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MAI 2019

Perfect Pitch

Vom Garagenunternehmen zum Weltkonzern: Amazon, Facebook und Co machen’s vor und laden so manchen zum Träumen ein. Die Start-up-Ideen sprießen auch in Innsbruck, und das nicht nur im Frühling.

Foto: Franz Oss,Gerry Frank, Gerry Frank, Standortagentur Tirol
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enn ein Juror fast vom Stuhl fällt, ist das eigentlich ein gutes Zeichen. Bei der Puls-4-Start-up-Show „2 Minuten 2 Millionen“ war der Grund dafür nicht nur Begeisterung: „Star-Winzer Leo Hillinger war bei unserem Pitch so müde, dass er fast vom Stuhl gerutscht wäre. Es war ein langer Drehtag und auch ich war müde, weil wir wirklich stundenlang auf unseren Auftritt gewartet haben“, erzählt Clemens Schöpf. Der 33-Jährige hat gemeinsam mit Co-Founder Markus Arzl im Oktober an der quotenstarken Show von Puls 4 teilgenommen, am 21. Mai wird die Sendung ausgestrahlt.

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Ob und wie die Investoren, wie Leo Hillinger und Hans Peter Haselsteiner, auf Clemens’ Pitch reagiert haben, darf noch nicht verraten werden. Nur so viel: Clemens war mit seinem Pitch sehr zufrieden, auch wenn ein kleiner Fehler passiert ist. „Mein Geschäftspartner und ich haben einen kleinen Gasthaus-Sketch für die Investoren aufgeführt, dabei haben wir die extra gebastelte Speisekarte vergessen.“ Den Investoren ist das kleine Hoppala nicht aufgefallen, sie hatten nur Augen für Clemens’ Erfindung, den Service Tube, eine Art Kellner-Rufsystem.

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Das kleine Licht am Tisch wird bei einfacher Berührung des Gastes rot, wodurch der Kellner sofort den Kundenwunsch erkennt. Benachrichtigungsmöglichkeiten für den Kellner gibt es außerdem entweder durch ein weiteres Gerät, den Service Indicator, durch eine Smartwatch oder eine App. „Der Service Tube verbessert die Kommunikation zwischen Gast und Kellner und sorgt so für mehr Umsatz“, ist Clemens vom Nutzen seiner Erfindung überzeugt.

„Star-Winzer Leo Hillinger war bei unserem Pitch so müde, dass er fast vom Stuhl gerutscht wäre.“

Clemens Schöpf, Co-Founder Service Tube

 

Vom Labor ins Fablab.

Bevor er Jungunternehmer wurde, hat Clemens’ Berufsweg ganz anders ausgesehen. Der Innsbrucker hat Molekularbiologie studiert und ist danach fünf Jahre im Labor gestanden. Die große Wende kam, als er mit Freunden einen Roadtrip nach Hamburg und Berlin unternahm. „Dabei ist mir die Idee gekommen, dass es eigentlich nett wäre, wenn ein bestimmtes Licht am Tisch signalisieren würde, ob man gesprächsbereit für Fremde ist oder nicht, ob sich wer dazusetzen kann oder lieber nicht.“

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Clemens tüftelte an seiner Idee, merkte aber schnell, dass es sich nicht als Geschäftsmodell umsetzen ließ. Er entwickelte seine Idee aber weiter, holte sich Wissen bei Start-up-Beratungsstellen und baute den Prototypen im FabLab. Nach unzähligen Stunden Tüftelei war es so weit, der Service Tube stand als Erfindung fest. „Made in Tirol“, ist Clemens stolz.

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100 Stück hat er bereits an Hotels verkauft, erhalten hat er die Aufträge vor allem durch Auftritte bei Messen, wie der FAFGA. Den Laborkittel hat Clemens inzwischen vorübergehend an den Nagel gehängt, dank verschiedener Förderungen ist es ihm seit zwei Jahren möglich, seinen Traum vom erfolgreichen Start-up zu leben. Von der Puls-4-Sendung erhofft er sich vor allem eine Steigerung der Bekanntheit.

Werkzeug für alle.

„Die frühe Entwicklungsphase ist für ein Start-up die kritischste Phase“, erklärt Heinrich Pan vom Spielraum FabLab, während im Hintergrund die CNC-Fräse kreischt. Der 30-jährige Architekt gehört zum Team der offenen High-Tech-Werkstätte in der Franz-Fischer-Straße und hat ständig mit hoffnungsfrohen Start-ups, Bastlern und Erfindern zu tun.

