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JÄNNER 2019

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Das Gedenkjahr zu Ehren Maximilians I. bringt nicht nur zahlreiche Veranstaltungen mit sich, es erweckt ihn sogar zum Leben. Ob Lichtshow, Social-Media-Profil oder saftiger Burger: Max ist nun überall.

Fotos: Axel Springer, Land Tirol

„Als Tiroler wächst man mit der Geschichte von Maximilian an der Martinswand auf.“

Isabelle Brandauer
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er Kopf, die Haare und der Hut sind geblieben, wie Albrecht Dürer sie in seinem berühmten Porträt gemalt hat. Seine Augen blicken nun aber auf das Display eines Smart­phones. Heute hat er sich gegen eine Krawatte entschieden. Der Kaiser gibt sich auf dem Plakat sichtlich leger. Sein Coffee to go und seine überkreuzten Beine sagen: „Ich bin busy, hab aber alles unter Kontrolle.“ Willkommen im Maximilian-Gedenkjahr 2019.

Schon 500 Jahre ist es her ...

Kaiser Maximilian I. hat Tirol und Innsbruck entscheidend geprägt, keine Frage: Einige bedeutende Bauwerke (Goldenes Dachl, Zeughaus, Festung Kufstein etc.) würden ohne ihn nicht stehen, viele Gebiete (Lienz, Kufstein, Rattenberg und Kitzbühel) nicht zum Land gehören. Durch die Förderung humanistischer Werte kann er auch als einer der ersten Europäer (im Geiste) gesehen werden. Tirol lag ihm sehr am Herzen, besonders Innsbruck.

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Land und Stadt bemühen sich daher, 2019 zum unvergesslichen Maximilianjahr zu machen.

„Als Tiroler wächst man mit der Geschichte an der Martinswand auf, und das Goldene Dachl sowie die Schwarzmanderkirche besucht jeder Volksschüler“, sagt Isabelle Brandauer, Koordinatorin des Gedenkjahres. „Wenn sich sein Todestag zum 500. Mal jährt, haben wir daher die Pflicht, an ihn zu erinnern.“

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Dass Herrscherfiguren in diesem Zusammenhang auch problematisch sein können, weiß der Medien- und Literaturwissenschaftler Dirk Rose von der Uni Innsbruck: „Ehemalige Herrscher haben immer auch Schattenseiten, die nicht in den Vordergrund geraten sollen. Deswegen entscheidet man sich oft, den Todestag zu nutzen, da man über Tote bekanntlich nichts Schlechtes sagen soll.“ Auch der Historiker und Maximilianexperte Heinz Noflatscher schließt sich dem an: „Jubiläen sollte man als teilnehmender Historiker wohl immer auch skeptisch sehen, da sie die Deutung der Vergangenheit erschweren.“ Brandauer (ebenfalls Historikerin) sieht die Kritik aber keinesfalls negativ: „Ich glaube, dass uns kritische Stimmen weiterbringen und den Dialog, den wir damit anstoßen wollen, fördern.“

Kaisermax 6020 A231 1901 Aufderbank

SELFIE-TIME. In der Innsbruck-Info kann man Selfies mit einer (etwas angsteinflößenden) Max-Puppe machen. Zu gewinnen gibt es eine Ausbildung beim Make-up-Artist, der sie gestaltet hat.

„Jubiläen sollte man als teilnehmender Historiker wohl immer auch skeptisch sehen.“

Heinz Noflatscher

Altes und Neues, neu angestrichen.

Ein Beschluss der Tiroler Landesregierung vom April 2017 legte fest, dass das Gedenkjahr 2019 auf Familien und Jugendliche ausgerichtet wird und ein einfacher Zugang zur Geschichte ermöglicht werden soll. Seither sind sowohl neue Veranstaltungen entstanden als auch bereits bestehende in den Dienst der Erinnerung an Kaiser Maximilian getreten: Beim traditionellen Neujahrskonzert wird beispielsweise ein Werk von Heinrich Isaac, Maximilians Hofkomponisten, zu hören sein. Die Lichtshow in der Hofburg, die im ganzen Land beworben wird, ist hingegen nur zum Zwecke des Gedenkjahrs entstanden. Insgesamt sind 130 Veranstaltungen im Zeichen des vor 500 Jahren verstorbenen Herrschers geplant, die meisten davon in Tirol.

ÜBERALL MAX. Das Gedenkjahr macht sich längst im gesamten Innsbrucker Stadtgebiet bemerkbar.

