o die vermeintliche Selbstverständlichkeit der Wahl einer wachsenden Zahl der Bürger zu viel Qual bedeutet, ist das politische System grundsätzlich in Gefahr. Dazu bedarf es nicht der Bemühung von Brexit und Trump, den weit weg liegenden, hierzulande schwer zu verstehenden Abstimmungen. Letztlich haben nur 37 % der stimmberechtigten Briten für einen EU-Ausstieg und lediglich 24 % des US-Wahlvolks für diesen Präsidenten votiert. Doch wer aufgrund solcher Quoten die Ergebnisse in Frage stellt, sägt am Dienstsessel zahlreicher heimischer Amtsinhaber. Je näher, desto mehr.
//Während die Beteiligung an der Nationalratswahl 2013 bundesweit 75 % betrug, lag sie in Tirol nur bei 67 %. Zur Landtagswahl gingen damals sogar bloß 60 %. Ein Jahr zuvor hatten sich lediglich 52 % der dazu berechtigten Innsbrucker auf die Wahl ihres Gemeinderats eingelassen und zur Stichwahl der Bürgermeisterin kamen schließlich weniger als 45 %. Wer die Legitimierung von Donald Trump aufgrund der geringen Wahlbeteiligung infrage stellt, muss dies folgerichtig auch bei Christine Oppitz-Plörer tun. Sie stützt sich ebenfalls nur auf ein Viertel der Stimmen des möglichen Elektorats.
Polarisierung und Mobilisierung.
Je stärker die Polarisierung, desto größer die Mobilisierung. Von dieser Regel bildet Tirol keine Ausnahme. Doch während unverdrossen fast drei Viertel der Österreicher Ende 2016 den Bundespräsidenten kürten, waren es in Tirol weniger als 70 %. Sogar wenn es um ganz konkrete Richtungsentscheidungen geht, sind die Älpler wenig wählerisch. Die Olympia-Volksbefragungen von 1993 und 1997 vollzogen sich in Innsbruck mit nur 35 bzw. 36 % Wahlbeteiligung.
//Die älteste Festlanddemokratie der Welt: Seit Jahrzehnten erhöht dieser regionalpatriotische Stehsatz den Selbstanspruch des Landes in den Sonntagsreden seiner Repräsentanten. Diese stolze Bürgerdeklaration ignoriert allerdings, dass die Wahlbeteiligung seit Abschaffung der Wahlpflicht hier noch tiefer als andernorts gesunken ist. Daraus gleich den Schluss zu ziehen, der Tiroler folge vor allem der Obrigkeit, wäre vorschnell. Geringe Wahlbeteiligung drückt auch nicht unbedingt mangelndes Demokratieverständnis aus. Sonst wären die Schweizer Volksabstimmungen ein solches Signal und kein vielbemühtes Musterbeispiel für die direkte Demokratie. Mangelndes Bewusstsein für den Wert dieses wirklichen Verfassungsprinzips in einer vermeintlichen Staatsform darf einer Gesellschaft hingegen unterstellt werden, in der die Wahlbeteiligung dauerhaft sinkt.