Die Erfinder: Clemens Schöpf und Markus Arzl haben den Service-Tub entwickelt.

 

Auf 135 Quadratmetern können mit 3D-Drucker, Laser-Cutter, Graviermaschinen, Vinylcutter und vielem mehr unterschiedliche Projekte und Ideen umgesetzt werden. High-Tech-Werkstätten für jedermann, auch FabLabs genannt, gibt es inzwischen auf der ganzen Welt. Die Idee ist aber noch nicht jedem im Detail bekannt. „Es kommt schon mal vor, dass ein älterer Herr bei uns vorbeikommt und glaubt, wir reparieren ihm gratis seine alte Wanduhr“, erzählt Heinrich schmunzelnd. Das Team zeigt zwar, wie man Maschinen bedient, und hilft beim Selbermachen, versteht sich aber nicht als Reparaturservice.

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Das FabLab ist ein gemeinnütziger Verein und finanziert sich über Mitgliedsbeiträge, Workshopeinnahmen, Sponsorings und Förderungen. Auch wenn Heinrich keinen Fernseher hat und von Start-up-Shows wenig hält, „die zeigen nicht die harte Arbeit, die hinter jedem Startup steckt“, freut er sich über Clemens’ Teilnahme an der Show. Man kennt sich in der Start-up-Szene. „Die Stimmung, nicht nur im FabLab, ist positiv und es gibt generell viel Bewegung und Neues in Innsbruck. Mir gefallen vor allem die vielen Initiativen, wie die Bäckerei.“

„Die frühe Entwicklungsphase ist für ein Start-up die kritischste Phase.“

Heinrich Pan, vom Spielraum FabLab

 

NACHGEFRAGT. Die Investoren interessieren sich für jedes Detail.

 

Auch wenn sich viel tut, merkt Heinrich, dass in der Innsbrucker Start-up-Szene ein gewisser Realismus einkehrt. Luftschlösser würden in der Innsbrucker Start-up-Szene aber generell eher wenig gebaut werden: „Die meisten haben schon gute und auch umsetzbare Ideen. Sie scheitern, wenn sie es tun, eher am Finanziellen. Aber verschulden tun sich zum Glück, auch aufgrund von Förderungen, die wenigsten“, meint Heinrich.

Anlaufstelle zum Durchstarten.

Wenn es um Wissen, Netzwerken und Beratungen geht, sind Start-ups in der Ing.-Etzel-Straße an der richtigen Adresse. Dort befindet sich der Verein und das Gründungszentrum Startup.Tirol. „Wir begleiten Start-ups ins Unternehmertum und bündeln die Kräfte vieler bestehender Start-up-Initiativen in ganz Tirol“, erklärt Geschäftsführer Marcus Hofer.

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Marcus Hofer und sein Team freuen sich, dass Start-ups kein Randthema mehr sind, sondern stark ins Blickfeld der Öffentlichkeit geraten sind. „Wir schätzen, dass in Tirol jährlich 20 bis 30 Start-ups gegründet werden.“ Erfinder und Gründer beschäftige oft die Frage, ob sie eh „das Richtige“ machen. „Häufig geht es in den Beratungen und Coachings weniger um die Technologie als mehr um Überlegungen zu möglichen Kunden. „Der Mehrwert ist das Entscheidende.“ 

„Wir schätzen, dass in Tirol jährlich 20 bis 30 Start-ups gegründet werden.“

Marcus Hofer, Geschäftsführer Startup.Tirol

 

 

Der typische Innsbrucker Gründer ist laut Marcus Hofer männlich, zwischen 20 und 30 Jahre alt und hat einen akademischen Hintergrund.“ Damit sich auch mehr Mädchen und Frauen trauen, Geschäftsideen zu verwirklichen, gibt es Veranstaltungsreihen wie FoundHer.

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Eine rosarote Brille nützt niemandem, auch das Scheitern ist bei Start-up-Beratungen immer wieder Thema. Es brauche eine Kultur des Scheiterns, wichtig sei es, aus Fehlschlägen zu lernen, sagt Marcus. Am 21. Mai wird er auf jeden Fall gespannt vor dem Fernseher sitzen.