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APRIL 2016

Kino

Kinder im Sand

Martin Zandvliet befasst sich in „Unter dem Sand“ mit einem düsteren Kapitel der dänischen Vergangenheit. Dabei erzählt er eine zwar vorhersehbare, aber nervenaufreibende Geschichte, die Eindruck hinterlässt.

Foto: Camilla Hjelm/Koch Films GmbH
D

änemark 1945: Nach dem Sturz des Dritten Reichs werden die deutschen Besatzer nach Hause geschickt. Doch nicht alle haben das Glück, zur Grenze eskortiert zu werden. Denn die Wehrmacht hat in Erwartung der Alliierten die Strände präpariert. Im Sand verborgen warten über zwei Millionen Minen auf einen unbedachten Schritt. Um diese tödliche Gefahr zu beseitigen, werden mehr als 2.000 Kriegsgefangene zurückbehalten – viele davon junge, unerfahrene Burschen.

Zehn gegen 45.000.

Martin Zandvliets Film erzählt die fiktive Geschichte eines dieser Räumkommandos. Zehn Deutsche, mehr Teenager als Männer, müssen bleiben, um „etwas aufzuräumen“, wie ihnen gesagt wird. Bewacht werden sie von Feldwebel Carl Rasmussen (Roland Møller), für den sie nichts sind als „der Feind“. Untergebracht in einer Hütte im Niemandsland verspricht er den oft tagelang Hungernden die Heimkehr, sobald sie einen Strand von 45.000 Minen gesäubert haben: eine Aufgabe, die sie bis zum Erbrechen, robbend, im Sand stochernd und mit bloßen Händen grabend bewältigen sollen.

Unschuldsvermutung.

Über die Vorgeschichte der Charaktere erfahren wir nichts. Nur Rasmussen wird gezeigt, wie er die Besatzer über die Grenze prügelt. Nicht zu wissen, was den deutschen Soldaten widerfahren ist, hilft der Geschichte aber. Entkoppelt vom Krieg wird ersichtlich, was sie sind: hilflose Kinder in einer ausweglosen Situation. Das geht an Rasmussen nicht vorüber. Er beginnt, den gesichtslosen Feind als Menschen voller Angst zu sehen, die sich an den Traum der Heimkehr klammern. So wird er vom Bewacher zum Beschützer und eine Vertrauensbasis entsteht – zumindest vorerst.

Böse Vorahnung.

Erzählerisch ist der Film vorhersehbar. Doch zu wissen, was unweigerlich passieren muss, nimmt der Geschichte weder die Spannung noch ihren Schrecken – im Gegenteil. Die omnipräsente, im Sand schlummernde Gefahr überschattet alles und gibt selbst Momenten, in denen Harmonie aufkommt, unheilschwangere Qualität. So strotzt die dänisch-deutsche Koproduktion vor Szenen, bei denen man wegsehen möchte. „Unter dem  Sand“ ist alles andere als ein Feel-Good-Movie, aber mehr als sehenswert.