Sie beschäftigen sich beruflich mit dem Thema Glück. Sind Sie glücklich? Stefan Höfer: Immer wieder (lacht). Die Frage, wie glücklich man ist, ist schwierig zu beantworten. Es stellt sich die Frage: glücklich in Bezug auf was? Auf das Leben, auf das Hier und Jetzt, auf die Vergangenheit oder in Bezug auf das, was ich in der Zukunft erwarte?
Bringen wir’s auf den Punkt: Was macht glücklich? Martin E. P. Seligman, einer der Begründer der Positiven Psychologie, hat eine Glücksformel aufgestellt. Glück = Vererbung + Lebensumstände + Wille. Vererbung heißt, man kommt mit einem bestimmten „Glückslevel“ auf die Welt. Manche Menschen sind einfach von Natur aus eher fröhlich veranlagt, andere sind ewige Grantler. Ein zweiter Faktor: die Lebensumstände. Es macht einen Unterschied, ob ich in Innsbruck lebe oder in Syrien. Der dritte Faktor, der zum Glück beiträgt, ist der Wille, sprich das eigene Verhalten. Was mache ich, um mich glücklich zu fühlen? Gegen Vererbung lässt sich wenig tun und auch an seinen Lebensumständen kann man nur geringfügig etwas ändern. Die Variable, die also am einflussreichsten ist, ist der eigene Wille.
Was mache ich also am besten, um mich glücklich zu fühlen? Es gibt drei unterschiedliche Arten von Glück. Es gibt das Glück des Augenblicks, das erste Eis im Frühjahr zum Beispiel oder ein gutes Abendessen. Dann gibt’s das Glück bei „Flow-Erlebnissen“. Im „Flow“ ist man auf sein Tun so fokussiert, dass man um sich herum kaum noch etwas wahrnimmt, außer der Handlung, die man gerade ausführt.
Kinder sind Spezialisten darin, sich selbstvergessen einer Tätigkeit zu widmen. Als Erwachsene erleben wir „Flow“ häufig beim Sport, beim Malen oder Musizieren, im Idealfall natürlich auch bei der Arbeit. Jede fesselnde Aufgabe kann im Grunde genommen zum „Flow“ führen und glücklich machen. Die dritte Art von Glück ist es, Sinn in seinem Leben zu finden oder zu erkennen. Sinnvolle Tätigkeiten machen glücklich. Was das genau ist, hängt von jedem einzelnen Menschen ab.
Man sagt immer: Das Wichtigste ist, gesund zu bleiben. Ist Gesundheit das Wichtigste für ein glückliches Leben? Nein, die Gesundheit ist nicht der wichtigste Glücksfaktor. Der Mensch ist ein soziales Wesen, am glücklichsten machen uns andere Menschen. Wenn wir krank sind, was brauchen wir dann am meisten? Menschen, die einem helfen, gesund zu werden!
Heißt das dann, je mehr Freunde ich habe, desto glücklicher bin ich? Nicht unbedingt. Es machen nicht unbedingt nur Freunde glücklich, wichtig ist einfach der Kontakt mit anderen Menschen. Andere Menschen machen uns glücklich!
Dänemark wird immer wieder als das glücklichste Land der Welt bezeichnet. Warum? Das haben wir auf dem „Glückskongress“ vergangenes Jahr in Innsbruck diskutiert. Es gibt mehrere Erklärungen, eine Erklärung ist eine überraschende: Die Verwaltung funktioniert in Dänemark sehr gut, die Dänen scheinen mit dem System sehr zufrieden zu sein und das macht offenbar glücklich. Eine andere Erklärung ist die hohe Dichte an Psychologen in Dänemark. Man weiß, je mehr Psychologen pro 100.000 Einwohner, desto mehr Zufriedenheit herrscht vor.
„Die Glückskurve des Lebens verläuft wie ein U.“
Was war das Überraschendste, das Sie bei ihrer Forschung entdeckt haben? Bei einer internationalen Studie habe ich Herz-Kreislauf-Patienten vier Jahre lang begleitet. Jene, die in den ersten drei Monaten ihrer Behandlung gesagt haben, dass es ihnen besser gehe, hatten nach vier Jahren eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit. Davon war ich doch sehr überrascht.
Das Glück wirkt sich also auf die körperliche Gesundheit aus? Ja, das zeigt zum Beispiel auch eine Studie einer kanadischen Universität. 1.700 gesunde Menschen wurden dafür nach ihrer subjektiven Lebenszufriedenheit gefragt. Jene, die nicht so zufrieden waren, hatten zehn Jahre danach deutlich mehr Herz-Kreislauf-Erkrankungen als jene, bei denen alles gut war.
Wie lässt sich das erklären? Da gibt es zwei Ansätze. Das eigene Verhalten ist anders, wenn man sich glücklich fühlt, man lebt gesünder. Auf biologischer Ebene finden Entzündungsprozesse statt, die mit der Psyche zusammenhängen. Beides spielt zusammen.
In welchem Alter ist man am glücklichsten? Mehrere Studien zeigen, dass die Glückskurve des Lebens ähnlich wie ein U verläuft.
Stefan Höfer
ist Psychologe an der Medizinischen Universität Innsbruck. Die Forschungsschwerpunkte des gebürtigen Linzers liegen in den Bereichen Wohlbefinden und Lebensqualität. Im Vorjahr hat der 39-Jährige in Innsbruck einen „Glückskongress“ mit 1.000 Psychologen aus 61 Ländern organisiert.
Das heißt Jugendliche und junge Erwachsene sind bis zum Alter von etwa 25 oder 30 Jahren eher zufrieden mit ihrem Leben, also glücklicher, dann nimmt das Wohlbefinden ab und zwar genau in der Zeit, in der für viele die Phase des Nestbaus, der Familiengründung und der Karriere fällt. Ab 60 wird man tendenziell wieder glücklicher.
//Viele verbinden Nestbau und Familiengründung aber sicher sehr wohl mit Glücksgefühlen. Es gibt ein Glücksarchiv, die „world data base of happiness“. Das ist eine Datenbank mit über 10.000 Studien und 3.000 Umfragen zum Thema Glück. Was man aufgrund dieser Datenbank weiß, ist, dass Kinder nicht unbedingt glücklich machen. Allerdings weiß man auch, dass glückliche Menschen eher Kinder haben.
Kann man Glücklichsein lernen? Man kann trainieren, das Glück wahrzunehmen. Eine Übung dafür heißt „Drei Schätze“. Jeden Abend setzen Sie sich hin und überlegen, was an diesem Tag die drei schönsten Dinge waren. Das können kleine Dinge sein wie zum Beispiel das Lächeln eines Arbeitskollegen. Intensivieren kann man das Ganze, indem man seine Schätze aufschreibt oder sie mit einer Person seines Vertrauens teilt. Untersuchungen haben gezeigt, dass jene Personen, die das zwei bis drei Wochen gemacht haben, auch ein halbes Jahr später noch zufriedener waren als die Kontrollgruppe, die einfach beliebig drei Dinge aufgeschrieben hat.
Vielen Dank für das Gespräch.