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sterreicher machen bessere Popmusik als Deutsche“, tönte es letzten Herbst aus der Musikredaktion der „Süddeutschen Zeitung“. Gemeint war damit die Band Bilderbuch. Und ja, die vier Jungs aus Oberösterreich werden immer erfolgreicher, sämtliche Konzerte ihrer aktuellen Österreich-Tournee sind ausverkauft. 6020 stellt fest, dass man zu ihrem Sound wunderbar twerken UND headbangen kann. Lieben muss man die frechen Beckenverdrecker (Textzitat aus „Plansch“) aber vor allem für ihren Schmäh. Womit auch Bilderbuch-Gitarrist Michael Krammer im Interview nicht knausert.
„Was man zu Songs wie ‚Spliff‘ sonst so machen kann, das wissen die Kinder schon selbst.“
Was seid ihr von Beruf? Lebt ihr jetzt das klassische Rock’n’Roll-Leben inklusive Verwüstung von Hotelzimmern? Michael Krammer: Von Beruf sind wir Bilderbuch! Und das mit dem Hotelzimmer-Klischee ist immer so eine Sache: Wir geben uns Mühe, unserem unstillbaren Drang nach Zerstörung nicht allzu viel Freiraum zu lassen, aber letzten Festival-Sommer haben wir schon mal den einen oder anderen Zahnstocher mitgehen lassen. Darf ich vorstellen: Bilderbuch, die gefährlichste Band Österreichs.
Bitte sagt uns, dass ihr euren Song „Maschin“ immer noch gerne spielt ... Klar, ist doch ein super Song. Es ist jetzt nicht so, dass wir den Hals davon nicht voll kriegen können und deshalb nebenbei noch in diversen Bilderbuch-Coverbands spielen, um unseren enormen „Maschin“-Durst zu stillen, aber wir spielen jedes unserer Babys unglaublich gerne. Wenn wir zum Beispiel vor Leuten auftreten, die die Songs zum ersten Mal live hören und deshalb dann mega-happy sind, dann sind wir das auch.
Euch gibt es ja schon länger als Band, der große Erfolg kam erst nach zehn Jahren Bandgeschichte mit der „Feinste Seide EP“ 2013 – was war der Schlüssel zum Erfolg? Der gelbe Lamborghini im „Maschin“-Video? Der größte Erfolg ist es, nach zehn Jahren immer noch Musik machen zu dürfen und immer noch nicht annähernd das Gefühl zu haben, alles gesagt zu haben. Ja klar, wir haben aus der Vergangenheit gelernt und mit „Feinste Seide“ angefangen, eigentlich total offensichtliche Kleinigkeiten richtig zu machen, wie etwa einen „Sommersong“ nicht im Winter, sondern im Sommer zu veröffentlichen. Und dass wir in die starke Farblichkeit und den gewissen Look reingekippt sind, das ist sehr offensichtlich, wenn man sich unsere Videos ansieht. Der Schlüssel zum Erfolg ist es aber, sich zu befreien und nicht an so etwas wie Erfolg zu denken, das hat noch keinem etwas gebracht.
Was waren eure Erfahrungen beim Eurosonic Festival? Das soll ja eine regelrechte Börse für Festivalbands sein. Da wir nur für einen Tag in Gröningen waren, haben wir natürlich nicht die volle Bandbreite des Festivals mitbekommen. Aber dort spielen ja anscheinend wirklich 400 Bands in drei Tagen und das Publikum besteht gefühlt zu 90 Prozent aus Bookern, Veranstaltern und sonstigen Businessleuten. Da kann man sich auf der Bühne auch schon mal fühlen wie ein auktionierter Ochse auf dem Viehmarkt.
Beschreibt euer neues Album – bei welcher Tätigkeit sollte man die Songs unbedingt hören? Bei welcher auf keinen Fall? Bis jetzt war meine persönliche Erwartungshaltung unseren Songs gegenüber fast immer gleich und relativ simpel: Wenn ich mit dem KIA meiner Mama ein paar Kilometer die Autostrada runterbrettere, und die Songs funktionieren auf der Anlage da drin, dann haben wir es geschafft und die Brötchen können aus dem Ofen. Also mein Hörtipp: Rein ins Autoradio mit der Scheibe. Und was man zu Songs wie „Spliff“ sonst so machen kann, das wissen die Kinder auch schon selbst.
Wie entstehen eure Songs? Zuerst Text oder Melodie? Gruppenarbeit? Das ist bei jedem Song anders. Manchmal kommt Maurice mit einem starken Wort und ein paar Akkorden und auf dessen Feeling bauen wir dann den Rest drumherum auf – wie bei „Plansch“. Ein andermal kommt Pille mit einem fertigen Beat und wir schreiben darauf dann den Song, wie bei „Spliff“. Beim nächsten Mal komme ich mit einem Gitarren-Loop um die Ecke, werfe das in die Runde und daraus wir dann „OM“. Und beim übernächsten Mal macht Peter gleich alles auf einmal und das Album ist fertig. Aber grundsätzlich kann man sagen, wir nehmen uns den Luxus und schnüren uns kein Korsett, was unsere Arbeitsweise angeht.
Bilderbuch spielen am 11. März im Weekender Club.
Das Konzert ist seit Wochen restlos ausverkauft, 6020 verlost noch zwei Konzertkarten auf Facebook – watch out! Das neue Album „Schick Schock“ ist seit 27. Feber im Handel erhältlich.
Und welche Situationen inspirieren euch? Wir haben im Laufe des letzten Jahres, wenn wir gerade nicht am Produzieren waren, immer wieder mal kurz die Playstation angeworfen. Gespielt haben wir allerdings nur ein Spiel: „Sonic & All-Stars Racing Transformed“. Das ist der Wahnsinn. Inspirierend kann also theoretisch alles sein, oder auch nichts, das hängt von sehr vielen Faktoren ab.
Euer Sänger Maurice ist laut „GQ“ der „Best Dressed Man“ von Österreich. Wie fühlt er sich wohl dabei, offiziell besser gekleidet zu sein als Sebastian Kurz auf Platz 5? Eigentlich müsste ja ich auf Nummer 1 der besagten Liste stehen, ich meine mal ehrlich, das ist doch offensichtlich, oder? Wahrscheinlich hat Maurice die bestechen müssen, denn ansonsten wär er höchstens auf Platz 2 gelandet. Natürlich ein Scherz, er sieht blendend aus. Aber egal, gut fühlen tun wir uns ohnehin, dazu brauchen wir keine oberflächlichen Lobeshymnen.
Vielen Dank für das Gespräch.