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OKTOBER 2020

Film, kein Theater!

Mit „Enfant Terrible“ inszeniert Oskar Roehler das Leben des deutschen Ausnahmeregisseurs Rainer Werner Fassbinder wie ein Theaterstück. Mit teils greller Dramaturgie gelingt Roehler ein Kinobiopic, das sich – wenig verwunderlich – vor allem an Bühnenliebhaber wendet.

Kritik: Klaus Erler
Fotos: Filmladen Filmverleih, BavariaFilmproduktion
D

as Jahr 1967: Der 22-jährige Rainer Werner Fassbinder entert die Bühne des antiteaters in München und übernimmt ungebeten die Inszenierung des gerade laufenden Stücks. Damals ahnt wohl niemand der Anwesenden, gerade den später bedeutendsten Filmemacher Deutschlands bei seinem „Frühwerk“ beobachtet zu haben. 

 

Rasch schart Rainer Werner Fassbinder Schauspielerinnen, Selbstdarsteller und Liebhaber um sich, die später als der „Fassbinder-Clan“ ebenso wie ihr Clanführer Filmgeschichte schreiben werden. Manisch und zunehmend drogenabhängig dreht Fassbinder einen Film nach dem anderen und bricht dabei immer wieder mit gängigen Regeln. Dafür wird er auf den nationalen und internationalen Filmfestivals zunächst ausgebuht, um später ebendort als Liebkind des Avantgardekinos ausgezeichnet zu werden. 

 

Die Arbeitswut, mit der Fassbinder bis zu sieben Filme pro Jahr dreht, hat Folgen: Privat enden seine Beziehungen immer wieder im Drama, beruflich schafft er zwar ein Werk von mehr als 40 Spielfilmen, stirbt aber 1982 im Alter von nur 37 Jahren am unkontrollierten Drogenkonsum. 

 

Zu diesem Zeitpunkt ist Fassbinder längst international be- und geachteter Protagonist eines „Neuen Deutschen Kinos“ und genießt als Regisseur weltweite Reputation. 

 

„Enfant Terrible“, Biopic, Theater im Film

Regie: Oskar Roehler

Mit: Oliver Masucci,
Katja Riemann,
Hary Prinz, Eva Mattes 

Dauer: 134 min