„Kommt eine Altbauwohnung durch Airbnb über die erlaubte Miete, hätte man auch hier eine Handhabe.“
Benjamin Plach, SPÖ
er Brief hat Bürgermeister Georg Willi die Mieter der 16.000 Stadtwohnungen vor einigen Wochen noch einmal schriftlich daran erinnert, dass eine Untervermietung ihrer Wohnungen verboten ist und zur Kündigung des Vertrags führen kann. Grund für diese Initiative waren „unerfreuliche Anlassfälle“.
//Während die Politik im Falle von städtischen Wohnungen eine klare Handhabe hat, sieht das bei Kurzzeitvermietung von privaten Wohnungen anders aus. Forciert werden kann hier vor allem die Transparenz. Sprich: Man will versuchen, dass alle Vermieter tatsächlich als solche aufscheinen und die entsprechenden Steuern zahlen. Auch ein Modell mit zeitlicher Beschränkung – das es seit Kurzem in München gibt – könnte sich Bürgermeister Willi vorstellen. Eine mögliche Variante wäre, dass man zum Beispiel nur zwei Monate im Jahr untervermieten darf.
Kleine und große Stellschrauben.
Die Innsbrucker Roten würden gerne eine weitere Maßnahme sehen: Die Schaffung von Gebieten bzw. Straßenzügen, in denen nur Wohnraum und keine Unterkünfte zur Vermietung geschaffen werden dürfen – in Wien gibt es diese „Wohnzonen“ bereits.
//Potenzial sieht SPÖ-Gemeinderat Benjamin Plach auch bei Altbauwohnungen. Die meisten davon unterliegen einem Richtwertmietzins – in Tirol sind das 6,81 Euro pro Quadratmeter. „Wird in einer Altbauwohnung ein Zimmer vermietet und man kommt mit diesen Einnahmen im Jahr über die erlaubte Miete, hätte man auch hier eine Handhabe gegen die Vermieter bzw. Mieter“, sagt Plach.
//Im Gemeinderat hat er deshalb einen Antrag für eine Informationsplattform eingebracht, die über solche Regelungen informiert. Per se verbieten könne und wolle man Airbnb und andere Plattformen natürlich nicht. „Ich habe sie für einen Urlaub in Budapest auch schon selbst genutzt“, so der 25-Jährige.
Beispiel 1: Die Studenten-WG
„Airbnb bessert die Gemeinschaftskassa auf – aber man muss es mögen.“
eter* wohnt mit drei Mitbewohnern in einer Studenten-WG in einem Reihenhaus. Irgendwann kam die Idee, ein leerstehendes Zimmer über Airbnb zu vermieten. „Wir wollten es zuerst einmal ausprobieren und meldeten uns ohne große Erwartungen an. Über Nacht kamen dann gleich sechs Buchungsanfragen, eine davon wollte schon drei Tage später kommen“, erzählt er. Das war im Feber 2017. Seither war das Zimmer nur an sieben Nächten frei, was die WG-Kassa regelmäßig um 900 Euro, zu Spitzenzeiten sogar um 1.200 Euro im Monat aufbessert. Die Abwicklung, das Putzen und die Nebeneinkünfte teilen sich die vier Studenten. „In Innsbruck gehören wir zu den günstigsten Gastgebern. Wir wohnen nicht ganz zentral, haben aber einen Parkplatz. Vielleicht sind wir deshalb so gefragt“, vermutet Peter. Im Schnitt bleiben junge wie ältere Gäste höchstens zwei Nächte, viele sind auf der Durchreise.
//Die Stadtpolitik hat in letzter Zeit wiederholt darauf hingewiesen, dass Kurzzeitvermietungen den Wohnraum in Innsbruck zusätzlich verknappen und damit die Mietpreise noch weiter in die Höhe treiben würden. Was hält Peter von dieser Kritik an Airbnb? „Wir sind immer noch eine WG. Wenn in einer Wohnung nur ein Zimmer vergeben wird, finde ich das nicht problematisch.“ Wenn ganze Wohnungen ohne Erlaubnis der Eigentümer vermietet werden, falle das natürlich eher ins Gewicht. „Doch das spielt bei uns keine Rolle. Das Haus ist Familieneigentum, alle sind damit einverstanden. Ob dies auch bei anderen Hosts der Fall ist, wage ich aber zu bezweifeln.“ Sollte es seiner Ansicht nach schärfere Gesetze geben? „Nein. Was sollen die bringen? Es würde reichen, für die Einhaltung der bestehenden Regeln zu sorgen. Da würden sicher zwei Drittel der Anbieter wegfallen“, schätzt Peter. „Ich finde, die Eigentümer sollten grundsätzlich frei entscheiden dürfen, was mit ihrem Wohnraum geschieht.“
Probleme gibt's selten.
