Kennen Sie Marshall Eriksen aus „How I Met Your Mother“? Der ist für eine Weile auch Umweltanwalt. Johannes Kostenzer: Ich kenne ihn leider nicht, aber den muss ich mir merken. Ich muss auch betonen: Ich bin kein Jurist, sondern Biologe. Ich darf mich trotzdem Umweltanwalt nennen, weil die Umweltanwaltschaft eine Einrichtung ist, die für die Interessen der Natur kämpfen soll, auf rechtlichem und fachlichem Weg. Wir haben natürlich Juristen im Team, weitere Tätigkeiten sind unsere Bildungsprojekte. Gemeinsam mit Natopia bieten wir die Ausbildung zum Tiroler Naturführer an, oder setzen uns für die Wiedereinführung alter Tiroler Getreidesorten ein. Unser Spektrum für den sorgsamen Umgang mit Natur ist also sehr breit, und noch mehr läuft über unsere Öffentlichkeitsarbeit.
Dazu zählt wohl auch das Innsbruck Nature Film Festival? Ja, das ist mittlerweile mit Abstand unser größtes Projekt. Seit es als internationaler Wettbewerb ausgeschrieben ist, hat es eine Dimension erreicht, mit der wir früher nie gerechnet hätten. Wir haben heuer über 500 Einreichungen erhalten, aus 83 Nationen! Das ist natürlich toll, allerdings verfügen wir nur über ein bescheidenes Budget, und mit unserem kleinen Team geht es schon an die Grenzen. Zum Glück unterstützen uns tolle Sponsoren.
„Wir wollen kein Lehr-instrument sein, sondern zeigen, dass ein sorgsamer Umgang mit Umwelt auch spaß machen kann.“
Johannes Kostenzer
Welche sind denn die exotischsten Länder, aus denen Einsendungen gekommen sind? Wir haben Einsendungen aus Syrien, Afghanistan und dem Iran, also aus Ländern, die derzeit eigentlich nur in Zusammenhang mit Horrormeldungen medial präsent sind. Bei aller Dramatik der aktuellen Flüchtlingssituation finde ich es sehr eindrucksvoll, dass es noch Leute gibt, denen auch Umweltthemen in diesen Ländern bedeutsam erscheinen. Und zwar so sehr, dass sie sich darüber den Kopf zerbrechen und einen Film machen. Wir haben aber auch Beiträge aus Guinea Bissau oder Mauretanien erhalten, also Länder, worüber die meisten sehr wenig wissen.
Ähneln sich die Filme irgendwie? Schließlich gilt das Thema Umwelt ja für alle. Nein, sie sind kulturell bedingt sehr unterschiedlich. Es gibt den für uns Europäer klassischen Weg, aber in Japan, den USA oder Südamerika ist der Zugang immer ein anderer.
Und er spiegelt sich auch in unserer Programmauswahl wider. Bei uns geht’s um Kalkkögel oder Skigebietserschließungen, in der Türkei will beispielsweise eine Aktivistentruppe einen See retten, fast eine „David gegen Goliath“-Story. Sinn der Sache ist, über den Tellerrand hinauszuschauen.
Im heurigen INFF-Trailer trampelt ein T-Rex Innsbruck nieder. Das sieht zwar trashig und witzig aus, aber muss man das Schlimmste befürchten? Wird die Natur die Zivilisation zerstören? Für mich ist es ein Sinnbild für eine Zeit, in der sich durch Klimawandel die Bedingungen so dramatisch verändert haben, dass selbst so große Tiere, die gut angepasst waren, untergegangen sind. Wir stehen auch vor einer Klimaerwärmung und unabhängig davon, ob sie der Mensch herbeigeführt hat oder nicht, der Wandel ist Fakt.
Und wir wissen nicht, wo die Reise hingeht. Aber: Wenn wir Menschen etwas beitragen können, damit man möglichst unbeschadet davonkommt, sollten wir es auch tun.
Quasi als Mahnung? Auch, aber auf eine spannende, und nicht belehrende Art und Weise. Wir wollen kein Lehrinstrument sein, sondern zeigen, dass ein sorgsamer Umgang mit Umwelt auch Spaß machen kann, ganz ohne erhobenen Zeigefinger, Verzicht oder gar Depression. Die Umweltanwaltschaft und die Festivalmitarbeiter leben diesen positiven Spirit ohnedies schon. Wir sehen das Festival als Fest: Hier tauschen sich Regisseure und Produzenten aus aller Welt aus, Leute aus den verschiedensten Ländern kommen zusammen, ihre Arbeit hat viele Gemeinsamkeiten. Und – das haben wir immer so erlebt – es entsteht eine sehr positive Energie, die auch das Publikum erreicht und begeistert.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Innsbruck Nature Film Festival
Sag nicht einfach „Dokumentarfilm“ – beim INFF sind folgende Kategorien am Start
DOCUMENTARIES:
Im Bereich „Environment“ sind umweltpolitische Dokumentationen mit globalem Fokus und Umweltschutzthemen zu sehen, im Bereich „Nature“ Dokumentationen zu Naturthemen, Naturphänomenen, Tieren und Pflanzen.
SHORTS:
Hier gibt es sowohl Kurzfilme und Clips mit Spielfilmcharakter als auch Animationsfilme, diese sogar erstmalig als eigene Kategorie (Geheimtipp!).
YOUNG TALENTS:
Mit zwei Unterkategorien für junge Filmemacher unter 19 und 25 Jahren. (Geheimtipp Nummer 2: Die INFF Workshops, die im Sommer stattfanden, entpuppen sich als regelrechte Talenteschmiede.)
In der Jury sitzen Film- und Umweltexperten wie die GEO- und arte-Redakteurin Katja Trippel und der oscarnominierte Regisseur Christian Berger („Das Weiße Band“).
Das INFF findet vom 6. bis 9. Oktober im Innsbrucker Leokino statt.
Alle Infos: www.inff.eu