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DEZEMBER 2018

Das Grauen nach Nasty Ignaz

Der Horrorkurzfilm „wiedergesund“ von Lukas Halder aka Nasty Ignaz zeigt Menschen von ihrer bestialischen Seite und taucht die Gegend rund in Innsbruck in ein unheimliches Licht. 6020 hat den jungen Filmemacher getroffen.

Fotos: Axel Springer

Eure Projekte

„Eure Projekte!“ ist eine Initiative der Bundesministerin in Kooperation mit den Österreichischen Jugendinfos, die unterschiedliche Projekte mit gesellschaftlicher Relevanz unterstützen – vom Film bis hin zu sozialen Kochworkshops oder Sporttagen mit geflüchteten Menschen. Eine Jury entscheidet monatlich, welche Initiativen unterstützt werden. Die Umsetzung muss innerhalb von sechs Monaten passieren. Projekte einreichen dürfen Jugendliche zwischen 14 und 24 Jahren. Alle Infos gibt’s unter www.eureprojekte.at.

 

 

Lukas Halders Horrorkurzfilm
"wiedergesund" wird am
28. Dezember um 19.15 Uhr
im Leokino gezeigt
(gegen freiwillige Spenden).
Mehr Infos: lukashalder.com

 

KREATIVER GEIST. Lukas Halder hat als Kameramann und Cutter gearbeitet und studiert seit Herbst Multimedia Art.

Gedreht wurde „wiedergesund“ in nur zwei Tagen im September, Anfang November stellt Lukas Halder den Film fertig.

W

as für ein cooles Bild: Eine Drohnenkamera schwebt unter den Autobahnbrücken die Straße entlang und blickt hinunter auf massive Betonpfeiler und Graffitis. Ein Mann geht mit Rucksack und Wasserflaschen durchs Bild. Sucht er nach Vorräten? An dieser Location, an der Schwelle zwischen Stadt und Wald, ist allerdings irgendetwas faul, düstere Musik und das beklemmende Schwarz-Weiß lassen leicht erahnen, dass hier Unheil droht. Und tatsächlich: Plötzlich ein Schrei. Es ist ein Mann, der von einer aggressiven, zombieartigen Gruppe gejagt wird. Sie kommen immer näher. Der Einzelgänger mit Rucksack findet ein Versteck und bleibt unentdeckt. Diesmal hat er noch Glück gehabt. Später wird er noch einen anderen Mann treffen. Er ist verletzt, hat Angst, braucht aber dringend Hilfe. Er wirkt menschlicher als alle anderen. Gemeinsam könnten sie es schaffen.

Horrorfilm mit Tiefgang.

Es ist der erste Horrorfilm von Jungregisseur Lukas Halder, oder Nasty Ignaz, so sein Künstlername. Den hat er sich vor vielen Jahren ausgedacht: „Leute finden ihn lustig, so bleibt er hängen. Ich wurde auch schon gefragt, ob sich hinter dem Namen ein Pornofilmemacher aus den Achtzigern versteckt. Ignaz ist übrigens mein zweiter Vorname“, erzählt der Innsbrucker. Schmuddelfilme macht er keine, er hat aber auch nicht vor, sich nur auf ein Genre zu konzentrieren.

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Lukas hat als Kameramann und Cutter für eine Imster Filmproduktionsfirma gearbeitet, sich anschließend selbstständig gemacht und studiert seit Herbst Multimedia Art an der FH Salzburg. Er will Geschichten erzählen und dabei möglichst viel ausprobieren:

„Im Moment finde ich philosophische Menschenstudien superinteressant. ‚wiedergesund‘ will etwa der Frage nachgehen, wie die Welt ohne Moralempfinden aussehen würde. Es ist eine dystopische Welt“, sagt der 24-Jährige. Eine Welt, in der alle gesellschaftlichen Normen fürs Miteinander verloren sind. Die Hauptfigur ist wohl der letzte moralisch denkende und handelnde Mensch, der als solcher um sein Überleben kämpft, während die anderen nur mehr nach animalischen Urinstinkten handeln.

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Aber Moral kann doch wiedererlangt werden? Ist die Menschheit sonst zum Untergang verdammt? Oder, anders gedacht, ist der Film als dramatische Karikatur verrohender Sprache in sozialen Netzwerken deutbar? Vielleicht. Als Lukas vor dem Film diese und andere Fragen mit Freunden zu klären versuchte, stellte er fest, dass jeder eine andere Meinung hatte: „Also wollten wir nicht unbedingt eine konkrete Antwort auf diese Fragen geben.“ Der Film ist auch kein dezidierter Verweis auf die aktuelle Politik: „Er lässt sich auf viele Ebenen übertragen und interpretieren, deshalb die überspitzte Horrordarstellung.“

 

HORROR TRIFFT REALITÄT. Der Kurzfilm „wiedergesund“ wurde in nur zwei Tagen gedreht.

Einen glaubhaften Horrorfilm mit wenig Geld zu produzieren, ist alles andere als einfach.

 

Iris Dobler, eine weitere Freundin, übernahm Kostüm und Maske. Ein unerwarteter Glücksfall war die Mitarbeit von Harry Triendl, einem Telfer Multimedia-Künstler, der die Filmmusik extra komponierte: „Ich habe ihn einfach nur angeschrieben, und er war sofort begeistert. Dann habe ich ihm die Rohfassung des Films gezeigt, und nach einem Monat war’s erledigt. Das war echt super.“ Und die Indoor-Location? „Die war meine größte Sorge, weil sie alt und leerstehend aussehen musste“, erzählt der Regisseur. Der richtige Tipp kam einmal mehr aus dem eigenen Freundeskreis, und zwar von einem Bekannten, der alte Wohnungen renoviert. Jene Wohnung im Film befindet sich direkt im Zentrum Innsbrucks. Und war der ideale Ort für Nasty Ignaz’ Kammerspiel des Grauens. Übrigens: Die morallosen Menschen-Bestien in Lukas’ Film verhalten sich ein bisschen wie Zombies, ohne aber wie Untote auszusehen. Sie sehen völlig normal aus. Und das macht sie erst richtig unheimlich.