Steuerlich sei seine WG auch auf der sicheren Seite. „Unsere Einkünfte als Studenten liegen unterhalb des Grundfreibetrags, also sind keine Steuern fällig. Eine Tourismusabgabe wäre für uns aber kein Problem, die übernehmen ohnehin die Gäste.“ Diese kommen übrigens aus aller Welt: „Anfangs sind wir immer gerne mit den Leuten zusammengesessen, das war wirklich lässig. Aber auf Dauer wird’s halt trotzdem ein bisschen mühsam“, verrät der Student. In einer WG würden Besucher trotzdem kaum stören: „Irgendjemand geht da ständig ein und aus.“ Probleme gäbe es höchstens mit Gästen, die zum ersten Mal einen Geschirrspüler bedienen. „Oder unterschiedliche Vorstellungen von Hygiene haben“, sagt Peter und lacht. „Wenn ich später mit meiner Familie zusammenlebe, werde ich das nicht mehr machen“, sagt er. Und gesteht: „Ich selbst habe noch nie einen Urlaubsaufenthalt über Airbnb gebucht.“
* Name von der Redaktion geändert
„Anfangs sind wir immer gerne mit den Leuten zusammengesessen. Aber auf Dauer wird’s ein bisschen mühsam.“
Peter
Beispiel 2: der alternative Ferienapartment-Anbieter
„Unser Konzept zerstört keinen Wohnraum.“
enn Jeremias verreist, bucht er oft über Airbnb: „So lerne ich Leute kennen, kriege bessere Tipps von Insidern und der ganze Urlaub wird authentischer und spannender. Genau solche Erfahrung schätzen immer mehr Menschen“, sagt er. Die Buchungsplattform sei zudem ein wichtiger Kanal, um die Dienste seiner kürzlich mitgegründeten Firma „Das Wohnzimmer“ anzubieten: „Wir suchen alte Wohnungen, die aus verschiedenen Gründen nicht mehr regulär bewohnbar sind, bringen sie professionell, aber minimalistisch auf Vordermann und vermieten sie“, fasst er das Geschäftsmodell seiner GmbH zusammen. Und betont immer wieder, dass die betreuten Apartments sonst leer stehen würden.
//Ein weiterer Tätigkeitsbereich ist die Zwischennutzung von Wohnungen, die nicht ganzjährig besetzt sind. Etwa, weil sie einer Firma gehören, die flexible Unterkünfte für die eigene Belegschaft braucht. Oder aber einer Person, die länger verreisen will. Oder jemandem, der sich – aus welchem Grund auch immer – nicht um eine temporäre Untervermietung kümmern kann. „Es gibt viele Fälle, wo sich eine normale Vermietung mit einem dreijährigen Mietvertrag knapp nicht ausgeht“, weiß Jeremias aus Erfahrung. „Unser Konzept zerstört keinen Wohnraum, da wir nur Objekte anbieten, die ohnehin nicht verfügbar wären. Wir wollen Flächen flexibel nutzen, Leerstand wäre nämlich noch teurer.“
Die Firma bringt Wohnungen, die nicht anderweitig vermietet werden können, auf Vordermann und bietet sie bei Airbnb an.
Alle Eigentümer wissen Bescheid.
