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OKTOBER 2016

Essay

Negatives über Kinder

Das man von Erwachsenen aber auch behaupten kann.

A

ch, wie gerne hätte ich zum Schulbeginn etwas Kluges über die Schule gesagt. Zum Beispiel: Nicht für die Schule lernen wir Diskus, sondern für das Leben. Aber jetzt ist es zu spät, sie sind ja schon wieder überall.

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Das Kind in seiner Anhäufung, ja mehr noch: der zusammengerottete Jugendliche bereitet mir beträchtliches Unbehagen. Ich muss das an dieser Stelle einfach einmal sagen, auch wenn mir mein Imageberater davon nachdrücklich abgeraten hat. Negatives über Kinder, das sei praktisch publizistisches Harakiri mit Anlauf. Komme gleich nach Kritik an Katzenbabys und irgendwas Sarkastischem über Green Smoothies.

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Aber hier hänge ich nun mal im Sessel und kann nicht anders: Kinder. Diese Unruhe, diese Unberechenbarkeit. Ja, und auch so eine gewisse Unluft, ein Fast-Gestank, der dem Bewegungsdrang und dem noch nicht voll entwickelten Hygieneverhalten des Nachwuchses geschuldet ist. Stichwort: Kinderschweißparty.

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Nichts gegen Kinder. Ich liebe Kinder. Aber nur wenn sie a) gut gemacht sind und b) in haushaltsüblichen Mengen abgegeben werden. So ab fünf Stück wird mir die akkumulierte Adoleszenz zu viel. Und das ist auch der Grund, weshalb ich ein nahezu ehrfürchtiges, um nicht zu sagen: erotisches Verhältnis zu Lehrern pflege. Für mich sind das basejumpende Bärentöter, verehrte Damen und Herren leserseitig.

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Lehrer sind die wahren Helden, Lehrer haben Nerven aus Stahl. Müssen sie haben. Jetzt vielleicht nicht so wie diese in Amerika beheimateten Hardcore-Eltern, die mit frei-evangelikaler Lässigkeit siebzehn Kinder auf Gottes schöne Erde zaubern und daneben auch noch Zeit finden, sich für die Waffenlobby und das Recht auf Hexenjagd einzusetzen. Aber fast.

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Apropos Jagd: Während ich diese Zeilen schreibe, kommt mir schon wieder Kanada in den Sinn, und ich male mir aus, wie ich in der Einsamkeit unendlicher Flusslandschaften mit Freddie, einem Bisamrattenüberläufer, auf Bisamrattenjagd gehe.

Der zusammen­gerottete Jugendliche bereitet mir Unbehagen.

Es ist nämlich so: Mir geht ja in Wahrheit nicht nur das geballte Kind auf die Nerven, sondern auch der viele Mensch.

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Warum können deutsche Studenten zum Beispiel nicht tun, wofür sie gekommen sind, und minderbegabten Einheimischen den Studienplatz wegnehmen? Stattdessen blockieren sie mit ihrer indiskutablen Rückhand und einer offensichtlich halbblinden Partnerin andauernd den Tischtennis-tisch und spielen Ping (zu Pong kommt es gar nicht). Okay, kann sein, dass meine Wahrnehmung ein klein wenig selektiv ausfällt, aber für Objektivität werde ich hier ja nicht bezahlt.

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Und überhaupt: Wenn ich mir vorstelle, dass das vorliegende Stück Diskont-Erbauungsliteratur sicher von gut und gerne 45 Leuten gelesen wird, fühle ich mich sowieso überrannt. Damit wir uns richtig verstehen: Ich will ja gar nicht hundert Jahre Einsamkeit, bloß zehn Jahre schön gemütlich und kein Stress. Menschen? Ja, aber nicht zu viele auf einmal.

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Weltuntergangsbar um zwei Uhr früh. Der wegen chronischer Unterbeschäftigung selbst nachhaltig berauschte Barkeeper schleppt Gin Tonic heran, der gegen jede ökonomische Vernunft gemixt ist. Nebenan zählt man in suizidaler Nachlässigkeit schon die Patronen für Russisch-Roulette ab. Während das übliche Partyvolk sich hier mit Grauen abwendet, sage ich: Wunderbar, das soll also für die nächsten Stunden mein Zuhause sein.

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Gut, heute trinke ich ja nur mehr den Absacker, und das während der Zeit im Bild 1. Aber es geht ums Prinzip.