as Geschäft mit der stechenden Nadel brummt. In Tirol gibt es derzeit 56 Tätowierer, die den Gewerbeschein besitzen – eigentlich gar nicht so viele angesichts des Massentrends, wie auch der Innsbrucker Tätowierer Manuel Woodpecker bestätigt: „Den Studios in Innsbruck geht es sehr gut, die machen alle ein gutes Geschäft.“ Innsbrucks Tattoo-Pionierin heißt Daniela Rajnoch. Die 47-Jährige war Tirols erste Tätowiererin und hat 1992, nach Lehrjahren bei ihrem damaligen Ehemann in den USA, mit „Reaktiv Tattoo“ das erste Tattoo-Studio Westösterreichs eröffnet. Seit einigen Jahren befindet sich das Studio in der Mentlgasse 7.
„In den Anfangsjahren war fast jede Tätowierung in Innsbruck von mir.“
„Als ich in den frühen 1990ern nach Tirol zurückgekehrt bin, habe ich bei Null angefangen.“
Daniela Rajnoch
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Welche Tattoo-Trends gibt es 2017? Daniela Rajnoch: Besonders oft steche ich derzeit Mandalas, Schriften, chinesische und arabische Kalligraphie, realistische Tätowierungen und Aquarelltattoos.
Kannst du dich an deine ersten Tätowierungen, die du in Innsbruck gestochen hast, erinnern? Das waren Planeten, Rosen, Delfine oder auch Skorpione. Die Vorgaben der Kunden damals: „Bitte so klein wie möglich!“ Das hat sich inzwischen völlig geändert. Die Motive werden immer größer.
Du hast zunächst den Friseurberuf erlernt, wie bist du Tirols Tätowier-Pionierin geworden? Ich habe einige Jahre in Chicago gelebt, mein damaliger Mann hat dort zwei Tattoo-Studios betrieben. Da ich immer schon gern gezeichnet habe, habe ich ihm bei den Vorlagen geholfen. In Amerika hat es in den 1980ern und 1990ern schon in nahezu jedem Ort ein Tattoo-Studio gegeben und die Amerikaner sind uns in puncto Tätowierungen nach wie vor einige Jahre voraus. Als ich nach vier Jahren in den frühen 1990ern nach Tirol zurückgekehrt bin, habe ich bei Null angefangen. Meine Arbeitsmaterialien fürs Tätowieren, die Maschinen, Farben etc., hat es damals nur in Amerika gegeben, das musste ich alles erst nach Tirol bringen.
In den Anfangsjahren war noch wirklich fast jede Tätowierung in Innsbruck von mir. Im Schwimmbad hab’ ich mir dann immer meine Arbeiten anschauen können, das war lustig.
Die Steißbeintattoos, die sogenannten „Arschgeweihe“, werden oft als die größte Jugendsünde der 1990er bezeichnet. Fühlst du dich schuldig? Nein (lacht) Ich habe aber tatsächlich unzählige „Arschgeweihe“ tätowiert. Und obwohl es wirklich viele waren, habe ich diese Tätowierungen immer sehr gern gemacht! Ich selber habe kein „Arschgeweih“. Ich finde, zu mir passt das nicht wirklich.
Die Tiroler gelten als besonders tätowierfreudig, woran liegt das? Bei den Urvölkern ist Körperschmuck seit jeher sehr beliebt und wir Tiroler sind halt doch irgendwie immer noch ein raues Bergvolk. (lacht) Mich freut es, dass die Tiroler in puncto Tätowierungen auch sehr offen, individuell und experimentierfreudig sind. Ohne angeben zu wollen: Das liegt zu einem kleinen Teil schon auch an meiner Pionierarbeit.
Was war deine ungewöhnlichste Tätowierung? Das kann ich so gar nicht sagen. Ein sicherlich ungewöhnlicher Stammkunde von mir ist ein circa 55-jähriger Mann, dem ich über die Jahre bereits 800 Namen von „Schindlers Liste“ tätowiert habe. Einen besonderen Hintergrund für diese Tätowierung gibt es meines Wissens nach nicht. Der sehr seriös wirkende Herr mag einfach gern individuelle Tätowierungen und hat beinahe schon den ganzen Körper tätowiert.
Was tätowierst du am liebsten? Durch meine jahrzehntelange Erfahrung bin ich eine richtige „Allrounderin“ und steche eigentlich alles gerne. Aber besonders gern mach ich Tierporträts, Landschaften und Aquarelltätowierungen.
Gibt es auch Tätowierungen, die du nicht so gern stichst oder sogar ablehnst? Da muss ich überlegen. Nicht so gern steche ich zum Beispiel einen Strichcode im Nacken, das ist nicht mehr wirklich originell. Ein Rücken voll mit Fantasymotiven ist auch nicht ganz meins. Ein Mann wollte ein Pinocchio-Tattoo in der Intimzone, den habe ich dann doch lieber zu einem männlichen Kollegen geschickt. Von mir definitiv abgelehnt werden zum Beispiel Tätowierungen mit politischen Statements. Solchen Anfragen kommen ab und zu mal vor.
Hast du auch schon mal einen Promi tätowiert? Ja, vor allem Sportler, Fußballer oder Eishockeyspieler. Skispringer Andreas Widhölzl hat passend zu seiner früheren Skiadler-Karriere von mir abstrakte Flügel tätowiert bekommen.
Ist Tätowiererin dein Traumberuf? Absolut. Ich finde es schön, dass ich mich auf anderen Menschen verwirklichen kann. Ich schätze die sehr familiäre Atmosphäre bei uns im Studio und dass ich schon seit vielen Jahren im gleichen Team arbeiten kann.
Vielen Dank für das Gespräch.
anuel Woodpecker betreibt in der Andreas-Hofer-Straße 20 das Studio „Woodpecker Tattoo & Piercing“. Begonnen hat seine Karriere mit zahlreichen Kursen in Berlin. Kurz darauf hat Manuel bei internationalen Tätowierwettbewerben einige Preise eingeheimst. Über sein Alter oder seinen früheren Beruf möchte er nicht reden, außerdem hat er bisher großen Wert darauf gelegt, dass es in der Öffentlichkeit keine Fotos von ihm gibt. Für 6020 hat er eine Ausnahme gemacht.