Du hast Anfang der 2000er in Innsbruck IWW studiert – erzähl ein bisschen von dieser Zeit. Markus Stoll: Ich war damals begeisterter Freeskier und wollte deshalb so nah wie möglich bei den Bergen sein. Als ich dann nach Innsbruck gezogen bin, hab’ ich realisiert, dass hier eh fast nur so Leute wie ich unterwegs sind. Ich war zwar nicht der klassische deutsche Numerus-Clausus-Flüchtling, aber im Endeffekt war ich doch einer von denen, über die ihr euch manchmal beschwert – durchaus berechtigt übrigens. In München und Umgebung haben wir ja ähnliche Zustände, was den Tourismus und den Zuzug von außen angeht. Generell glaube ich, dass sich die Bayern und die Tiroler recht gern mögen und auch recht ähnlich sind.
Hattest du geplant, Kabarettist zu werden? Nicht direkt, sonst hätte ich ja nicht studiert und dann in der Investmentbranche gearbeitet. Die Videos und die Figur Harry G haben sich erst über meine eigene Social-Media-Marketingfirma ergeben. Aber ich hatte immer schon Spaß daran, auf der Bühne zu stehen, keine Frage. Das Kabarettding war also nicht geplant, ist aber eine sehr willkommene Abwechslung, weil ich es eh nicht mag, wenn alles zu geradlinig und konventionell verläuft.
Gibt es ein Ablaufdatum für die Figur Harry G? Das wird es geben, wenn ich irgendwann beschließe, die Figur in Pension zu schicken. Aber so schnell wird das nicht passieren – immerhin kommt das erst jetzt richtig ins Laufen. Und ich habe schon Tourneetermine bis Mitte 2018 geplant (lacht). Außerdem hat diese Form des bayrischen Humors etwas Zeitloses, das eigentlich immer passt.
Ende November hast du ein Rapvideo auf YouTube veröffentlicht, in dem du die Figur des Boazn Kini eingeführt hast. Ja, das war ein Spaß. Ich hatte schon länger die Idee, ein Video im Gangsta-Style zu machen. Das ist natürlich ein ziemlicher Aufwand, aber es freut mich, wenn die Leute sagen, dass sie es lustig finden und dass es gut gemacht ist. Ich war vor kurzem in einem ziemlich schicken Lokal in München und das Personal hat mir hinter vorgehaltener Hand erzählt, dass bei ihnen den ganzen Tag „Boazn Kini“ läuft. Wenn die Münchner irgendwann diese Schicki-Fassade weglassen und so etwas offen sagen würden, würde mich das noch mehr freuen.
„der bayrische humor hat etwas zeitloses, das eigentlich immer passt.“
Gehen dir die Dinge, über die du dich als Harry G aufregst, eigentlich irgendwann aus? Nein, mir fällt ehrlich gesagt dauernd etwas ein, über das ich granteln könnte. Meine Umgebung quittiert das dann meistens mit einem gewissen Augenrollen.
Willst du irgendwann eine eigene Fernsehsendung haben? Ich glaube, dass in meiner Branche niemand leugnen kann, dass das Fernsehen immer noch das wichtigste Medium und damit auch das Ziel der meisten Kabarettisten ist. Natürlich gibt es inzwischen auch viele andere Wege, das Publikum zu erreichen, ob es nun YouTube oder On-demand-Dienste wie Netflix sind. Aber Fernsehen hat immer noch die größte Reichweite und damit auch die größte finanzielle Bedeutung.
Zur Person
Markus Stoll (37) wurde in Regensburg geboren, wuchs am Schliersee in Oberbayern auf, studierte in Innsbruck und Buenos Aires Internationale Wirtschaftswissenschaften und zog 2006 nach München. Nachdem er im Investmentbereich gearbeitet hatte, gründete er seine eigene Social-Media-Marketingagentur. In einem YouTube-Video zum Oktoberfest erfand er 2013 die Kunstfigur Harry G.
Schreibst du alle Texte immer noch selbst? Ja, absolut. Ich achte darauf, dass ich nur das mache, was ich machen will und selber lustig und authentisch finde – alles andere hat keinen Sinn. Wenn man sich zu viele Verpflichtungen aufhalst, zum Beispiel eine regelmäßige Kolumne, dann kommt man unter Druck und das Ergebnis wirkt gekünstelt. Ich nenne das gerne „fernsehlustig“, wenn du weißt, was ich meine.
Was ist in nächster Zukunft geplant, gibt es vielleicht ein Wiedersehen mit dem Boazn Kini? Ja, vielleicht, nach dem Rapvideo wäre etwas in Richtung elektronischer Schlager cool. Mal sehen.
Vielen Dank für das Gespräch.