enn man keine Ahnung von Technik hat, fühlt man sich hilflos wie ein Analphabet“, sagt Marlene. Die Ärztin schaut erwartungsvoll, sie hofft, dass Matthias ihr Laptop-Problem lösen kann und sie noch heute ihre Powerpoint-Präsentation fertigstellen kann. Matthias Falbesoner arbeitet bei der McAG in der Heiliggeiststraße, er repariert und verkauft Apple-Produkte.Der 24-Jährige hat die Villa Blanka besucht, dort aber schnell gemerkt, dass ihm die Hotellerie auf Dauer nicht gefällt. Da er sich immer schon für Computer interessiert hat, war ein Wechsel in die IT-Branche naheliegend.
//Marlenes Computer hat zu wenig Speicherplatz. „Haben Sie schon probiert, etwas zu löschen?“, fragt Matthias. „Ja, aber ich weiß nicht was“, erklärt Marlene, „ich kenn mich ja so schlecht aus.“
Wie oft hört Matthias diesen Satz? „Bei jedem zweiten Kunden“, antwortet Matthias lachend. „Wohl bei allen, die vor 1990 geboren sind“, fügt Marlene hinzu.
//Ein neuer Kunde betritt das Geschäft. Roland wohnt in Rom und macht in Innsbruck Urlaub. Bei seinem Handy gibt es ein Update-Problem. „Ich glaube, ich habe alle Fotos verloren“, erzählt Roland bedrückt. Matthias kann ihm schnell helfen und erzählt anschließend von seinen Abendplänen. „Fernsehschauen, aber anders als sonst! Heute wird das neue iPhone präsentiert und da werden meine Arbeitskollegen und ich mit Popcorn vorm großen Fernseher im Verkaufsraum sitzen und die Präsentation verfolgen.“
Fehlerbehebung als Job.
Bei Andreas läutet das Telefon. Er rückt näher zum Schreibtisch, fragt mit ruhiger Stimme nach dem Problem und macht sich Notizen. Nach wenigen Minuten ist das Problem des Anrufers gelöst und das Telefonat beendet. Andreas Gager sitzt mit drei anderen Arbeitskollegen in einem Raum, alle telefonieren fast pausenlos, die Stimmung ist ruhig, ein Problem nach dem nächsten wird bearbeitet. Andreas’ genaue Berufsbezeichnung ist Service-Desk-Koordinator bei der TIWAG. Er und sein dreiköpfiges Team kümmern sich um alle Probleme, die bei den PCs und Telefonen der TIWAG-Gruppe auftreten.
„Wir sind für 1.400 bis 1.800 PCS, die auf mehreren Standorten in ganz Tirol verteilt sind, zuständig“, erklärt Andreas und ist schon wieder dabei, sein klingelndes Telefon abzuheben.
Unsere Probleme sind ihr Job: Für Service-Desk-Koordinator Andreas Gager (45) und IT-Techniker Matthias Falbesoner (24) gehören Fehlerbehebungen zum Alltagsgeschäft. Die Hassliebe zur Technik und die Abhängigkeit von PC und Co. erleben sie Tag für Tag. Wir haben die beiden Fehlermeldungs-Profis zum störungsfreien Interview getroffen.
Glaubt ihr, dass Computer wirklich „spinnen“ können? Andreas Gager: Ich würde sagen, 95 Prozent aller Störungen sind erklärbar, fünf Prozent würde ich als „undefinierbare Zustände“ erklären. Matthias Falbesoner: An ein Eigenleben des Computers glaube ich nicht. Es gibt wirklich nur ganz selten Fälle, bei denen wir nicht mehr weiterwissen.
Technik-Probleme: Wir wollen sie nicht haben, ihr mögt sie, warum? Gager: Ich habe wirklich mein Hobby zum Beruf gemacht. PC-Probleme sind einfach meine Leidenschaft, und zusätzlich macht es Spaß, Menschen weiterzuhelfen.
Falbesoner: Für mich ist der Job ganz klar meine Berufung. Jeder Tag ist anders, man weiß nie, was einen erwartet. Die Fehlersuche gleicht oft einer spannenden Detektivarbeit, das liebe ich! Und bei einigen Kunden ist die Erleichterung bei geglückter Hilfe wirklich groß, da fühl ich mich manchmal fast wie ein Lebensretter (lacht).
Gibt es verhexte Tage, an denen sich Probleme mit der Technik besonders häufen? Gager: Ja, es gibt definitiv solche Tage, an denen scheinbar jeder ein Problem hat.
Falbesoner: Das erleb ich auch, witzig ist, wenn an solchen Tagen ein Arbeitskollege vom Außentermin zurückkommt und dann auch davon berichtet, wie viele heute Computerprobleme haben
Liegt es am Mond oder am Föhn? Falbesoner: Ja, vielleicht am Mond (lacht). Nein, eigentlich habe ich für solche Tage keine Erklärung.
Gager: Ich auch nicht
Wie oft erlebt ihr Kunden, die kurz davor sind, ihrem Computer Gewalt anzutun? Falbesoner: Spuren von Gewalt an Tastaturen sehe ich zum Glück selten.
