ls „Weißraum“ bezeichnet man in der Typografie die unbedruckten Flächen. Den Raum ohne Buchstaben, von dem der Buchstabe in Wahrheit lebt. Im Grafiklayout sind es die weißen Flächen, die man braucht, um Bild und Text so zu platzieren, dass sie emotional wirken. „Im Grunde war der Weißraum im grafischen Bereich DIE Entdeckung des 20. Jahrhunderts“, erzählt Kurt Höretzeder, Gründer und Leiter des Innsbrucker Vereins WEI SRAUM. „Man empfindet ihn nicht mehr als Restfläche, sondern als aktives Gestaltungselement. Als die Basis von allem.“
Zwischen Kreativität und Wirtschaft.
WEI SRAUM – das Innsbrucker Forum für visuelle Gestaltung – hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Bewusstsein für visuelle Kommunikation zu schärfen und zur Vermittlung von gestalterischen Themen beizutragen. Dies erfolgt in Form von Ausstellungen, Ausbildungsangeboten und Diskussionen. Mit bis dato über 80 Vorträgen und Workshops renommierter Vortragender aus aller Welt hat sich die Initiative erfolgreich in der Szene etabliert. „Unser Ziel war es, einen öffentlichen Platz zu schaffen, wo wir über die Grundlagen und die aktuelle Bedeutung von visueller Gestaltung nachdenken“, erklärt Kurt Höretzeder. So ein Forum sei wichtig, um bessere Ergebnisse hervorzubringen und der Wirtschaft zu helfen, sich besser zu präsentieren. WEI SRAUM sieht sich damit als Bindeglied zwischen Kreativität und Wirtschaft und legt großen Wert auf die Vernetzung von Gestaltern, Unternehmern, Institutionen und Partnern. Dabei liegt den Initiatoren besonders am Herzen, „die Wurzeln der Kreativität dort zu suchen, wo sie wirklich sind. Das Kreativste kommt immer aus der Subkultur-Szene“.
„Unser Ziel war es, einen öffentlichen Platz zu schaffen, wo wir über die Grundlagen und die aktuelle Bedeutung von visueller Gestaltung nachdenken.“
Kurt Höretzeder
VISUELLER KOMMUNIKATION EINEN RAHMEN SCHAFFEN.
Mit der Gründung von WEI SRAUM wurde auf ein schon länger bestehendes Bedürfnis innerhalb der Kreativszene Innsbrucks reagiert. Kurt Höretzeder nahm die Sache in die Hand, zu Beginn mit viel Unterstützung von Arno Ritter, dem Leiter des Architekturforums, heute aut. architektur und tirol. Dieser hatte im Jahr 2001 mit einer Ausstellung über den Grafikdesigner Otl Aicher eine gute Ebene für die bessere Verortung von Grafikdesign und visueller Gestaltung in der Stadt geschaffen. Etwas Zeit brauchte es dann noch, im Jahr 2005 fanden dann im aut. architektur und tirol die ersten Vorträge und Diskussionen zur angewandten visuellen Gestaltung statt.
//Im Folgejahr wurde der Verein WEI SRAUM gegründet. Mittlerweile saß auch Markus Weithas – begeisterter Gestalter und Lehrer an der HTL – mit im Boot. Innerhalb kurzer Zeit vergrößerte sich das Team um weitere Kreative: Christian Lunger, Matthias Triendl, Florian Gapp, Thomas Schrott (die heute alle als ehrenamtliche Vorstandsmitglieder mitwirken) sowie die Organisationscrew mit Nicola Weber und Judith Prossliner. Als gut eingespieltes Team leisten sie den wesentlichen Beitrag zur Vielfalt und Qualität, mit der sich WEI SRAUM etabliert hat. Der Verein heißt auch alle willkommen, die sich engagieren möchten. Höretzeder: „Wir brauchen immer Leute, die Lust haben, eine Ausstellung zu organisieren, einen Vortragsabend zu gestalten oder eine Stage-Time-Veranstaltung zu machen."
Ein Forum für den Austausch.
Eines hat dem Verein bisher gefehlt – ein Basislager. Seit Mitte September gibt es nun das WEI SRAUMforum, angesiedelt in der Andreas-Hofer-Straße 27. Ein eigener Raum, der zugleich einen Ort des Austauschs und der Vernetzung bildet. „Kommunikation ist umso erfolgreicher, je mehr Sinne sie anspricht“, erklärt Markus Weithas. Physischer Raum ist wichtig, auch im digitalen Zeitalter. „Der Mensch ist und bleibt ein sensitives Berührungswesen“, zitiert Höretzeder Otl Aicher. „Wir können natürlich im Internet eine lässige Homepage machen oder eine virtuelle Ausstellung. Ästhetisch gar kein Problem. Nur ist es etwas ganz anderes, das in einem physischen Raum zu erleben.“ Und so wird das WEI SRAUMforum in den kommenden Jahren zum Schauplatz diverser Veranstaltungen zu den Themen Typografie, Buchgestaltung, Corporate Design, Leit- und Orientierungssysteme, Fotografie und vielem mehr werden. Des Weiteren soll der Raum zum Mittelpunkt der Kreativszene werden und als Forum für Diskussionen zwischen Öffentlichkeit, Wirtschaft und Kreativen dienen.
Schule für Gestaltung.
In puncto Wissensvermittlung geht es dem Verein darum, eine Lücke zu füllen. Sei es die geschichtliche Fundierung oder ganz spezielle Themen, für die es im Rahmen einer Schulausbildung schlichtweg keinen Platz gibt. Interessierten Schülerinnen und Schülern der visuellen Gestaltung sowie bereits tätigen Designerinnen und Designern bietet das WEI SRAUMforum ein umfangreiches Weiterbildungsangebot. In einem Wochenend-Update-Kurs oder während der Sommerakademie kann man sich intensiv mit einem Grundlagenthema, zum Beispiel Farbtheorie, befassen. Oder man vertieft sich in die Ursprünge der Typografie und studiert deren Klassifizierungen und Details. Zudem gibt es Kurse wie Kalligrafie, Bleidruck oder Buchbinden, die allen zugänglich sind. Eine Vision der WEI SRAUM-Schöpfer ist es, eine richtige Schule für Gestaltung auf den Weg zu bringen.
Die Zukunft.
Für die kommende Zeit sind die Ziele des Vereins, die Ideen und Initiativen umzusetzen und eine existentielle Absicherung aller Beteiligten sicherzustellen. „Wir sind nicht weit davon entfernt, aber noch ist nicht alles in Butter“, bekennt der Gründer. Im Moment hofft das WEI SRAUM-Team noch auf verstärkte Unterstützung seitens der privaten Wirtschaft und öffentlicher Förderer.
//Die inhaltliche Entwicklung behält ihre Linie, wie Markus Weithas erklärt: „Wenn ich mir die Programmhefte vom ersten bis zum jetzigen anschaue, sieht man die Entwicklung hin zur Buntheit. Wir sind nicht starr und steif. Wir haben eine erkennbare Kontur, es gibt immer wieder gleiche Identitäten, aber wir sind lebendig. Ich weiß nicht, wie die nächsten Programmhefte ausschauen werden. Es bleibt überraschend und doch werden Dinge dabei sein, auf die man sich verlassen kann. Das ist Qualität und Kontinuität.“
www.weissraum.at