Stadtwohnungen kommen für dieses Geschäftsmodell freilich nicht in Frage. „Richtig problematisch wird’s für den Wohnraum erst, sobald sich die Leute nicht an die bestehenden Regeln halten“, sagt Jeremias, „und das tun vermutlich viele Airbnb-Gastgeber.“ Um eine Wohnung auch nur temporär unterzuvermieten, braucht man die Einwilligung aller Eigentümer im Haus. In dieser Hinsicht spielen Jeremias und seine Mitstreiter mit offenen Karten: Sie vermieten in enger Absprache mit den Eigentümern und haben die schriftliche Zusage aller beteiligten Parteien. Außerdem ist die Firma als regulärer Ferienapartment-Anbieter gemeldet und zahlt sämtliche marktüblichen Steuern, Ortstaxe inklusive.
//Schärfere Regelungen, wie etwa eine Mietbeschränkung auf acht Wochen im Jahr, würden das Aus des jungen Innsbrucker Start-ups bedeuten. Eine Ausweisung bestimmter Tourismuszonen, wie sie die Stadtpolitik angedacht hat, sieht der Firmengründer aber ebenso kritisch: „Da dürfte in bestimmten Stadtteilen plötzlich alles vermietet werden, und zwar ohne Erlaubnis der anderen Eigentümer.“ Dabei wäre eine Gesetzesänderung gar nicht notwendig, sagt Jeremias: „Wir sind für eine schärfere Einhaltung der bestehenden Regeln, die Vergehen strenger bestraft. Und dafür müssten die Politik und Airbnb enger kooperieren.“ Er glaubt nicht, dass die Wohnungsplattform mit der hiesigen Hotellerie ernsthaft konkurrieren kann: „Airbnb spricht ganz spezielle Gäste aus allen Altersgruppen an, die gar nicht in ein Hotel möchten. Warum soll diese Form des Austausches nicht möglich sein, sofern alle Beteiligten damit einverstanden sind?“
Airbnb in Innsbruck – Zahlen, Daten, Fakten
ür die Buchung eines zweitägigen Trips für zwei Personen nach Innsbruck waren bei unserer Recherche Ende Jänner über 300 Unterkünfte in Innsbruck verfügbar. Nebenbei weist die Buchungsplattform auf bereits vermietete Unterkünfte im selben Zeitraum hin. So wurde uns mitgeteilt, dass „40 % der Unterkünfte in Innsbruck für deine Reisedaten und Gäste bereits gebucht wurden“. Ob dies der Wahrheit entspricht oder nur ein Werbetrick à la „Gerade verpasst“ auf Booking.com ist, kann freilich niemand nachprüfen. Jene Studie, die Bürgermeister Georg Willi zuletzt zitiert hat, ging von über 1.500 verfügbaren Betten in Innsbruck zu Silvester aus. Die Angebotspalette reicht vom Privatzimmer für ein oder zwei Personen in einer Wohngemeinschaft bis hin zu Chalets und ganzen Wohnungen für mehrere Gäste.
Die teuersten Unterkünfte,
die in Innsbruck angeboten werden, sind Apartments und Häuser, die bis zu 400 Euro pro Nacht kosten – hier haben allerdings oft sechs bis zehn Personen Platz.
Die günstigsten Varianten
sind Betten in WGs ab ca. 15 Euro pro Nacht und Person. Genauere Angaben zu den Durchschnittspreisen sind schwer zu ermitteln, da auch diese je nach Saison und Verfügbarkeit variieren kann.
Unter den Angeboten sind auch „klassische“ Unterkünfte
in Hotels oder Ferienapartments zu finden, da auch diese Airbnb als Vertriebsschiene nutzen. Im Normalfall sind sie aber regulär bei den TVB registriert, zahlen die erforderlichen Abgaben, Steuern etc. Die Buchungsplattform verlangt aber die Einhaltung bestimmter Qualitätskriterien: Die Unterkünfte sollten sich im Idealfall als „einzigartig“ hervortun, lokale Spezialitäten, persönliche Gastfreundschaft und Insidertipps anbieten. Eigentlich Dinge, die Tourismusprofis ohnehin draufhaben.
Unter dem Punkt „Responsible Hosting“
gibt Airbnb Infos für den verantwortungsbewussten Umgang mit den Gästen, den Nachbarn und den allgemeinen, lokalen Vorschriften. Dazu gehören auch Nächtigungsabgaben und Co. sowie der Hinweis auf die Meldepflicht, die auch für Privatpersonen gilt, sobald sie Zimmer oder Wohnungen vermieten, egal wie oft.