Gager: Ganz so dramatisch ist es nicht. Aber es ist definitiv so, dass sich die Anrufer schon seit einiger Zeit rumärgern und erst mal Dampf ablassen müssen. Einige warten mit ihrem Hilferuf zu lang. Für die Stimmung wäre es besser, mich schon früher zu kontaktieren. In unserem Job muss man nicht nur technisch versiert sein, sondern auch Menschenkenntnis haben. Der Umgang mit verärgerten Anrufern wird bei uns in Seminaren mittels Rollenspiel geübt.
Andreas, was machst du, wenn du gerade selber keine Ahnung hast? Gager: Ich bleibe ruhig und gebe dem Anrufer nicht das Gefühl, dass ich verzweifle. Sollte ich gerade wirklich keine Ahnung haben, erkläre ich, dass ich mich sachkundig machen muss und mich gleich noch mal melde.
Welche Schimpftiraden hörst du? Gager: Den Satz „Ich schmeiß den Scheißkübel aus dem Fenster“ habe ich schon das ein oder andere Mal gehört (lacht)
Haben schon mal Anrufer bzw. Kunden geweint? Gager: Nein, zum Glück nicht.
Falbesoner: Bei mir im Geschäft ist schon mal die ein oder andere Träne geflossen und zwar, wenn Daten auf dem Computer sind, die nicht mehr gerettet werden können, wenn also plötzlich Fotos von vielen Jahren weg sind.
Bei einer Kundin war die Festplatte kaputt und sie hatte ihre Bachelorarbeit, die fast fertig war, nicht gespeichert. Soweit ich mich erinnern kann, haben wir die Arbeit zum Teil wieder herstellen können, aber ein paar Wochen Arbeit dürften trotzdem futsch gewesen sein.
Welche kuriosen Erlebnisse gibt es? Gager: Ein Anrufer meinte mal, bei seinem Computer geht überhaupt nichts mehr. Wir konnten uns das nicht erklären und sind sogar extra ins Nebengebäude gegangen, um zu schauen, was los ist. Wir sind dann draufgekommen, dass der Anrufer einfach nur vergessen hat, den Computer einzuschalten. Einmal habe ich einen Anrufer nach seiner Rechnernummer gefragt und er hat mir seine Telefonnummer gegeben. Das war ganz witzig, darüber hat der Anrufer selber auch lachen müssen. Ein Auslachen gibt es von unserer Seite natürlich nie.
Falbesoner: Es gibt einen älteren, schwerhörigen Herrn, der ist schon fast Stammkunde bei uns im Apple-Geschäft. Vor wenigen Tagen hat er gemeinsam mit seiner Frau seinen schweren Stand-Computer mittels rollender Transporthilfe angekarrt, weil er der Meinung war, dass bei seinem Computer nichts mehr funktioniert. Ich habe mir alles angesehen und festgestellt, dass alles bestens funktioniert. Er war jedenfalls erleichtert und hat Frau und Computer wieder heimgebracht. Wobei ich sagen muss, es gibt auch erstaunlich viele junge Leute, die gar nicht so technisch versiert sind, wie man meinen würde.
„Die Fehlersuche gleicht oft einer spannenden Detektivarbeit, das liebe ich.“
Matthias Falbesoner
In der Apple-Hotline wird oft beschwörend auf einen eingeredet: „Ich kann ihnen helfen, ich kann ihnen helfen.“ Fast wie bei einer Hypnose. Falbesoner: Das ist ein Satz, den wir bei Schulungen lernen. Auch wenn wir am Anfang natürlich noch nicht wissen, wo das Problem liegt, ist es wichtig, dem Kunden Zuversicht zu geben. Ich habe eine ruhige Art, das ist für den Job sehr wichtig.
Bekommst du auch Geschenke, wenn du geholfen hast? Falbesoner: Ja, wir haben sogar schon ein eigenes kleines Weinregal im Büro. Meine Kollegen und ich bekommen oft auch Schokolade oder sogar Dankeskarten.
Wenn man merkt, dass man das Computerproblem eigentlich selber hätte lösen können, ist einem das dem IT-Profi gegenüber oft peinlich. Andreas, erlebst du das auch? Gager: Ab und zu schon. Die Anrufer sagen dann manchmal als Erklärung, die Tasten seien hängengeblieben, deswegen hätten sie das Problem nicht selber lösen können. Wie auch immer, wir helfen gern und Tasten können ja auch tatsächlich hängenbleiben.
In was für eine Richtung entwickelt sich der Umgang mit PC, Handy und Co.? Falbesoner: Wie schnell sich alles weiterentwickelt, ist wirklich erstaunlich und macht sogar mir als Profi etwas Angst. Ein großes Thema wird natürlich Virtual Reality. Ein kleines Beispiel: Ikea arbeitet daran, dass es bald möglich sein wird, mit dem Handy durch unsere Wohnung zu gehen und nachschauen zu können, wie die Couch im Wohnzimmer ausschauen würde. Hilfe im Umgang mit der Technik wird auf jeden Fall immer von Nöten sein.
Vielen Dank für das Gespräch.