hre, wem Ehre gebührt? Gäbe es nicht den Slogan der AgrarMarkt Austria, würde der Begriff wohl im öffentlichen Abseits einer historisch-politischen Korrektheit verstauben. Allerdings mit dem starken Land-Stadt- und dadurch West-Ost-Gefälle, der diesem Comment eigen ist. Nun wirkt der Wiener zwar kaum weniger auf Auszeichnung erpicht, doch je Älpler, desto mehr sagt einer auch „Bei meiner Ehr‘“. Das fügt sich gut in eine Region, wo „Dem Land Tirol die Treue“ zur (un)heimlichen Zweithymne neben „Zu Mantua in Banden“ gerät. Diese Selbstdefinition verdichtet sich selten so intensiv wie am 15. August, wenn die römisch-katholische Kirche ihr Hochfest Mariä Aufnahme in den Himmel begeht.
Landesfeiertag seit 58 Jahren.
Dass dies seit 1959 auch ein Landesfeiertag ist, hat aber mehr noch eine säkulare Ursache – das Gedenken an die dritte Bergiselschlacht von 1809. Die war zwar schon am 13. August, aber wenn schon nicht näher, mein Gott, zu dir, dann wenigstens zu Maria. Der Laizismus gehört nicht zu den Stärken Tirols, das lieber seine Schwäche für Helden pflegt. Am 20. Februar, dem Todestag von Andreas Hofer, verleiht das Land alljährlich ein Dutzend Ehrenzeichen. Während den Ring des Landes nur 15 Lebende tragen dürfen, ist die Gesamtzahl der Ehrenzeichenträger unbegrenzt. Landeshauptmann und Landtagspräsident erhalten ihn schon bei Amtsantritt. Ehre, wem Ehre gebührt?
//Die Ehrung am 15. August weicht dieser Frage aus. 48 Verdienstkreuze und 192 Verdienstmedaillen können Sommer für Sommer vergeben werden. Dazu noch Auszeichnungen für Lebensretter und Erbhof-urkunden. Dies lässt sich so kritisch sehen wie alle Ordensverleihungen in einem ohnehin übermäßig auf die Oberflächlichkeit von Titeln fokussierten Gemeinwesen. Es widerspricht aber auch nicht der Einordnung als Manifestation einer funktionierenden Zivilgesellschaft. Sie erhält 2017 jedoch besonders aktuelle politische Brisanz. Denn die Schar der Auszuzeichnenden ist klar aufgeteilt: 36 (144) Nord- und Ost-, doch nur zwölf (48) Südtiroler kommen pro Jahr für Verdienstkreuz und -medaille in Frage. Die Ehrung ist also eine Gesamttiroler Angelegenheit, auch wenn die Aufschlüsselung das Bevölkerungsverhältnis von 740.000 im österreichischen Bundesland und 510.000 in der autonomen italienischen Provinz nicht widerspiegelt. Folgerichtig beschäftigen sich die Festreden der beiden Landeshauptleute oft mit europäischen Themen. Sie werden dem Brenner heuer kaum auskommen.