Wir empfehlen
APRIL 2015

Interview

Amore in Zeiten des neuen Austropops

„Wenn jemand fragt, wofür Wanda steht, sag: für Exaltiertheit“, findet Marianna Kastlunger und bittet den Frontmann der Band Marco Michael Wanda zum 6020-Gespräch.

Foto: Senekowitsch/Seehofer
D

ie Gewinner des heurigen Amadeus Awards sind nicht nur erfolgreich, sondern auch ein Beispiel dafür, dass Kunst wie auch Popmusik sich selber genügen. Mit ihrem gesunden Hang zum Größenwahn könnte die Wiener Band mehr werden als „nur“ ein Hype. Aber es wäre auch nicht schlimm, falls dem nicht so wäre. Manche Hypes sind zum Genießen da. Die Besucher der beiden restlos ausverkauften Wanda-Konzerte im Weekender Club (25. April und 1. Mai) freuen sich trotzdem auf die Shows. It’s only pop-and-roll, but we like it.

 

 

6020:

Lieber Marco, ich bin aus allen Wolken gefallen, weil dein richtiger Nachname gar nicht Wanda ist. Bitte erzähle uns, warum dieser Name sowohl ein Fisch-, Künstler- als auch Bandname ist. Marco Michael Wanda: Ich hatte zu wenig Zeit, um mir einen echten Künstlernamen zu überlegen. David Bowie ist nach einem Messer benannt. Das hat nichts mit ihm zu tun. Künstlernamen sind meistens der Versuch, ein Image zu generieren, bevor man dieses einfach durch seine bloße Existenz vermitteln kann. Unerfahrene Amateure, wie ich einmal einer war, legen sich Künstlernamen zu.

Italien wird oft auf Deutsch besungen, warum eigentlich? Und ist Bologna für Wanda ein Sehnsuchtsort? Der Austropop ist eine Variation von angloamerikanischem Rock’n’Roll und Bluesmusik. Italienische und österreichische Rockmusiker verbindet eine Lust, sich dieser Spielarten zu bedienen. Austropop und Italopop haben viele Schnittmengen, ich habe also einerseits diese technische Faszination für Italopop und andererseits eine angeborene Faszination, da ein Teil meiner Familie aus Italien stammt. Eine Faszination also, die so stark ist wie die Liebe zu einem verstorbenen Geschwisterlein – mythisch, hinterhältig und endgültig. Eine Liebe wie die Liebe eines Serben zu seinen serbischen Volksmusikern oder die eines Pakistaners zu Nusrat Fateh Ali Khan.

 

Wanda-Songs handeln von täglichen Tragödien. Findest du, dass gute Songwriter eigentlich besonders viel leiden müssen, um gute Lieder zu schreiben? Hemingway hat gesagt, ein guter Schriftsteller zeichnet sich durch eine beschissene Kindheit aus. Das glaube ich alles nicht. Kunst ist immer entweder ein Ausdruck von Lebensfreude oder eines Problems mit dieser.

„Mir tun alle leid, die mit Erfolg anders umgehen als ich.“

Wer ist Wanda?

Der Bandname Wanda lässt sich angeblich auf Wanda Gertrude Kuchwalek zurückführen. Sie war in den 1970ern vor allem unter ihrem Spitznamen „Wilde Wanda“ als Wiens einzige weibliche Zuhälterin bekannt.