Max, der Heiratswillige 

Ob sich Frauen wirklich von der Risikofreude von Kaiser Maximilian I. angezogen fühlten, werden wir wohl nie erfahren, da Hochzeiten zu Zeiten Maximilians Ausmachungssache waren. Sein Leben begleitete aber die eine oder andere Heiratsgeschichte, die hier auf keinen Fall unerwähnt bleiben darf.

Mama und Papa auf Tinder.
Die Ehen Maximilians, seiner Kinder, Enkel und Enkelinnen waren vereinbart. Etwas anders noch bei seinem Vater Friedrich III., da dessen Eltern bereits verstorben waren. Er ließ sich ein Porträt von Eleonore von Portugal, der späteren Mutter des Kaisers, schicken, um sich schon einmal auf die Hochzeit einzustimmen. Aus dieser Verbindung sollte der kleine Max entstehen.

Der schöne Polheim und sein Bein.
Hochzeiten bedeuten nicht erst seit kurzem Stress: Auch Max ging deshalb nicht immer persönlich hin, schickte aber 1490 seinen guten Freund Polheim (den schönen Polheim) zur Hochzeit mit Anna, der Erbin der Bretagne. Dieser gab in Vertretung nicht nur das Ja-Wort, sondern musste ein Bein von der Rüstung entblößen und mit dem Knie die im Bett liegende Braut berühren. Die Heirat wurde dennoch aufgelöst: und nicht nur das: Sein Erzfeind Karl VIII. nahm Anna zur Frau, und nicht, wie eigentlich vereinbart, Max‘ Tochter Margarete.

Sonst mach ich’s halt.
Als Maximilian 1515 die zweite Doppelhochzeit fixierte, konnte er nicht sagen, wer von seinen zwei Enkeln später wen heiraten und das Bündnis mit dem polnischen Adelsgeschlecht (den Jagiellonen) stärken sollte. Diese waren in Aufregung, bis Max wieder alles in die Hand nahm und sich vorläufig selbst mit Anna von Ungarn und Böhmen verlobte. Das beruhigte sie, und es wurde gefeiert. Später sollte sein Enkel Ferdinand Anna zur Frau nehmen.

 

DIE VORLAGE. Albrecht Dürer hat das berühmte Porträt von Kaiser Maximilian I. gemalt. Haare und Hut sind auch in der Werbekampagne 2019 zu erkennen. © Albrecht Dürer, Kunsthistorisches Museum Wien

Den kenn ich von Instagram.

Nun ist der Kaiser Influencer geworden und hat ein eigenes Facebook- und Instagramprofil.

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Medienwissenschaftler Rose erklärt, dass diese Form der Personalisierung bei Gedenkveranstaltungen durchaus üblich ist: „Die Geschichte wird hier durch eine Person greifbarer gemacht, und Maximilian I. bietet sich wirklich an: Er kann als Identifikationsfigur gesehen werden, und ist zudem ein Herrscher mit europäischer Ausstrahlung.“ Viele haben von Kaiser Maximilian schon gehört, doch nur wenige wüssten über ihn genauer Bescheid, daher sei zunächst einmal Popularisierung nötig: „Aktionen wie die Selfie-Bank oder der Max-Burger dienen dazu, einen Bezug zum Thema herzustellen und es populär zu machen.“

Nun ist der Kaiser Influencer geworden und hat ein eigenes Facebook- und Instagramprofil.

Früher war nicht alles besser.

Die Erinnerung an den Kaiser ist natürlich berechtigt. Dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass er seine Macht nicht nur für Gutes eingesetzt hat: Im Jahr 1515 gab er etwa 70 Prozent des Tiroler Landesbudgets für einen offensiven Krieg gegen Venedig aus. Die österreichischen Länder ließ er mit sechs Millionen Gulden Schulden zurück und rühmte sich damit, ein Hasardeur (Risikofreund) zu sein. Nichtsdestotrotz formte und prägte Maximilian I. Tirol und verlieh Innsbruck nicht nur das Aussehen, sondern auch Ansehen.

Viele der Events zeigen, dass Tirol heute kulturell vielseitig aufgestellt ist und große Veranstaltungen stemmen kann. Ob bei einem so komplizierten Thema ein niederschwelliger und einfacher Zugang zum Erfolg führt – und in welcher Form –, wird die Zukunft zeigen. Ob der Kaiser im Laufe des Jahres wohl die Vong-Sprache lernt und Instastorys postet? Es bleibt spannend.