Wir empfehlen
MÄRZ 2015

Gestatten, Rampensau

6020 stellt Musiker aus Innsbruck vor. Diesmal: die Band BUG.

B

UG (oder wie sich die Band auf Facebook und ihrer Website betitelt: „BUGBUAM“) sind eine Innsbrucker Szene-Institution. Nachdem Nirvana in den 1990ern mit ihrer Version von dreckigem und rohem Gitarrensound das Label Grunge geprägt und einer ganzen Generation von Jugendlichen eine Identifikationsofferte in Zukunftsverlust und „Angry White Man“ geboten hatte, kamen in ihrem Windschatten andere Gitarrenbands daher, die aber nie Nirvanas Popularität erlangten – und doch die Sound­ästhetik des Undergrounds der 1990er maßgeblich mitformten.
Man kann viele dieser Bands, wie zum Beispiel Sonic Youth, Jesus Lizard, Unsane, mit dem Begriff Noise-Rock unzureichend benennen. BUG sind am ehesten hier zu verorten – tatsächlich gibt es die Innsbrucker Band auch schon seit 1998. Aus einer anderen Band mit dem nicht so prickelnden Namen „Out of Order“ heraus entstanden, machen die Jungs kompromisslosen, technisch versierten Unrein-Rock. 

Die Einflüsse.

Was BUG aber so spannend und gleichzeitig – im besten Sinne – chaotisch macht, ist der riesige Pool an Einflüssen, aus dem sie sich bedienen. Da wird die Doom-Gitarre in ihrer schleppenden Lavahaftigkeit à la Neurosis angeeignet, aller Machohaftigkeit endkleidete Post-Hardcore-Brachialität trifft auf klassische Heavy-Metal-Gitarrensolis. BUG machen kein Easy Listening, es ist durchaus anstrengende Musik, die einem auf Platte daheim im Zimmerchen einiges abverlangt: Rhythmuswechsel am laufenden Band und gesanglich variantenreich. Straightness ist was anderes. Ohne die Qualität ihrer Tonträger schmälern zu wollen, liegt die wahre Bestimmung der Band in den Liveauftritten.  
Sänger Marco ist das, was man eine Rampensau nennt – und das ist fast noch untertrieben. Ein Hardcore-Schamane, der sich wie in Extase in jedem Song verliert, ein Shouter, nahe an der Epilepsie, nimmt er jede Location von hinten bis vorne in Anspruch. Dem Publikum wird ins Gesicht geschrien, dazu kathartische Bewegungen, bis der Schweiß in Bächen rinnt. That’s Entertainment! Wenn die Band auch noch so vertrackt spielt, Marco hält das Geschehen zusammen. Pfeift der Kessel dann so richtig, begibt er sich mitten in die Crowd, wo er sich – so scheint es – lieber aufhält als auf der Bühne. Nach einem Konzert ist man alleine vom Zusehen geschafft.

„Manische Musikhörer sind wir bestimmt nicht, wenn einer ziemlich am Puls ist, dann Marco. Er bringt den Wahnsinn in unseren Sound.“

Mit Humor.

Da es BUG schon so lange gibt, liegt die Frage auf der Hand, ob sich denn der Sound in dieser Zeit verändert hat. Olli dazu: „Wir haben einen Song, den wir selten spielen, der heißt ‚Long term none-progressor‘ – das passt. Im Grunde genommen hat sich nicht wahnsinnig viel verändert für diese lange Zeit, in der es uns schon gibt. Am Anfang haben wir halt noch nicht so gut spielen können. Das können wir zwar heute auch noch nicht perfekt, aber wir haben uns entwickelt.“

// 

Ich erkläre den Jungs, dass ich das letzte BUG-Album für hervorragend abgemischt und sehr gut eingespielt halte. Ein kleiner Kritikpunkt wäre, dass einfach zu viel gemacht wird, der Hörer fast erschlagen wird vor lauter spielerischem Wahnsinn. Man muss das Ding vermutlich 1.000 Mal hören, um alles mitnehmen zu können. Pete antwortet darauf: „Das ist für mich aber ein Kompliment!“ Olli: „Das ist irgendwie unser Fluch, wir passen uns in keinster Weise an.“ Und Tinti ergänzt lachend: „Wir versuchen bei jedem Song, den wir machen, irgendwie einen Hit zu fabrizieren, mit klarem Groove, klarer Melodie, die ins Ohr geht, die Singleformat hat – aber es kommt dann immer was ganz anderes raus.“