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MAI 2015

Wo Oscar kocht

Seit August 2014 macht Oscar Germes-Castro im „Oscar kocht“ in Pradl seinem Namen alle Ehre. Platz gibt es allerdings nur für acht Personen – an einem Tisch.

Fotos: Emanuel Kaser

Das Besteck kann ebenfalls Geschichten erzählen –  der Großteil stammt von Oscars Mutter („ihr Hochzeitsgeschenk“), einzelne Stücke stammen aus den USA, aber auch aus Sheffield und aus Uruguay.

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Die Lokalität hat Oscar nach langer Suche ganz zufällig gefunden. „Ich wollte eigentlich zuerst in Dreiheiligen was machen, da wohne ich auch, aber es gab nichts Passendes.“ Auf dem Weg zur Arbeit fuhr er jeden Tag bei der Bäckerei Moschen in Pradl vorbei, um sein Frühstück zu kaufen. Von dort schickte man ihn weiter zum Metzger Hans, der gab ihm im Feber 2014 schließlich den Tipp, dass der Uhrenmacher in der Defreggerstraße 21 in zwei Wochen ausziehen würde – die Heimat von „Oscar kocht“ war gefunden.

Klein, aber fein.

Der Hauptraum ist bescheidene 22,5 Quadratmeter groß. Geplant und designt wurde „Oscar kocht“ von den Architekten Teresa Stillebacher („meine ehemalige Mitbewohnerin“) und Christian Dummer. In mühevoller Handarbeit wurde das Lokal über fünf Monate von Oscar, einigen befreundeten Handwerkern und vielen helfenden Händen restauriert. Nach zwei Monaten kamen unter den Tapeten an die Wand gemalte Frauenköpfe zum Vorschein – „keiner weiß, wo die herkommen, ich vermute, dass hier einmal ein Damenausstatter oder ein Friseur war“. Die Köpfe sind nun Teil des Raumdesigns.

Das Problem des geteilten Tischs.

Geöffnet hat „Oscar kocht“ von Dienstag bis Samstag. Zu Mittag gibt es ein Tagesgericht plus Salat („zwölf Portionen, dann ist Schluss“), am Abend gibt es sechs Gänge für fixe 27 Euro. 

"Während meiner Studienzeit habe ich viel für Freunde gekocht. Da hat sich mein Stil entwickelt."

Der verhältnismäßig günstige Preis ist vor allem durch die Tatsache bedingt, dass Oscar zwar Fleisch isst, aber ohne Fleisch kocht. „In der Regel sind zwei Gänge vegetarisch und vier sogar vegan.“ Trotzdem hatte er in den vergangenen sieben Monaten gerade einmal sechs Veganer zu Gast. „Mir geht es nicht um eine Mode. Ich habe in meiner Zeit als Student so viel mit Gemüse gekocht, weil ich mir Fleisch nicht leisten konnte. Und seither liebe ich die Möglichkeiten, die mir zum Beispiel eine Zucchini bietet – scharf, süß, sauer, da kann man einfach kreativer sein.“

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Dass es im „Oscar kocht“ nur einen Tisch gibt und sich die Gäste mit anderen Menschen den Tisch teilen müssen, sorgte anfangs für einige Verwirrung. „Einmal gab es deswegen eine Absage, ein anderes Mal habe ich gehört, wie ein Mann beim Reinkommen zu seiner Frau gesagt hat: ‚Na Servus, da müssen wir mit den anderen reden.’ Nach zwei Gläsern Wein war aber er derjenige, der mit den anderen geplaudert hat.“ Für Oscar ist der gemeinsame Tisch ein zentrales Element seines Kochkonzepts – „so bin ich aufgewachsen, beim Essen geht’s um die Gemeinschaft“. Nach gut einem halben Jahr Erfahrungen kann er über die Tiroler sagen, dass sie „etwa nach einer Stunde auftauen und sich gegenseitig zuprosten.“ Als Kommunikationsvehikel würde der große Tisch nur dann nicht funktionieren, wenn vier Paare nebeneinandersitzen, so seine Beobachtung. 

Saisonal und immer neu.

Die Produkte bezieht Oscar zu etwa 80 Prozent ohne Zwischenhändler. „Das Gemüse kaufe ich hinten in der Markthalle bei den Bauern, das Mehl ist vom Biobauern aus Tulfes, das Olivenöl von einer Genossenschaft in Spanien.“