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DEZEMBER 2016

Hobbywood statt Hollywood

Tausende Arbeitsstunden haben sich ausgezahlt: Die Tiroler Low-Budget-Komödie „Burnout“ war ein Kinoerfolg. Wer steckt hinter dem Überraschungshit und wie geht es nach dem „Burnout“ weiter?

Fotos: Franz Oss, Marco Mosmann

BURNOUT – DER FILM

 

Die drei vollkommen unterschiedlichen Hauptcharaktere des Films sind jeweils an einem Punkt in ihrem Leben angelangt,
an welchem sie den Anforderungen
ihres Alltags nur mehr schwer gewachsen
zu sein scheinen. 

 

Der gutmütige und leichtgläubige Paul steht plötzlich vor den Trümmern seiner Ehe, Stefan verliert seinen Job und Thomas streitet mit seiner Frau, da er sich ständig in seine Arbeit als Architekt flüchtet. 

 

Auf unterschiedlichen Wegen gelangen alle drei zu demselben Lebensberater – einem schrillen, jedoch nicht leicht durchschaubaren Esoteriker, der zwischen Schwindel und Überzeugung ein zweifelhaftes Geschäft betreibt. Mit seinen verordneten "Therapien" nimmt das Chaos seinen Lauf.

A

m Anfang steht die Krise: „Burnout“ erzählt die Geschichte von drei Männern, die verzweifelt Hilfe bei einem skurrilen Lebensberater suchen. Eine Komödie im Tiroler Dialekt, mit wenig Budget, aber viel Herzblut: 150 Personen waren an dem Film beteiligt, alle unentgeltlich in ihrer Freizeit und zum Teil mit tausenden Stunden Einsatz. Im Zeitraum von eineinhalb Jahren wurde an 30 Tagen gedreht und das an ungefähr 30 unterschiedlichen Locations in Tirol, außerdem im kroatischen Medulin sowie am Gardasee und in Bibione. Auch Tiroler Promis haben im Film Kurzauftritte: Gregor Schlierenzauer spielt einen gewieften Sportartikelverkäufer, Franz Posch einen schrulligen Esoteriker und Alexander Fankhauser, wenig überraschend, einen überdrehten Fernsehkoch.

2.000 Kinobesucher.

Ende Oktober hat der Film im Innsbrucker Metropol Kino vor 450 Besuchern Premiere gefeiert. Aufgrund des Erfolgs wurde die Laufzeit von wenigen Tagen auf drei Wochen verlängert. Auch in Kinos in Imst und in Kufstein wurde der Film mehrfach gezeigt. Insgesamt zählt „Burnout“ um die 2.000 Besucher. Die Hauptdarsteller sind vier Freunde, die auch für Drehbuch, Regie und Filmmusik verantwortlich sind: Johannes Schmid, Martin Anton Schmid, Mario Prantl und Florian Jäger.

 

6020:

Die verlängerte Laufzeit im Metropol Kino zeigt, dass euer Film beim Innsbrucker Publikum gut angekommen ist. Wie geht’s jetzt weiter?
Martin Anton Schmid:
Wir freuen uns sehr über die Aufmerksamkeit und den kleinen Hype, den wir in Innsbruck ausgelöst haben – unsere Erwartungen wurden definitiv übertroffen. Auf unserer Homepage ist jetzt der DVD-Verkauf angelaufen. Wir würden unseren Film gern auch in Kinos in Südtirol und Bayern zeigen, möglicherweise auch bei Filmfestivals oder im Fernsehen. Wir strecken gerade unsere Fühler aus. Die Kosten des Films sind aufgrund des Erfolgs so gut wie gedeckt. Alles, was wir zusätzlich einnehmen sollten, stecken wir voraussichtlich in unser nächstes Filmprojekt.

Johannes Schmid: Was das genau sein wird, ist noch unklar, wir überlegen und diskutieren gerade. Manche wünschen sich eine Fortsetzung von „Burnout“. Mal schauen! 

