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APRIL 2015

Aktiv

einmal im leben was großes machen

Vor gut zwei Jahren wurden aus den Arbeitskollegen Igor Mlinar und Michael Mösserer Firmenchefs. Als „Die Gabelstapler“ haben sich die beiden seither einen Ruf in der Gravity-Mountainbike-Szene erarbeitet. Porträt einer etwas anderen Werkstatt.

Fotos: Franz Oss

Ihre Kunden sind nicht die 08/15-Radfahrer, sondern Bike-Nerds: Downhiller, Freerider, Mountainbike-Enthusiasten.

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ür Neukunden der Gabelstapler gilt es zuallererst eine große Hürde zu meistern: die Werkstatt finden. Denn Igor Mlinar (34) und Michael Mösserer (27) haben sich für ihre Firma keinen gut frequentierten, leicht erreichbaren Standort in Innsbrucker Innenstadtlage ausgesucht. Warum auch, die meisten ihrer Kunden fahren ohnehin Fahrräder, die kaum in der Stadt bewegt werden. Die Gabelstapler sind eine Fachwerkstatt, die sich auf Mountainbikes, in erster Linie solche mit hydraulisch-pneumatischen Federungskomponenten, spezialisiert haben. Von daher ist der Betriebsstandort in Matrei am Brenner, im Ortsteil Mühlbachl, ganz unten am schattigen Talboden der oberen Sillschlucht, durchaus plausibel. Dort residieren die Gabelstapler in einer ausgedienten Karbitfabrik, die mit ihren verwitterten Steinmauern den spröden Charme einer Industrieruine versprüht.

 

Bike-Nerds, nicht 08/15.

Igor, ein Bär von einem Mann, hat mittlerweile schon Routine, Neulingen und Lieferanten den Weg von der Autobahnabfahrt bis zur Fabrik geduldig am Telefon zu erklären. Während Michael sich meist den Rädern widmet, ist Igor so etwas wie das Sprachrohr und somit die Telefonzentrale der Gabelstapler. Neben den beiden ist noch Jimmy zu erwähnen. „Unsere Reklamationsabteilung und Betriebsratschef in Personalunion“, erklärt Igor und krault dem braunen Rüden dabei den Hals. Jimmy ist das Maskottchen der Werkstatt, das alle Kunden überschwänglich wedelnd begrüßt. „Und wenn es Beschwerden gibt, kann man sich vertrauensvoll an ihn wenden. Er kann stundenlang zuhören“, scherzt Herrchen. Das Dreigestirn hat sich in der alten Fabrik längst kommod eingerichtet.

„Das ist unser Statement gegen die Wegwerfgesellschaft.“

 

Von außen deutet nichts darauf hin, dass hier Hightech-Bikes repariert werden. „Wir sind ja auch kein Geschäft, wir sind eine Werkstatt“, betont Igor. Daher sei man weder auf einen gut frequentierten Standort noch eine schmucke Auslage angewiesen. „Dadurch unterscheiden wir uns von herkömmlichen Radwerkstätten und Händlern. Wir erledigen diese speziellen Reparaturen, für die andere nicht die nötigen Kapazitäten haben.“ Die Gabelstapler bieten professionelles Service von Federgabeln und Dämpfern an, wechseln Kugellager, servicieren hydraulische Bremsen, bauen sogar im Bedarfsfall Komponenten in Eigenregie nach. Ihre Kunden sind nicht die 08/15-Radfahrer, sondern Bike-Nerds: Downhiller, Freerider, Mountainbike-Enthusiasten. Nicht selten trifft man hier Mitglieder der legendären Innsbrucker Vertrider, die ebenfalls auf das Know-how von Michael und Igor vertrauen. Besondere Freude haben sie daran, für ihre Kunden „Projekte zu erledigen“ – also etwa ein in die Jahre gekommenes Bike komplett zu restaurieren: „Wir haben Spaß an unserer Arbeit. Und noch mehr freut es uns, wenn in der Folge auch die Kunden Spaß daran haben.“ Der schönste Lohn sei es, die fertigen Projekte mit ihren glücklich grinsenden Besitzern auf den Trails rund um Innsbruck wiederzutreffen.

Nicht reicher, aber glücklicher.

Doch neben aller Romantik zählen auch für die jungen Unternehmer die Umsatzzahlen. Igor und Michael haben vor der Selbstständigkeit zusammen für einen großen Komponentenhersteller aus dem Mountainbike-Bereich gearbeitet. Doch das Angestellten-Dasein füllte sie nicht aus. „In erster Linie war es der mickrige Lohn, der uns dazu bewogen hat, Unternehmer zu werden“, sagt Igor. Reich seien sie dadurch zwar auch nicht geworden: „Aber definitiv glücklicher. Denn so sind wir unsere eigenen Herren. Und einmal im Leben sollte jeder so etwas Großes, nur für sich, machen.“ Mittlerweile werkeln die beiden pro Jahr an rund 800 Federgabeln und anderen Komponenten. Das Geschäft läuft.

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Selbstredend fahren die Gabelstapler auch privat Downhill. Die Liebe zum Gravity-Biking hat sie schließlich zu ihrem Beruf gebracht. Igor hat sogar Erfahrung als Weltcup-Mechaniker. Insgesamt elf Jahre lang hatte er in diesem Bereich gearbeitet, bevor er sich mit Michael, der zwei Jahre Erfahrung als hochspezialisierter Bike-Mechaniker mitbrachte, selbständig machte. Daher wissen sie auch, was ihre Kunden brauchen.