portfernsehen ohne Gewichte ist möglich, aber sinnlos. Es fängt ja schon einmal damit an, dass du dich, nachdem du dich lustlos durch die ersten zwanzig Fernseh-Kanäle gezappt hast, bei Erreichen des Sportsenders plötzlich einer dieser existenziellen Fragen ausgesetzt siehst. Die Frage lautet: Ist das jetzt eine Frau oder ein Mann?
//Nein, das war jetzt natürlich gemein, Entschuldigung. Eine Gewichtheberin lässt sich mindestens so einfach von einem Berufskollegen unterscheiden wie die Bobpilotin vom -piloten oder die Skispringerin vom -springer. Also nicht so ganz einfach, aber es geht.
//In Wahrheit haben wir es ja mit einer ganz anderen Frage zu tun, nämlich: Leck mich am Arsch, sind bei dem die Beine so kurz oder der Oberkörper so lang? Dafür, liebe Freunde der Fremd-Betroffenheit, kann es nun aber keine Entschuldigung geben. Weil wenn du extra das Chaos am Beistelltisch nach deiner Fernsehbrille durchforstest, um dieses physiognomische Schauspiel näher zu betrachten, und nach erfolgter Applikation der Sehhilfe es schon wieder einfach nicht glauben kannst, jetzt einmal so als Erstreaktion, dann ist das doch mindestens nur menschlich.
//Eine andere Frage lautet: Was befindet sich eigentlich in den Riechfläschchen, die die Kraftsportler von ihren beschnauzbarteten Trainern unter die Nase gehalten bekommen, bevor sie, unverständliche Selbstbeschwörungen murmelnd, auf die Bühne stapfen? Während der Athlet sich dann in seinen stahlträgerverstärkten Schuhen an der Hantel eingroovt, um gleich 920 Kilo oder so in die Luft zu wirbeln, frage ich mich – und zwar immer frage ich mich das: Was hat der sich da jetzt eben reingepfiffen, bitte? Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass es sich um Ammoniak handelt. Es könnte aber genauso gut auch etwas ganz anderes sein. Beispielsweise eine unfassbar ekelhafte Mischung aus Tierkot- und -kadavern, Rotschimmelkäse im Endstadium und einer individuell abgestimmten Ingredienz, vor der sich der jeweilige Gewichtheber über die Maßen ekelt.
Sportfernsehen ohne Gewichte ist möglich, aber sinnlos.
Zum Beispiel Chanel Nr. 5. Steigt ihm diese olfaktorische Höllenmixtur nun in die Nase, löst das irgendwas im Sportlergehirn aus, was wiederum den unbändigen Wunsch zur Folge hat, jedes Drecksgewicht von hier bis Texas wegzuheben. Während der Athlet sich also maximalmotiviert der Herausforderung stellt, schnuppert der Trainer noch einmal verstohlen am Fläschchen, weil ihn der Odor an seine Lieblingstante Olga erinnert, die einst als die Grande Dame der Tierkörperverwertung im Großraum Smolensk galt.
//Wo wir gerade bei Gefühlen sind: Ein Gedanke, der mich zuweilen vor dem Fernseher anspringt, hat auch damit zu tun. Die Gewichtheberin zählt an sich ja jetzt nicht unbedingt zu den konventionellen Sexsymbolen. Und doch kann ich Ihnen sagen: Hinter Spandex-Anzug und Achselhaar weiß es zu faszinieren, das kasachische Luder. Und zwar mit supersexy Gefährlichkeit.
//Da ich keinen Gewichtheberingatten kenne, den ich beiseitenehmen und schüchtern fragen könnte, muss ich mir das so irgendwie zusammenreimen. Jedenfalls stellen Sie sich vor: eine Frau, die mit bloßen Händen töten könnte. Kein Gift, kein Küchenmesser, kein über Ebay engagierter Auftragskiller; nein, bei Bedarf bringt Sie Ihre Liebste mit purer Muskelkraft um die Ecke, zerquetscht Sie zu Brei oder rammt Sie ungespitzt in den Plafond – das hat doch was. Oder hat das etwa nichts?
//Man möge sich dazu nur folgenden, im Gewichtheberinnenhaushalt situierten Dialog vergegenwärtigen:
Sie: Bring endlich den Müll runter, du Sack!
Er: Bring ihn doch selber runter!
Sie: Grrrrrrr.
Er: Und schon bin ich wieder geil wie ein Matrose.
Wem da nicht warm wird ums Herz, der hat doch gar keines.