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MAI 2015

Wo man sich trifft

Der Rapoldipark ist besser und schlechter als sein Ruf. Vielleicht ist es bei den Parkbesuchern ein bisschen so, wie mit den eigenen Verwandten – die kann man sich auch nicht aussuchen. 6020 hat sich am Park-Kiosk umgehört.

E

ine Alltagsszene, wie sie sich nur an einem Vormittag im Mikrokosmos Rapoldipark abspielen kann. „Die Griechen wollen Luftabwehrraketen kaufen, aber die sind doch pleite“, sagt ein empörter Stammkunde des Park-Kiosks und gönnt sich ein Schlückchen von seinem frisch servierten Bier. Frau Lotte* lacht, kommentiert die Meldung mit einem „Da fragst di schon langsam“ und winkt in Richtung Stadtgärtner, der soeben den Rapoldipark mit seinem Einsatzwagen verlässt. Der Stammkunde findet die Angelegenheit eigentlich auch recht witzig und lacht mit ihr. Dann widmen sie sich angenehmeren Themen. 

Kinderfeste und Vögel.

Diesen Alltag erlebt Frau Lotte seit nunmehr 16 Jahren, so lange ist die Rentnerin und Oma schon Pächterin des Kiosks in der Nähe des Pradler Jugendzentrums. Ihr Alter will sie ganz „gentlelady“ nicht verraten. Sie war aber schon Hausfrau und Mutter, später in einer Inns-brucker Fahrschule berufstätig, dann im Congress für die Garderobe zuständig. Nach der Pensionierung ergab sich die Pachtmöglichkeit, die sie prompt ergriff. Frau Lotte gehört auf jeden Fall zur jenem Schlag Menschen, die gerne etwas machen. Ihre Schwester Hanni und ihr Sohn unterstützen sie dabei. „Und solange es gesundheitlich geht, soll das auch so bleiben“, erklärt sie. 

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Frau Lotte ist gern unter Menschen. Jetzt drückt sie gerade den Veranstaltern eines Kinderfestes die Daumen, damit das Wetter für die Party hält. Dann verweist sie noch auf eine andere Veranstaltung: Im Rapoldipark treffen sich nämlich auch regelmäßig Vogelfans, die speziell im Frühling gerne die Tiere mit Fernglas beobachten. Außerdem gibt es am 1. Mai auch bei ihr Schnitzel, eine fast legendäre Rapoldi-Tradition. Leider gilt auch am Kiosk das ungeschriebene Trödlergesetz: First come, first served. 

Der liebe Kastanienbaum.

Auf den ersten Blick mag Frau Lotte zwar etwas reserviert wirken, doch wenn man sie im Umgang mit der Stammkundschaft beobachtet, merkt man schnell, wie sehr sie von Jung und Alt geschätzt wird. Außerdem liebt sie den Rapoldipark.

Beim Fototermin war Frau Lotte plötzlich schüchtern und wollte sich nicht von uns fotografieren lassen. Wer sie gerne kennenlernen will, ist jederzeit am Kiosk willkommen.

Sie hat sogar einen Lieblingsbaum, es ist der Kastanienbaum direkt neben dem Kiosk. „Er ist immer der erste, der im Frühling Blätter kriegt, und der letzte, der sie im Herbst abwirft“ erklärt sie. Irgendwie passt dieser Baum zu ihr.

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Dann erzählt Frau Lotte von weniger lustigen Episoden. Wie etwa Betrunkene beim Vorbeigehen ihre Sonnenschirme zerfetzt, einmal sogar angezündet haben, oder wie ihre Blumentöpfe zerschmettert wurden. Ein Holzfass, das neben dem Kiosk auch als Stehtisch dient, ist einmal im Parkteich, einmal am Ende der Pradler Straße gefunden worden. Frau Lotte weiß nicht, warum Leute so etwas machen. Wahrscheinlich hat sie einfach aufgehört, sich diese Frage zu stellen. Lieber eine Alarmanlage im Kiosk installieren und weitermachen. Nur wenn jemand ihre Narzissen aus den Blumentöpfen rausreißt, „tut es mir schon ein bisschen im Herzen weh“, gesteht sie. 

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Wer von ihrem Pragmatismus beeindruckt ist und „Sie müssen ja Nerven aus Stahl haben“ zu ihr sagt, wird vielleicht ein Schmunzeln ernten, dann ein „Eh, ja, die hab ich mir in den letzten Jahren antrainiert“.

Denn Frau Lotte erlebt nicht nur einiges, sie beobachtet auch vieles. Und erzählt von dem einen Sozialhilfeempfänger, der laut Gerüchten ab und zu etwas trickst, um an mehr Geld vom Amt zu kommen, und seinen Frust mit Sagern wie „I war jo deppat, wenn i buggln gangat“ kundtut. 

aufgeräumt.

Sie behält auch andere Parkbesucher im Auge, die krummen Geschäften nachgehen. Probleme hatte sie mit ihnen eigentlich nicht, zu ihr persönlich seien sie immer „korrekt und freundlich“ gewesen. Bei ihrem Kiosk dulde sie aber ihre Deals auf keinen Fall, sie hat auch keine Skrupel, verdächtige Besucher zu verjagen. „Sonst würde ich ja sogar die Preise mitkriegen, das interessiert mich ja alles nicht“, sagt sie. „Dann sagen meine Stammkunden immer: Lotte hat wieder aufgeräumt“, erzählt sie weiter, wieder schmunzelt sie dezent. Am Schluss frage ich sie, ob sie auch den Typen kennt, der mir letzten Sommer neben dem Kiosk seinen selber angebauten Vogerlsalat verkaufen wollte. Frau Lotte schaut mich an, schüttelt leicht den Kopf und antwortet: „Vogerlsalat? Ja, klar …“