r steht lässig am Beckenrand und schaut den Mädels hinterher. Hin und wieder meckert er: „Nicht vom Beckenrand springen!“ So weit das klassische Bild eines Bademeisters. Dabei verlangt der Job viel mehr und ist ein Mix aus Techniker, Chemiker, Sanitäter und Psychologe. Bademeister kontrollieren die Wasserqualität und Anlagen, reinigen Schwimmbecken und erledigen Instandsetzungsarbeiten. Die Arbeitstage sind lang, Wochenend- und Feiertagsdienste eine Selbstverständlichkeit.
//Trotzdem ist es für Christian Draschl, den „Neuen“ im Schwimmbad Hall, ein Traumjob. Davor war der 40-Jährige viele Jahre LKW-Fahrer. Der Job wurde ihm zu eintönig, jetzt genießt er die Abwechslung und den Kontakt mit Menschen. Man lernt als Bademeister so viel über Menschen wie bei kaum einem anderen Job, davon ist Christians Arbeitskollege und Freund Markus Birbaumer überzeugt.
Der 47-Jährige ist seit 16 Jahren Bademeister im Schwimmbad Hall und somit der dienstälteste im fünfköpfigen Team.
//Beim Namen „Bademeister“ gibt es übrigens Aufklärungsbedarf: In Wahrheit ist die Berufsbezeichnung von Markus und Christian „staatlich geprüfter Sportbadewart“. Die Ausbildung dazu haben sie an der USI bzw. am WIFI abgeschlossen. Goldkettchen und herausquellendes Brusthaar? Bei Christian und Markus Fehlanzeige. Dafür tragen sie Trillerpfeife und Strohhut. Die Idee mit den Strohhüten hatte Markus beim Betriebsausflug am Gardasee. Kopfbedeckung und Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 30 sind für die beiden wichtig. Damit ihr Job das bleibt, was er ist: ein cooler Job am Sehnsuchtsort des Stadtsommers.
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Welche Frage hört ein Bademeister am häufigsten? Christian Draschl: Wie warm ist das Wasser? Diese Frage stellen die Gäste manchmal, bevor sie so richtig herinnen sind. Zweite Frage: Hält das Wetter? Am liebsten wäre es manchen, wir wären ausgebildete Meteorologen (lacht). Markus Birbaumer: ORF-Wetterfrosch Erhard Berger hat übrigens mal bei uns im Schwimmbad gedreht. Dabei hat er leider seine Badehose daheim vergessen und musste mit der Unterhose ins Wasser. Wir haben ein Auge zugedrückt.
Markus, du bist seit 16 Jahren Bademeister, was hat sich verändert? Birbaumer: Die Gäste sind anspruchsvoller und empfindlicher geworden. Früher waren 24 Grad genau richtig, heute hätten viele Gäste gern 27 oder 28 Grad. Ab und zu gibt’s auch kuriose Beschwerden, zum Beispiel: Warum ist die Treppe auf der einen Seite des Beckens, wenn doch die Dusche auf der anderen Seite ist? Es kommen auch Beschwerden darüber, dass es zu viele Bienen gibt. Da können wir auch nichts machen, aber die Beschwerde kommt trotzdem. Außerdem hat man früher öfter Eltern gesehen, die ihren Kindern das Schwimmen beigebracht haben. Das sieht man jetzt viel weniger.
Inwieweit haben sich die Kinder verändert? Birbaumer: Ich finde nicht, dass die Kinder unartiger sind als früher. Allerdings wünschen sich die Kinder bei Verboten jetzt viel eher eine Erklärung. Kinder hinterfragen heutzutage mehr als früher. Auch die Jugend hat sich verändert. Früher waren die Jugendlichen bei fast jedem Wetter im Schwimmbad, bei schlechtem Wetter haben sie halt im Trockenen unterm Sprungturm Karten gespielt. Karten spielen die Jugendlichen jetzt kaum mehr, stattdessen hat fast jeder ein Handy in der Hand. Das Handy scheint auch im Schwimmbad wichtiger zu sein als alles andere.
Nach so vielen Jahren, was hat der Job mit dir gemacht? Birbaumer: Der ständige Umgang mit ganz unterschiedlichen Menschen hat mich sicher ruhiger und toleranter gemacht. Ich habe außerdem gelernt, nichts mehr persönlich zu nehmen. Mit Beschwerden wollen die Besucher ja nicht mich angreifen. Es geht immer um die Sache.
Wie oft müsst ihr Streit schlichten? Birbaumer: Wir sind die Schwimmbadrichter, vor allem bei Jugendlichen. Vergangene Woche kam ein Mädchen zu mir und hat sich über einen Burschen beschwert, weil er sie mit einer Mülltonne verglichen hat. Mit so einem frechen Burschen muss man schon einmal ein Wörtl reden. (lacht) Bei den Kindern ist es lustigerweise so, dass sich eher die Buben als die Mädchen beschweren, wenn sie angespritzt werden.
Was braucht es, um Schwimmbadrichter zu spielen? Birbaumer: Ein guter Bademeister braucht Witz und Feingefühl.
Erfahrt ihr auch Privates von den Besuchern? Birbaumer: Absolut. Der Bademeister ist so etwas wie der Friseur, eine Art Kummerkasten. Es gibt Besucher, die kennen wir schon seit vielen Jahren, die erzählen uns wirklich viel. Wir sehen auch einiges. Es gibt zum Beispiel einen Besucher, der sich hier offensichtlich immer mit seiner Ex trifft, aber das geht uns natürlich nichts an. Was im Schwimmbad passiert, bleibt im Schwimmbad.
