Und wenn die Tiroler Ja, die Innsbrucker aber Nein sagen?
Über eine Olympiabewerbung wurde in Tirol auch 1993 und 1997 abgestimmt – beides Mal mit negativem Ausgang (oder positivem – je nachdem, auf welcher Seite man stand) und beides Mal hat man bekanntlich auf eine Bewerbung verzichtet. Bei der Befragung 1997 war es die Stadt Innsbruck, die den Ausschlag gegeben hat – während die Mehrheit der restlichen Tiroler Bevölkerung mit Ja gestimmt hatte. Ob man dieses Mal bei einem ähnlichen Votum denselben Weg gehen wird, ist offen. Allerdings hat Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer im Vorfeld bekundet, dieses Mal auf ein Innsbruck-Veto verzichten zu wollen.
Worum geht’s am 15. Oktober?
Bei der Volksbefragung geht es erst einmal darum, ob die Tiroler Bevölkerung für oder gegen eine Bewerbung Innsbrucks und Tirols um die Olympischen Spiele 2026 ist. Das Ergebnis ist bindend.
Sagen wir, die Tiroler sagen Ja zu Olympia, was dann?
Stimmt eine Mehrheit für eine Bewerbung, gibt Tirol in einem offiziellen Brief an das Internationale Olympische Komittee (IOC) seine Kandidatur bekannt. Das Schreiben sollte in der ersten Jahreshälfte 2018 beim IOC eintrudeln. Und dann? Wer den Zuschlag schlussendlich bekommt, verkündet das IOC voraussichtlich im September 2019. Und wenn die uns nicht haben wollen? Entscheidet sich das IOC gegen Innsbruck und Tirol, dann lautet das Motto: Außer Spesen nichts gewesen. 15 bis 20 Millionen Euro soll allein die Bewerbung kosten (die 270.000 für die Machbarkeitsstudie sind eh schon weg).
Wie will man die Kosten kontrollieren?
Hier lautet die Devise von Stadt und Land: Die Einnahmen sollen die Ausgaben bestimmen und es soll keinSteuergeld verwendet werden. Letzteres kann beim Thema Sicherheit nicht ganz eingehalten werden: Für die Sicherheit in den Veranstaltungsgeländen ist zwar der Veranstalter verantwortlich, für die Sicherheit auf zum Beispiel den Straßen aber per Gesetz das Bundesinnenministerium. In Sachen Budget sind derzeit 1,175 Milliarden Euro veranschlagt.
//Außerdem können Einnahmen zwar (anhand von Ticketverkäufen etwa) geschätzt werden, das Geld für die Veranstaltung muss man aber lange vorab in die Hand nehmen, und natürlich müssen die erwarteten Einnahmen auch nicht den tatsächlichen entsprechen – Stichwort EURO 2008.
Und der zusätzliche Verkehr?
Hier setzt man mit dem Innsbruck/Tirol-Angebot auf Schiene statt Straßen – auch solche sollen nämlich keine zusätzlichen gebaut werden. Diese Idee setzt natürlich voraus, dass die Menschen auch die Öffis nutzen bzw. im Idealfall schon damit anreisen – und dafür kann es keine Garantie geben.
Was steckt hinter den „nachhaltigen, zeitgemäßen und selbstbewussten Spielen“?
Nachhaltig soll das Innsbruck/Tirol-Angebot einmal im Sinne der Umwelt sein – die Spiele sind als Green Event geplant und die Umwelt soll auch geschont werden, weil keine neue Infrastruktur gebaut wird. Nachhaltig sollen die Spiele aber auch aufgrund des „konservativen Budgets“ sein.
//Zeitgemäß, weil der Gigantomanie vergangener Spiele ein Ende gesetzt werden soll, und selbstbewusst unter anderem deshalb, weil sich das Innsbruck/Tirol-Angebot teilweise über die Vorgaben des IOC hinwegsetzt. Zum Beispiel kann das vom IOC gewünschte Zuschauer-Minimum nicht in allen Wettkampfstätten eingehalten werden. Auch bei der Eröffnung am Innsbrucker Tivoli nicht – wo man sich mit ausgelagerten Videowalls am Gelände behelfen will.
Wie sieht die mögliche Umsetzung aus?