 

Beruflich habt ihr mit dem Filmgeschäft gar nichts am Hut, ist das richtig?
Martin Anton Schmid: Genau, ich bin Professor am Konservatorium, mein Bruder Johannes ist MCI-Dozent, Mario ist HTL-Professor und Florian Geschäftsführer einer Gebäudereinigungsfirma.

Florian Jäger: Die anderen drei hatten ja schon Erfahrung in puncto Schauspielerei, ich gar nicht und deswegen war vermutlich einer der meist gehörten Sätze, den ich von Freunden nach dem Kinobesuch gehört habe: „Dass du das kannst, hätten wir uns nicht gedacht.“

 

Bleiben wir gleich bei den Reaktionen der Kinobesucher, wie sind diese ausgefallen?
Florian Jäger: Wir haben uns gedacht, dass unser Humor und der starke Tiroler Dialekt wahrscheinlich einigen ein bisschen zu heftig sein wird. Deswegen sind wir umso erfreuter, dass wir durchwegs positive Kritiken und viel Lob bekommen haben. Damit hätten wir in dem Ausmaß gar nicht gerechnet.

Johannes Schmid: Wenn man von Fremden erkannt wird, ist das natürlich irre. Beim Weggehen in Innsbruck, in der Coffee Bar, ist vor kurzem ein wildfremder Mann zu mir hergekommen und hat gemeint: „Sauf, sonst schmier’ ich dir eine.“ Das ist ein prägnanter Satz von mir im Film und im Trailer.

 

Ihr seid fast alle Lehrer und im Film sieht man jeden von euch auch mal von hinten nackt – wie sind da die Reaktionen?
Es ist ja nicht üblich, dass man die blanke Hinterseite seines Lehrers auf der Kinoleinwand sieht.

Mario Prantl: Die Reaktionen sind durchwegs positiv. Meine Schüler lassen sich von mir die „Burnout“-DVDs signieren und ab und zu rufen sie mir in der Pause sogar den ein oder anderen Satz von meiner Rolle zu. Auch einige Lehrerkollegen haben den Film gesehen und sich positiv geäußert.

Johannes Schmid: Auch bei mir gibt’s in der Arbeit kein Problem. Ein MCI-Student hat mich vor kurzem lediglich etwas verschüchtert gefragt, ob ich im echten Leben auch so viel schimpfe. Das habe ich sehr lustig gefunden. Im Film spiele ich ja wirklich einen ziemlich zachen Proleten.

 

Die Macher:


Regie: Johannes Schmid

Musik: Martin Anton Schmid

Drehbuch: Johannes Schmid, Martin Anton Schmid, Mario Prantl

Kamera: Philipp Umek, Stefan Jungreithmaier

Produktion: Johannes Sporer

Schnitt: Mani Moghaddam

Verleih: five season cinema

 

Besetzung:

 

Florian Jäger: Paul Ehrenberger

Mario Prantl: Thomas Sterz

Johannes Schmid: Stefan Köll

Martin Anton Schmid: Meister Kiatsu

 

www.burnout-derfilm.at

 

 

Wie schwer war es für euch, mit kaum Budget in Tirol einen Film zu drehen? Immerhin hattet ihr allein in Tirol 30 verschiedene Drehorte.
Martin Anton Schmid:
Wir sind begeistert, dass uns so geholfen wurde. Wir durften am Rollfeld vom Flughafen Innsbruck, in einem Privatjet, in der Maria-Theresien-Straße, in Hotels, im Rapoldipark und noch an diversen anderen Orten drehen. Anfangs gab es zwar immer eine leichte Skepsis und die Frage: „Ihr seid Amateurfilmer, dreht ihr einen Porno?“ Wenn wir das ordnungsgemäß verneint haben, wurde uns immer mit Begeisterung geholfen.

Florian Jäger: Eine kurze Sexszene haben wir tatsächlich gedreht, aber das war im Ausland und die Hotelbesitzerin wird es wahrscheinlich nie erfahren. (lacht)

 

Vielen Dank für das Gespräch.