar. Zwar werden zuweilen auch aufreizend diverse Öbster bekaut oder Gegenstände absichtlich fallen gelassen, um sie daraufhin in für die Präsentation des Gesäßes vorteilhafter Manier aufzulesen, doch der Blick, sei er nun frech bezwinkert oder mehr von der stieren Sorte, überragt diese Techniken alle. Jetzt einmal theoretisch gesprochen.

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Praktisch kann ich mich dazu leider nicht weiter ausbreiten, da ich nicht selbst brate und auch nie angebraten werde. Und wenn ich nie sage, dann meine ich auch nie. Im Sinne von Sushi. Die Absenz von Frauen, die mit Obst im Mund eindeutige Signale in meine Richtung aussenden, ist derart frappierend, dass ich anzunehmen geneigt bin: Den Alltagsflirt, den gibt es ja überhaupt gar nicht.

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Zumal für uns uninspirierte Langweiler ohnehin eine ritualisierte Form existiert: das Date – oder wie ich es nenne: Abendessen unter erschwerten Bedingungen. Warum man sich ausgerechnet in ein Lokal setzen muss, um sich fürs Erste einmal geistig anzunähern, und sich dabei auch noch gegenseitig bei der Nahrungsaufnahme beobachtet, bleibt rätselhaft. Vermutlich spielen sich dabei halt viele bedeutende Prozesse ab. Sie: Oh, là là, er isst den Burger mit Messer und Gabel, sicher ein Diplomatensohn aus bestem Hause! Er: Die Sahnesauce am Pullover verschandelt ihre Brüste irgendwie. Aber wenigstens habe ich so eine Ausrede, wenn sie mich beim Hinstarren erwischt.

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Womit wir wieder beim Thema wären: Was wären die großen Erfolge schon ohne die kleinen?

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