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APRIL 2018

Race Across Innsbruck

Rad (Stadt) Auto?

Uns ist die Dieseldebatte herzlich egal, weil mit diesem Treibstoff eh die anderen fahren. Weit wichtiger ist die Frage: Womit lässt sich ein schonungsloses Rushhour-Rennen quer durch die Stadt gewinnen, ohne dabei den grünen Gedanken ganz aus den Augen zu verlieren?

Text: Klaus Erler, Walter Mair // Fotos: Axel Springer

 

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ltraleichtes E-Bike und gasbetriebener Cityflitzer: Das sind die Kontrahenten unserer Wahl im Rennen quer durch die City – von West nach Ost, von A (wie Ampel der Technischen Uni) nach B (wie Baggersee). Vivax Picco und VW eco up! stellen sich der Herausforderung auch als Vertreter ihrer jeweiligen Fahrzeuggattung: der VW als besonders umweltfreundliches, voll stadttaugliches, allerdings noch immer fossil angetriebenes KFZ; das Vivax als schneller und konkurrenzlos leichter E-Bike-Vorreiter aller Drahtesel und (noch) ungekürter urbaner King of Streets. Wer hat in diesem brutalen Kampf um wertvolle Meter und Sekunden im ganz normalen Wahnsinn der Innsbrucker Rushhour schlussendlich die Nase vorn? Der 6020-Test wird’s zeigen!

Verdienter Sieger:

Klaus, der Fahrrad-Crack

Auto Rad 6020 A222 2

Die Ampel wechselt auf Grün und schon ist der VW up! durch die Mitte. Ich habe am E-Bike das Nachsehen und gleich ernste Zweifel, ob ich nicht als determinierter Verlierer an den Start gegangen bin.
    // Einem letzten kurzen Hoch an der ersten Ampelkreuzung – hier kann ich Walters Erdgas-Flitzer noch einmal abhängen – folgen bange Minuten der Ungewissheit. Ich kämpfe gegen den Wind, und nicht einmal die E-Unterstützung macht mich schneller als 20 km/h.
    // Walter ist längst nicht mehr zu sehen: nicht auf der Unibrücke und schon gar nicht am Innrain. Hoffnung blitzt auf, weil ich die Stadt auf direktem Weg queren kann. Sekunden später bin ich um eine Erfahrung reicher: Elektrische Unterstützung bringt in der Innenstadt wenig, zu viele Passanten kämpfen mit zu vielen Radfahrern und öffentlichen Verkehrsmitteln um die Straßenvorherrschaft. Gefühlt geht gar nichts weiter. Tatsächlich bin ich aber vier Minuten vor dem VW up! am Sillpark, und vor mir liegen lange Kilometer fast ununterbrochenen Radweges.         
    // Batteriekraft lässt mich fliegen, zwölf Minuten später bin ich am Ziel. Und wo ist Walter? Der kommt zwei Minuten später als Zweiter durchs Ziel, und seine Miene spricht Bände!

Tapferer Zweiter:

Walter, der Autoaffine

Auto Rad 6020 A222 3

Beim Start bin ich noch wie erwartet Sprintsieger, die Ernüchterung folgt allerdings prompt: Schon die erste Ampel an der Kranebitter Allee zwingt mich zum Anhalten. In diesem Stil geht es weiter, während das E-Bike auf Nebenfahrbahnen, durch Unterführungen und über Radwege ungehindert aus meinem Sichtfeld rollt.
    // Ein vorprogrammierter Stau am Innrain gibt mir die Chance, nach meinem Kontrahenten Ausschau zu halten: Keiner da! Nach einem leicht frustrierenden Umweg über Innenstadt und Bahnhof rauscht mein eco up! um 16 Uhr 48 durch die König-Laurin-Allee. Die Tatsache, dass ich bis zur Valiergasse beinahe unbehelligt von Baustellenstaus und dem hässlichen Rot der Verkehrsregeleinrichtungen bleibe, wiegt mich in Sicherheit: Ich werde als Erster die Zielflagge erreichen! Werde ich nicht: Die Stoppuhr zeigt exakt 16 Uhr 58, als ich in den Josef-Mayr-Nusser-Weg einbiege und von Weitem bereits die Zielflagge – und zu meinem großen Erstaunen – auch meinen Kontrahenten mit seinem umweltfreundlichen E-Bike erblicke: Die Niederlage nach 10,2 Kilometern ist komplett, da gibt es nichts zu beschönigen!

VW eco-up!

kleiner Weltverbesserer


Sauberer und günstiger als im eco up! Erdgas kann man derzeit kaum automobil sein. Da sich VWs Kleinster zudem sehr erwachsen fährt, ist er eine ernste Empfehlung für alle, die der SUV-Welle zum Trotz intelligentes Auto-Downsizing erfahren wollen.

