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FEBER 2015

Nadeln im Tierfell

Wenn das beste Pferd im Stall alle zwei Wochen unter Koliken leidet und der geliebte Hund ständig kleine Urin-pfützen hinterlässt, dann kommen die Akupunkturnadeln von Hubertus Koutny und Verena Spielberger zum Einsatz. Die beiden Tierärzte bieten in ihrer Praxis in der Wiltener Haspingerstraße Akupunktur für Vierbeiner an.

Fotos: Emanuel Kaser, Helena Wimmer
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ie Kultfigur Horst Schlämmer: Rüde Whiskey hat Rücken. Aber das merkt man gerade gar nicht – entspannt liegt er auf einem kuscheligen Teppich, daneben kniet Hubertus und steckt ihm mit langsamen Bewegungen die erste Nadel in den Kopf. „Die ‚Begrüßungsnadel’ quasi, denn an diesem Punkt hat die Nadel eine beruhigende Wirkung.“

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Wie aufgefädelt wird eine Nadel nach der nächsten im Rücken platziert. Eine halbe Stunde dauert Hubertus’ Behandlung. „Die Tiere merken, dass es ihnen gut tut und sind dabei sehr entspannt. Viele schlafen sogar ein“, erzählt er. „Im ‚normalen’ Praxisraum haben die Tiere manchmal Angst, in den Akupunkturraum kommen die Hunde oft schwanzwedelnd“, lacht Verena.

In Innsbruck einzigartig.

Hubertus und Verena sind Sandkasten-Freunde. Die beiden Innsbrucker haben in Wien Tiermedizin studiert, daraufhin in verschiedenen Tierarztpraxen und Kliniken gearbeitet und im November ihre erste Tierarztpraxis eröffnet. „Wir bieten alles an, was eine ‚normale’ Tierarztpraxis auch anbietet, haben zusätzlich aber noch den Schwerpunkt Akupunktur, Chiropraktik und chinesische Kräuterheilkunde. Mit dieser Kombination sind wir in Innsbruck die einzigen“, erklärt Verena und führt durch die hohen Altbau-Praxisräume.

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Akupunktur ist grundsätzlich bei jedem Tier möglich. Verena akupunktiert am liebsten Kleintiere, Hubertus hat sich auf Pferde spezialisiert und vor kurzem auch eine Kuh behandelt. Akupunktur im Stall? „Das findet bei den Landwirten immer mehr Akzeptanz. Weil dann der Tierarzt seltener kommen muss und weniger Medikamente verordnet werden müssen.“ Hauptsächlich werden aber Haus- und Sporttiere sanft medizinisch therapiert, bei wirtschaftlich genutzten Tieren stellt sich oft die Kostenfrage.

Letzte Hoffnung Akupunktur.

Erfolgserlebnisse haben die beiden 31-Jährigen zuhauf: „Hund Enzo hat stark gehumpelt, sämtliche Untersuchungen blieben ohne Diagnose. Wir haben dann eine massive Blockade im Becken festgestellt. Nach ein paar Akupunktur- und Chiropraktikbehandlungen war alles wieder paletti und der Hund quirlig wie nie.“ Wann weiß ein Halter, dass sein Tier eine alternativmedizinische Behandlung braucht? „Die Tierbesitzer kommen meistens dann, wenn die Schulmedizin an ihre Grenzen stößt“, erklärt Verena. Hubertus fügt hinzu: „Akupunktur und Chiropraktik sind kein Ersatz für die Schulmedizin, bieten jedoch bei vielen akuten und chronischen Schmerzzuständen sowie Funktionsstörungen der Wirbelsäule und der inneren Organe eine sinnvolle Ergänzung zur schulmedizinischen Behandlung.“ Am häufigsten akupunktieren die beiden Tiere mit Rückenschmerzen, Gelenksproblemen, Husten, Verdauungsproblemen, Blasenschwäche oder auch Allergien. Wie viele Behandlungen es braucht, lässt sich nicht pauschal sagen: „Je chronischer das Leiden, desto mehr Behandlungen sind nötig.“

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Die Ausbildung zu Tierakupunkteuren haben die beiden in Spanien absolviert, die Chiropraktik-Seminare haben in Deutschland stattgefunden. „Tierakupunktur ist nichts Neumodisches, das gibt es schon sehr lange“, weiß Hubertus und zieht die Nadeln wieder behutsam aus dem Hundefell. Der älteste Beweis, dass sich die Tierakupunktur parallel zur Humanakupunktur entwickelte, ist eine mittlerweile 3.000 Jahre alte Schrift, die eine Akupunkturbehandlung bei Elefanten beschreibt. Whiskey ist das egal, er freut sich über sein Leckerli am Ende der Behandlung.

„In den Akupunkturraum kommen die Hunde oft schwanzwedelnd.“

Dr. Verena Spielberger