pontanes Assoziationsspiel: Denkt an eine Band, die nur aus zwei Mitgliedern besteht. Hat jeder brav die angeblich einzige Truppe im Kopf, die in so einer Formation funktioniert, nämlich die White Stripes? Fein! 6020 hat den Beweis gefunden, dass es auch Duos in Innsbruck gibt. Die eigentlich mit Meg und Jack rein gar nichts gemeinsam haben. Was aber irrelevant ist. Denn hier geht’s um hhanoi.
Zwei, aber laut.
Als Hans und Lurz ihre Probe für unser Gespräch unterbrechen und mich im Propolis an der Bar begrüßen, frage ich mich die ganze Zeit, warum die anderen Bandmitglieder lieber im Proberaum bleiben. Ich steh doch bereits eine ganze Weile da und hab gehört, wie laut es aus ihrem Versteck hinter der Bühne dröhnt. Sind sie etwa schüchtern? „Wir sind zu zweit“, heißt es, worauf man nur mit einem verwunderten „Häh?“ reagieren kann.
„Groove Grunge – wenn man’s auf tirolerisch ausspricht, klingt’s so schiach!“
Lurz
Nur ein Drummer und ein singender Gitarrist. Mit der Fassungslosigkeit über ihre wuchtige Soundfülle trotz minimalistischer Personalbesetzung sind die beiden Innsbrucker aber mittlerweile bestens vertraut. Und vereinbaren mit jedem Gig vertraglich den adäquaten Mindestlärmpegel. „Kein Scherz – Zuschauer und Veranstalter rechnen oft nicht mit so viel Krach, darum warnen wir sie im Vorhinein“, sagt Hans. Man könnte fast meinen, sie seien ein bisschen stolz darauf. Dank einer späteren Kostprobe ihres Krachs – und das ist liebevoll gemeint – erfahre ich endlich, wie die beiden musikalisch funktionieren. Das einmalige Durchhören ihres 2014 erschienenen Doppelalbums („Changing My Ways“, Seriously Records) vor unserem Gespräch hat offensichtlich nicht gereicht. Oder sie blühen in der Live-Darbietung erst richtig auf.
Musikalische Chemie.
Sie schnappen sich etwa ein Gedicht von Edgar Allan Poe mit dem Titel „A Dream within a Dream“ und verleihen ihm einen leicht verträumten Touch aus vergangenen Red-Hot-Chili-Peppers-Zeiten. Die Mischung ist bizarr, aber sie fesselt. Und sie können auch schneller und rockiger werden. Manchmal auch etwas grungiger. Als Zuständiger für die Gitarrenarbeit ist Hans mit filigranem Zupfen, Delays und plötzlich fetzigen Akkorden beschäftigt. Ja, so kann man auch den Raum füllen.
Den Rest erledigt der Lurz: Seine treibende Drummerkraft ergänzt hhanois Duo-Power optimal. Und sie begeistert. Ihre Energie ist authentisch, Lurz spricht dann auch noch von „kompromisslos und instinktiv“. Bei Live-Auftritten wird auch problemlos improvisiert. Und die musikalische Chemie in diesem Duo ist so stimmig, dass man sie auch sieht. Links ein Rauschen, dann werden Drumsticks zerfetzt, rechts die Gitarre, mal gewürgt, mal gekitzelt. Hans und Lurz verständigen sich über Töne. Diese Gruppendynamik will einfach genauestens beobachtet werden. Eigentlich ist man froh, dass sie nur zu zweit sind. Mit mehreren solchen Typen würde den Zuschauer die Reizüberflutung erschlagen.
Selbsthilfegruppe für Ex-Bassgitarristen.
Hans und Lurz kennen sich zwar schon länger, zu hhanoi gestoßen ist Lurz aber erst 2014. „Wir sind jetzt eine Selbsthilfegruppe für Ex-Bassgitarristen“, erzählen sie. Denn sie haben beide eine musikalische Vergangenheit und Gegenwart als Bassisten von Bands und Künstlern wie HotchPotch, Dominik Plangger, Martin Nitsch, Jonny Hill, Marc Hess oder Nadine Beiler. Die Lied-Ideen kommen meistens von Hans, an Arrangements feilen sie dann gemeinsam im Proberaum. Und der Bandname, den Hans ja auch schon solo benutzt hat, ist der vietnamesischen Hauptstadt gewidmet. „Ich war da mal auf Urlaub und hab die ersten Lyrics für spätere hhanoi-Songs geschrieben“, sagt er.
„Beim Doppel-h ist eins davon stumm. Das hat sich zufällig ergeben, aber es schaut cool aus“, fügt er noch hinzu.
//Nach einer kurzen, gegenseitigen Frustbekundung, wie unnötig Genrebezeichnungen sind, weiß ich immer noch nicht, in was für eine Schublade man die Jungs stecken soll. „Groove Grunge“, antwortet Lurz prompt, „und wenn man’s auf Tirolerisch ausspricht, klingt’s so schiach!“ Die Bezeichnung muss man sich erst auf der Zunge und im Rachen zergehen lassen, bitte daheim ausprobieren. „Groove Grunge ist zudem auch schön paradox“, ergänzt Hans. Also die volle Lebensbejahung vs. zerreißenden, aber krachenden Weltschmerz? Ja, diese Kombination könnte die Etikettierung von hhanoi auf den Punkt bringen. Zur Not einigen sich aber alle Beteiligten auf guten, alten Alternative Rock: „Hauptsache, es groovt und berührt, unabhängig vom Genre“.
//Wer jetzt noch an dem Wahrheitsgehalt dieses Bandporträts zweifelt, wird Stimmen im Netz finden. hhanois Groove-Potenzial bestätigen nämlich sowohl Grundschulkinder als auch Bundespräsidenten. Und YouTube sei Dank wird man endlich erfahren, was zum Teufel die zwei Typen eigentlich in der Badewanne tun! Live zu sehen sind hhanoi am 1. Mai im Treibhaus mit Mother’s Cake und Dewolff.
www.hhanoi.com
www.seriouslyrecords.com
Die hhanoi-Bandmitglieder:
Hans Hauser
(Gitarre und Gesang)
Lucas Lurz Geiler
(Schlagzeug und Backgroundgesang)
Die Musik von hhanoi in Worten:
Zu fröhlich, um „nur“ Grunge zu sein, aber doch aggressiv genug, um rockig zu sein. Sieht live aus wie Tischtennis, aber mit Gitarre und Schlagzeug.
Wo treten hhanoi auf?
Zwischen Bozen und Berlin, oft in Tirol, aber auch in Wien und Salzburg. Sie planen gerade die Eroberung der dazwischen liegenden Gebiete.
Bekanntheitsgrad:
Neun von zehn Noten