Im 6020 „Race across Innsbruck“ war er zwar nur Zweiter, trotzdem ist er auch eine Art Sieger: Der VW eco up! mit Erdgasantrieb hat am Weg durch die Stadt kaum Feinstaub- und Rußpartikelemissionen erzeugt, rund 30 % weniger Kohlendioxid produziert, zudem 98 % weniger Kohlenwasserstoffe und bis zu 90 % weniger Stickstoffoxide emittiert. Und das ist auch ein Gewinn, nicht nur für die Umwelt, sondern auch für die Geldtasche.

In 2,8 Euro auf 100.

Bei einem derzeitigen Kilopreis von 0,8 Cent und einem realen Durchschnittsverbrauch um 3,5 Kilo Erdgas (CNG) fahren eco-up!-Besitzer um rund 2,8 Euro 100 Kilometer weit. Die reine Erdgas-Reichweite beträgt dabei rund 315 Kilometer, danach fährt der eco up! mit Benzin aus dem 10-Liter-Benzintank weiter und verlängert seine Gesamtreichweite so auf insgesamt rund 500 Kilometer.

Groß und gut genug.

Da der eco up! alle konstruktiven Vorteile mit seinen rein benzinangetriebenen up!-Brüdern teilt, ist er auch sonst ein rundum gelungenes Auto. Der Abrollkomfort ist okay, die Verarbeitung befindet sich auf hohem Niveau, das Raumangebot passt für zwei. Auf der hinteren Sitzreihe und im Kofferraum spielt sich dann nicht mehr viel ab. Zu viert wird man eher nur auf kurzen Strecken unterwegs sein wollen, obwohl sich im eco up! auch längere Autobahnetappen gut überstehen lassen. Dabei muss niemand befürchten, sich mit dem Erdgas-Antrieb an der Grenze zur Untermotorisierung zu befinden. Zwar ist vor allem der dritte Gang treibstoffschonend lange übersetzt, und der eco-up! ist damit recht gemütlich unterwegs. Es fehlt ihm aber vor allem in den ersten beiden Gängen nicht an Biss. Steigungen lassen sich zwar gemütlich, aber zufriedenstellend bewältigen.

 

VW eco-up! Comfortline BMT

Motor: Dreizylinder
Hubraum: 999 ccm
Leistung: 50 KW / 68 PS
Testverbrauch: 3,5 Kilogramm
Preis: ab 12.090 Euro (mit berücksichtigter 1.000 Euro Tigas-Förderung)

Vivax Picco 29"

Stealth Cruiser


Das E-Bike „Picco“ der Unterinntaler Firma Vivax ist derart leicht, dass es sich auch ohne E-Unterstützung problemlos pedalieren lässt. Die zugrundeliegende Technik hat allerdings ihren Preis.

Das Vivax „Picco“ schaut wie ein ganz normales 29-Zoll Hardtail aus und gibt damit sein eigentliches Einsatzgebiet auch schon vor: Es ist der Berg. Da die Geometrie jedoch entspannt ist, lässt sich dieses extra leichte E-Bike problemlos auch in der Waagrechten bewegen. Ein Einsatz in der Stadt ist grundsätzlich möglich, fordert vom Lenker aber Aufmerksamkeit. Warum das so ist, versteht man, wenn man das Funktionsprinzip des Vivax-Antriebs näher betrachtet.

Unsichtbar stark.

Der Motor ist unsichtbar im Sattelrohr untergebracht und treibt die Tretkurbel per Planetengetriebe an, der Akku sitzt in der Satteltasche. Der große Unterschied zum klassischen E-Bike ist zunächst das Gewicht: Das gesamte Antriebs-System bringt inklusive Akku nur 1,8 Kilogramm auf die Waage. Mit rund 13,5 Kilogramm wiegt das „Picco“ nicht mehr als ein durchschnittliches Mountain-Bike und lässt sich so problemlos auch mit leerem Akku bewegen. Allerdings muss man die Antriebsleistung nicht nur aktiv zuschalten, sondern sollte sie bei jedem Tretstopp auch wieder aktiv abschalten. Derart gefordert wird man urban eher seltener mit Strom-Unterstützung unterwegs sein. Nutzt man die 120 Watt des unsichtbaren Motors allerdings auf langen Geraden und bergauf, fühlt man sich plötzlich, als hätte man einen kleinen Eddy Merckx zugeschaltet. 

Vivax Picco 29''

Motor: 200 Watt, nutzbar sind 120 Watt
Reichweite: 60 Minuten (6 Ah-Akku), 90 Minuten (9 Ah-Akku)
Gewicht Small: 12,9 kg (6 Ah-Akku)
Komponenten: durchgehend Shimano XT
Preis: 5.099 Euro