Lage.
In bester Bögen-Lage, zwischen Pizza Mann und Project, in der Ingenieur-Etzel-Straße 22, liegt das Babalon. Auf schwarz-gelb getünchten Mauern steht neben der Glasfront, die schon von außen Einblick gewährt, auf Weiß gestanzt sein Name. Vom Gesichtsausdruck der antik anmutenden Steinmaske darüber sollte man sich nicht abschrecken lassen.
Charakter.
„Ein Lokal ist in erster Linie ein gesellschaftlicher Schmelzpunkt“, sagt Babalon-Gründer und Chef Werner Nicolussi, langjährigen Bögen-Gängern bekannt als Nico. Sein Anspruch sei von Anfang an gewesen, eine so breite gesellschaftliche Heterogenität wie möglich unter einem Dach zu versammeln. Aber: „Ich mag das Wort ‚alternativ‘ nicht, weil es in den meisten Fällen ja nur kulturellen Anspruch meint.“
Madonna!
Kaum jemand, der das Babalon kennt, assoziiert damit nicht seinen ungewöhnlichen Mittelpunkt: Woher kommt denn nun die lebensgroße Marienstatue, die im Gastraum thront und mit gnädigem Blick über das Geschehen wacht? „Als ich damals auf der Suche nach Einrichtung für mein neues Lokal war, bin ich zufällig mit einem Bekannten in die ,Grödner Kunststube‘ in der Sillgasse gekommen. Als ich die vielen Heiligenfiguren gesehen habe, dachte ich mir ,Das müsste man sich trauen!‘ und habe spontan eine bestellt“, erinnert sich Nicolussi. Dass er damit auch provoziere, sei ihm klar gewesen, die Gäste hätten in all der Zeit aber großteils positiv reagiert, manche seien sogar eigens wegen der Figur gekommen. „Etwas skurril war, als über Jahre einmal wöchentlich die Mitglieder eines Marienzirkels der Dreiheiligenkirche ins Lokal kamen, um der Heiligen Maria Blumen zu bringen.
Wir haben sie halt eingefrischt und auf ihren Wunsch hin zu Füßen der Figur gelegt“, erzählt Nicolussi. Übrigens hat noch nie jemand versucht, das gute Stück zu stehlen – es komme nur regelmäßig zu „Verschönerungen“ wie einer neuen Farbe auf den hölzernen Fußnägeln.
Musik.
Das letzte Wort bei der Musikauswahl hat seit jeher der Chef selbst, die von ihm gestalteten Playlisten werden nach der Stimmung, die er und seine Mitarbeiter im Lokal wahrnehmen, ausgewählt. Von Jazz über Lounge bis hin zu Rock und Pop der 1980er-Jahre kriegt man alles zu hören, was „breit gefällig und trotzdem nicht zu seicht“ sei.
Geschichte.
Ein alter Hase unter den Bogen-Lokalen, aber gerade erst aus dem Teenie-Alter heraus: Ende Mai 1998 wurde es eröffnet, vorher hatte Nicolussi im selben Bogen kurzzeitig ein Lokal namens Klappe geführt, davor befand sich darin ein Küchenstudio.
Nach einer bewegten Zeit als Barkeeper im Filou, mit dem ersten eigenen Lokal namens Sound in Pradl und ein paar Jahren in Berlin und New York zog es den gebürtigen Wiltener Nicolussi wieder zurück nach Innsbruck, wo er durch die Mitgestaltung der heutigen Bogenmeile einen Nerv traf. Damals sei das noch nicht absehbar gewesen – die wenig zentrale Lage wurde eher als Herausforderung denn als Vorteil gesehen. Nicolussi: „Das Babalon ist nicht in eine bestehende Szene eingetreten, sondern integraler Bestandteil der Entstehungsgeschichte.“
//Und woher kommt der Name? Als Teil der „Späthippie-Generation“ hatte sich Nicolussi auch mit dem Tarot-Karten-System des okkulten Schriftstellers Aleister Crowley beschäftigt, der bestimmte Buchstaben mit Zahlenmystik verbindet: So sei er auf Ba-ba-lon gestoßen. „Mir gefällt aber mittlerweile auch die Interpretation ,Babylon‘, die weibliche Figur aus dem Alten Testament, die als Hure und gleichzeitig Heilige polarisiert.“
Publikum.
Künstler, Schriftsteller, Cineasten, Studenten – vielleicht kann man die Gäste im Babalon allgemein als „Leute mit kulturellem Anspruch“ bezeichnen. Auffallend sind die Stammgäste, die man dort jahrelang fast täglich am selben Platz antrifft: zum Beispiel einen Schriftsteller, der dort am frühen Abend sein Tagwerk vollendet.
Karte.
Auch wenn es auf Wunsch mittlerweile das Kleinformat zum Durchblättern gibt: Die offizielle Karte des Babalons ist eine große Tafel über der Bar und hat definitiv Kultfaktor. Mit Kreide beschriftet hat sie der Chef vor Jahren höchstpersönlich, peinlich genau in Schönschrift, mit fünf Zentimetern Höhe pro Buchstabe. Die Preise passen auch: Ein großes Bier (Fohrenburger) gibt’s um 3,40 Euro. Wen der Hunger ereilt, dem sei der Toast angeraten: Da es der einzige angebotene Imbiss ist, achtet das Team darauf, dass er auch zu später Stunde perfekt gelingt. Schinken und Käse stammen vom Hörtnagl in Pradl, dazu gibt’s eine Essiggurke, die auch schon fast legendär ist.
Erfolgsgeheimnis.
Abgesehen von saisonspezifischen Höhen (rund um Weihnachten) und Tiefen (Frühsommer) läuft das Babalon konstant gut. Das Erfolgs-geheimnis eines Lokals könne man nie genau definieren, findet Nicolussi. Nötige Grundvoraussetzungen seien Beharrlichkeit, Entschlossenheit und Authentizität. Auch wenn Nicolussi das Wort nicht mag. Für die Stammgäste ist das Babalon ein Lokal, das viele Nischen ausfüllt: Inmitten vom Bogen-Remmidemmi ist es oft die ruhige Insel, auf der man sich trotz Musik noch unterhalten kann. Als Café/Bar funktioniert es am späten Nachmitttag genauso wie am Abend und hat im Gegensatz zu vielen anderen Lokalen der Meile schon ab 18 Uhr geöffnet, sogar sonntags. Sympathisch ist auch, dass es dort auch spät noch den Toast mit elektrolytehaltiger Gurke gibt und dass der Alkohol kein Billigfusel ist. Und: dass es keine Türsteher in Polizei-Manier gibt. Am Ende liegt es wohl – wieder mal – am Gesamtpaket, das es so nur einmal in Innsbruck gibt.
„Etwas skurril war, als Mitglieder eines Marienzirkels kamen, um der Heiligen Maria Blumen zu bringen.“
Werner Nicolussi
Öffnungszeiten
Von Dienstag bis Sonntag von 18 bis 4 Uhr
Das gibt’s nur im Babalon:
- den allerbesten Erdbeer-Daiquiri
- Schinken-Käse- oder Käse-Toast mit Hot Ketchup, Mayonnaise und großer Essiggurke zu jeder Uhrzeit
- die Gnade der Heiligen Maria, selbst im ärgsten Vollrausch