„Wir sind halt DJs mit Eiern.“
Armin „Fu“ Fuchs
nterschätzt nie die Macht des DJs: Wenn dich die „Gatekeeper“ des Sounds nicht spielen, kommt deine Musik nie groß raus. Rein hypothetisch könnten die Wax Wreckaz vor einigen Jahren sogar die Wegbereiter von Macklemore gewesen sein, zumindest im Tiroler Mikrokosmos. Ach was, lasst uns größenwahnsinnig sein, vielleicht sogar weltweit. „‚Can’t Hold Us’ haben wir schon Jahre vor dem Chart-Erfolg gespielt“, verrät Juwee mit einem fetten Grinser, „Fürs Bekanntmachen hat sich Macklemore nie bedankt“, fügt Busy scherzhaft hinzu. Wir haben es in diesem Fall nicht mit einer Band im klassischen Sinne zu tun, aber das Können der Wax Wreckaz ist trotzdem von einer besonderen Art des musikalischen Qualitätshandwerks geprägt, und deshalb: Vorhang auf.
Turntablism.
Alles fing 1999 an, als sich die Burschen in der Schule kennenlernten und als DJ-Kollektiv mit vier prallgefüllten Plattenkoffern durch die Clubs zogen. „Damals ging es um den eigenen Style beim Auflegen, es galt, so kreativ wie möglich Lieder zu kombinieren, und auch darum, wie man sein ‚Werkzeug‘ – den Plattenspieler – beherrscht“, erzählt Busy.
//„Turntablism“ heißt diese komplexe Sparte des DJings – der Laie kennt das als „Scratchen“, das aber nur ein Teil dieses Kosmos ist. Mit vier Plattenspielern und zwei Mischpulten entstehen live Mash-ups, Tonspuren werden mit Samples kombiniert, spontan werden aus bestehenden Songs neue, einzigartige Versionen erzeugt. „Wir haben eine riesige Musik-Bandbreite, jedes Genre wird je nach Publikum ausgereizt“, erklärt Busy. „Wir spielen beispielsweise auch mal in einem elektronischen Set ein A-Capella einer deutschen Hip-Hop-Nummer als Stilbruch.
Oder wir spielen uns auf Afterpartys von Rock-Metal-Festivals quer durch den musikalischen Gemüsegarten – und bringen trotzdem auch den letzten Headbanger zum Tanzen“, erzählt Juwee weiter. Ist das nicht lebensgefährlich? „Wir sind halt DJs mit Eiern“, spricht auf einmal Fu, der bisher aufmerksam, aber still dem Gespräch gefolgt hat. „Die Art, wie wir die Lieder mixen, ist einzigartig“, verspricht Juwee. Ein feines Gespür für die Tanzbarkeitsstimmung ist wohl Grundvoraussetzung für ihren Job.
Adelstitel der Szene.
Aber Playlists mit Spannungsbogen und Überraschungseffekt? Sowas kann heute rein theoretisch doch jeder am eigenen Rechner. Eben, nur theoretisch. Die Wax Wreckaz spielen in einer ganz anderen Liga. Sie haben beim amerikanischen Musiklabel Jeffree’s (Mad Decent) einen Song veröffentlicht, was in der Szene mit einem Adelstitel vergleichbar ist. Ihr aktueller Track „Heavyweight Sound“ läuft auf FM4 und dem Berliner Radio Fritz, und ist darüber hinaus auch zweifach prominent besetzt. Die Drum’n’Bass- und Hiphop-Legende Dynamite MC hat den Vocal-Part geliefert, während der stärkste Mann der Welt im Video zum Hit mit den Tücken des Alltags zu kämpfen hat. Dieser junge Herr kommt übrigens aus dem Tiroler Unterland, heißt Martin Wildauer, ist von Brotberuf Beamter, und beweist einen sehr ausgeprägten Sinn für Humor. Nimm das, du Playlist-Wicht.
Geh diggen!
Die Wax Wreckaz existieren also seit fast 16 Jahren, „länger als viele Ehen“, sinniert Busy, und spielen seither durchschnittliche „eineinhalb Gigs pro Woche“. Der Entschluss, das Ganze nur nebenberuflich zu praktizieren, fiel den
drei Innsbruckern nicht allzu schwer, so können sie sich auch die Auftritte aussuchen. Sensay, der vierte Wrecka, ist allerdings Profimusiker, heißt mit richtigem Namen Sebastian Arman, wohnt in Wien, und hat unter anderem für so unterschiedliche Artists wie Redman, Konshens und – Trommelwirbel – Conchita Wurst geschrieben und produziert. Die Koordination und der Austausch der Truppe laufen dank Internet aber wie geschmiert.
//Ist das Auflegen für die anderen drei also einfach ein Hobby? „Nein, Hobby klingt so, als wären wir im selben Tischtennis-Amateurverein“, lacht Juwee. Der Begriff Leidenschaft trifft’s auch nicht, „zu hochgestochen“, sagt Busy, „aber irgendwas dazwischen, halt ein super Ausgleich.“ Mit Sicherheit eine traumhafte Beschäftigung für Plattensammler, denn das sind sie alle. „Das hört nie auf“, gesteht Juwee, „und wenn mich wer fragt‚ wie man DJ wird, antworte ich immer mit ‚Geh diggen!’ Du musst wühlen und Plattensammeln und dich wirklich mit der Materie Musik beschäftigen – und zwar jahrelang. Wenn du eine passable Sammlung und Wissen hast, kannst du loslegen. Aber daran scheitern die meisten.“
Die Wreckaz haben aber immer ein offenes Ohr für Neuigkeiten und Seltenheiten, „diese wollen wir dann auch unter die Leut‘ bringen“, fügt Busy noch hinzu. Und Fu ist immer happy, wenn er nach den Songtiteln gefragt wird, die sie spielen, „noch besser wird’s, wenn Shazaam unsere Versionen nicht erkennt“, sagt er schelmisch. Aber wagt es ja nicht, ihn zu fragen, ob die Wax Wreckaz „was zum Tanzen“ spielen. Und wünscht euch auch keine YouTube-Songs*. Das wäre zu peinlich.
Bandmitglieder:
Claudio Blassnig (Busy Fingaz)
Sebastian Arman (Sensay)
Jakob Winkler (Juwee)
Armin Fuchs (Fu)
Der Sound der Wax Wreckaz in Worten:
Mitreißender, genreübergreifender, tanzbarer Sound, von Rap über Reggae bis hin zu verschiedensten Stilen elektronischer Musik. Immer deutlich zu erkennen: die Wurzeln im Hiphop!
Wo treten die Wax Wreckaz auf?
In Deutschland, der Schweiz, Österreich und Frankreich, auf Festivals (wie zuletzt am Frequency) und in Clubs.
Bekanntheitsgrad:
Zehn von zehn Noten
Mehr Infos
www.waxwreckaz.com