Das Innsbruck/Tirol-Angebot, das wiederum auf Basis der Machbarkeitsstudie erstellt wurde, setzt unter anderem auf dezentrale Spiele. Das heißt, Wettkämpfe werden nicht nur in Innsbruck, sondern auch in Seefeld, St. Anton, Kühtai, Igls, Hochfilzen und sogar im bayerischen Inzell (Eisschnelllauf) stattfinden. Außerdem sollen keine neuen Wettkampfstätten gebaut werden bzw. nur drei temporäre. Vor allem dadurch sollen die Kosten geringer ausfallen.
//Auch keine zusätzliche Infrastruktur ist vorgesehen – abgesehen vom Olympischen Dorf am Innsbrucker Frachtenbahnhof, wobei die dort gebauten Wohnungen anschließend dem sozialen Wohnungsmarkt übergeben werden.
PRO & CONTRA
6020 hat zwei Innsbrucker gebeten, in einem Gastkommentar ihre Entscheidung zu begründen.
PRO
Markus Fehringer,Betreiber von inn’s fachl und Obmann IG Pradl
Ich bin der Meinung, dass die Olympischen und Paralympischen Spiele eine große Chance für Innsbruck sind. Olympia ist die bekannteste Marke der Welt und wir haben nach 1964 und 1976 wieder die Möglichkeit, diese mit Innsbruck/Tirol zu verknüpfen. Uns allen sollte bewusst sein, das Innsbruck bzw. Tirol ohne Olympia nicht das wären, was sie heute sind.
//Wenn man bedenkt, wie viele Arbeitsplätze im Handel, dem Tourismus, der Gastronomie und der Beherbergung dadurch gesichert bzw. geschaffen werden können, sollten wir diese Möglichkeit aus meiner Sicht unbedingt nutzen. Wie aus der Machbarkeitsstudie klar hervorgeht, ist durch ein Teuerungsverbot die wichtige Kontrolle des Preisniveaus gegeben.
//Ein weiterer Punkt ist auch das stattfindende Umdenken im Bereich der Nachhaltigkeit. Die benötigten Sportstätten sind ja schon vorhanden und müssten nur adaptiert werden. Das würde sich nicht nur positiv auf das Budget auswirken, sondern auch auf die Natur auswirken. Auch dringend benötigter Wohnraum würde mit 400 zusätzlichen Wohnungen in Innsbruck geschaffen werden.
//Als begeisterter Wintersportler würde es mich persönlich natürlich auch sehr freuen, die Wettkämpfe bei uns, im Mutterland des Wintersports, live zu sehen. Ich brenne für Olympia und bin mir sicher, dass wir bei einer positiven Volksbefragung eine sehr große und realistische Chance haben, das Internationale Olympische Komitee vom Standort Innsbruck/Tirol zu überzeugen.
CONTRA
Michael Kriess, Shiatsu-Praktiker und freier Journalist
Olympia? Warum nicht. Aber bitte nicht hier! So fielen die Reaktionen potentieller Ausrichtungsorte für die Spiele in jüngster Vergangenheit aus. Im September hat Madrid dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) ausgerichtet, Olympia habe in der spanischen Hauptstadt keine Zukunft. Zuvor hatten Rom, Stockholm, Hamburg und Graubünden ihre Bewerbungen zurückgezogen.
//Grund dafür? Die Sorge um die finanzielle Belastung durch das größte Sportereignis der Welt. Das olympische Feuer hat in seiner Vergangenheit noch jedes Mal wesentlich mehr Geld verbrannt, als vorhergesagt. Sagenhafte 156 Prozent mehr, um genau zu sein. Und das im Durchschnitt.
//Das Vereinsstatus genießende, milliardenschwere IOC sichert sich gegen solche Kostenexplosionen vertraglich ab. Nach dem Feuer brennt der Steuerzahler. Korruption ist nicht mit eingerechnet, dafür seit jeher ein treuer Begleiter der Spiele. Wem das als Argument nicht reicht, dem kann nicht geholfen werden.
//Aber es gibt noch mehr Gründe gegen ein anachronistisches Milliardenspektakel, das nur noch wenig mit Sport, aber viel mit Kommerz zu tun hat. Im Schatten von Olympia kommt die Teuerung. Von praktisch allem. Auch wenn das Gegenteil versprochen wird. Verkehrschaos, ein überfülltes Innsbruck sowie Megabaustellen sind weitere Argumente gegen Olympia.Plus: Mindestens 15 Millionen wird die Bewerbung kosten. Die sind weg, auch wenn Olympia sonst wo landen sollte. Was nebenbei sehr wahrscheinlich ist Verantwortungsvolle Politik sieht anders aus.