Passieren auch lustige Begebenheiten im Schwimmbad? Draschl: Natürlich. Vor Kurzem war eine Campingplatzbesucherin aus den Niederlanden mit ihrer Perserkatze im Schwimmbad spazieren. Ich habe gedacht, ich sehe nicht richtig, als unsere Besucher plötzlich eine Katze gestreichelt haben. Ich habe der Dame erklärt, dass Haustiere im Schwimmbad verboten sind, das hat sie auch eingesehen und ist wieder gegangen. Birbaumer: Es war vor einigen Jahren, da hat sich eine Besucherin mehrfach darüber beschwert, dass Jugendliche in ihrer Nähe laute Musik aufgedreht haben. Nach einer Verwarnung musste ich den Jugendlichen die Boxen wegnehmen. Nach einiger Zeit kamen die Jugendlichen wieder und erklärten, sie hätten jetzt auch eine Beschwerde: Sie hätten die Badeordnung gelesen und darin stehe, oben ohne sei verboten, und die Dame, die sich zuvor über ihre Musik beschwert habe, sei oben ohne! Darüber musste ich sehr lachen, es stimmte nämlich und damit stand es bei den Beschwerden unentschieden. Früher waren übrigens viele Damen oben ohne, das gibt’s jetzt überhaupt nicht mehr.
„Was im Schwimmbad passiert, bleibt im Schwimmbad.“
Markus Birbauer
„Am liebsten wäre es manchen, wir wären ausgebildete Meteorologen.“
Christian Draschl
Wie oft steigen Besucher nachts ins Schwimmbad ein? Draschl: So genau wissen wir das nicht. Wir schätzen drei bis vier Mal pro Woche. So richtig laue Sommerabende gibt es bei uns ja selten. Deswegen geht’s da meistens nicht ums Schwimmengehen, sondern ums Selfiesmachen in zehn Meter Höhe am Sprungturm.
Birbaumer: Der frühere Bademeister, der Holzi, hat sich gern auf die Lauer gelegt und die Kleidung versteckt. Einmal habe ich mich mit ihm gemeinsam auf die Lauer gelegt und dann haben wir den Schein zweier Taschenlampen beobachtet. Man hat gesehen, dass sich die zwei Gruppen aufeinander zubewegt haben. Die haben sich dann unabsichtlich gegenseitig erschreckt, das war sehr lustig zu beobachten.
Wie begehrt sind eure Jahreskabinen? Birbaumer: Die Wartezeit auf eine Jahreskabine dauert im Schnitt fünf bis sechs Jahre. Ab und zu reihen wir Familien und ältere Personen vor. Einmal haben wir jemandem mitgeteilt, dass er vorgereiht wurde, fünf Minuten später kam schon ein anderer Besucher zu uns und hat gemeint, er fände diese Vorreihung unfair, er habe sich schließlich eine Woche früher angemeldet. Es ist halt ein sehr familiäres Schwimmbad, in dem sich viele seit Jahren kennen.
Wie oft flirten Bademeister? Birbaumer: Eigentlich gar nicht. Fürs Flirten bin ich zu alt. Außerdem bringt’s nur Probleme.
Wie ist das, wenn man den ganzen Tag leichtbekleidete Damen sieht? Birbaumer: Der Blick dafür geht bei diesem Job schnell verloren. Es passiert selten, dass man einen zweiten Blick wagt.
In einem Schwimmbad ist es ständig laut, wie geht ihr mit dem Lärm um? Draschl: Man gewöhnt sich an den Lärm. Außerdem ist es nicht immer laut, in der Früh oder am Abend ist das Schwimmbad leer, das ist auch mal ganz angenehm.
Birbaumer: In der Freizeit suche ich tatsächlich eher die Ruhe und bin froh, wenn ich nicht allzu viele Leute treffe.
Was macht ihr, wenn der Sommer vorbei ist? Draschl: Wir sind ganzjährig bei der Hall AG angestellt, wenn wir nicht als Bademeister arbeiten, dann sind wir Eismeister, Hausmeister oder Gärtner.
Ein Bademeister, der seit 16 Jahren das Wetter beobachtet, muss es wissen: War der Sommer früher wirklich besser? Birbaumer: Nein, die Sommer waren bei uns immer schon wechselhaft. Nur der Sommer 2003, der ja auch gern als Jahrhundertsommer bezeichnet wird, der war wirklich außergewöhnlich.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Haus im Schwimmbad
Im Haller Schwimmbad gibt es eine Kuriosität: ein 80-Quadratmeter-Haus mitten im Gelände. Darin wohnt seit vielen Jahrzehnten zur Miete der bereits pensionierte Bademeister „Holzi“ mit seiner Frau Anneliese.
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Ihr wohnt mitten im Schwimmbad, was fragen euch die Badegäste? Anneliese Holzhammer: Sie fragen zum Beispiel nach einer Stricknadel oder nach einer Nähnadel. Grillen oder draußen essen ist für uns nur möglich, wenn das Schwimmbad leer ist. Ansonsten passiert es zu oft, dass die Besucher auch etwas möchten.
Was fragen euch die Besucher sonst noch? Ob man das Häuschen mieten kann. Das ist nicht möglich, wir wohnen ja das ganze Jahr hier. Vereinzelt werden wir auch gefragt, ob wir in einer Baracke wohnen. Aber ich finde, nach einer Baracke sieht unser Häuschen doch wirklich nicht aus. Außerdem ist es gut isoliert.
Wie oft geht ihr schwimmen? Mein Mann und ich gehen täglich schwimmen, manchmal sogar mehrmals am Tag. Dennoch denke ich mir manchmal, ich sollte die Bademöglichkeit noch mehr ausnützen.
Vielen Dank für das Gespräch