entrum für ganzheitliches Wohlbefinden“ steht auf dem Schild zur Eingangstür im dritten Stock. Robert Hölzl, der Leiter des Instituts, öffnet mir freudestrahlend die Tür und bittet mich, leise zu sein. „Es sind gerade Kunden da.“ Der 43-jährige Südtiroler ist ausgebildeter Masseur und Körpertherapeut und leitet das Institut gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, der Soziologin und Sexualtherapeutin Waltraud Franzelin. „Unser Hauptaugenmerk liegt auf der sinnlichen Tantramassage. Seit drei Jahren bieten wir aber auch Seminare, Workshops und Einzel-, Paar- und Sexualberatung an – mit wachsender Nachfrage.“
//Robert führt mich an geschlossenen Türen vorbei in den Seminarraum. Das Licht ist gedämpft, die Musik beruhigend. Es riecht nach Räucherstäbchen. Was passiert hinter den Türen? „Die Tantramassage ist eine sinnliche Ganzkörpermassage für Männer und Frauen, die auch den Intimbereich miteinbezieht. Die sexuelle Energie soll wieder frei fließen. Blockaden werden gelöst.“
Nachmittagstermin der anderen Art.
Yogakissen am Boden und ein Clipboard an der Wand – wir sitzen im hellen und freundlichen Seminarraum. Roberts Telefon klingelt, ein Kunde reserviert für 16 Uhr eine „sensitive Massage“, die zwei Stunden dauern soll.
//Robert trägt den Termin ein. Kommen die Kunden, um einen Orgasmus zu haben? „Nein, ein Orgasmus ist im Tantra eine mögliche Konsequenz, aber nie das Ziel“, erklärt Robert. Mehrere Stunden kann so ein Massageritual inklusive Gespräch davor und danach dauern, die Preise beginnen bei 110 Euro. Robert: „Der Masseur ist bei der Massage ebenso unbekleidet wie der Kunde. Das ist wichtig, damit sich die beiden auf gleicher Ebene begegnen können. Keinesfalls ist der Masseur als Lustobjekt zu sehen, er darf auch nicht berührt werden.“ In den Anfangsjahren musste man immer wieder Kunden mit falschen Erwartungen wegschicken. „Wir sind kein Schmuddelinstitut.“ Die Masseure werden intern ausgebildet, momentan besteht das Shiva-Team aus zehn Mitarbeitern.
„Die Tantra-massage ist eine sinnliche Ganzkörpermassage für Männer und Frauen, die auch den Intimbereich miteinbezieht.“
Robert Hölzl
Weckruf der Libido.
Ich blättere durch den Seminar-Folder. Zurzeit läuft eine Seminarreihe nur für Frauen: „Das sexuelle Profil“. An mehreren Abenden wird in einer kleinen, geführten Frauengruppe offen über Sexualität gesprochen, über Mythen, Erfahrungen und Wünsche. Robert: „Es ist für die Frauen wesentlich, ihre Weiblichkeit zu entdecken.“ Geleitet werden die Frauen-Seminare von Roberts Lebensgefährtin Waltraud Franzelin. Die Sexualtherapeutin hat sich in Indien zwei Jahre lang intensiv mit der Tantralehre befasst.
//Immer wieder gibt es auch mehrtägige Seminare für Paare, Ende November etwa das Seminar „Das Geheimnis der Yoni (weibliches Geschlechtsorgan) entdecken“. Der Ablauf der Seminartage wird hauptsächlich von Meditationen, Körperarbeit und Wahrnehmungsübungen bestimmt.
//Die Betreiber Robert und Waltraud sind Eltern eines kleinen Buben, wohnen in Brixen und fahren täglich nach Innsbruck. „In Südtirol sind Tantrainstitute leider verboten.“ Roberts Traum: „Eine Gesellschaft, in der Sexualität eine natürliche Sache ist. Sexuelle Lust ist schließlich eine der stärksten Quellen für Zufriedenheit und Lebensfreude.“
Tantra
Tantra ist eine Strömung innerhalb der indischen Philosophie und Religion und wird oft frei als „Ausbreitung des Wissens“ übersetzt. In der westlichen Welt wird Tantra häufig auf sexuelle Aspekte reduziert, die im klassischen Tantra allerdings nicht im Mittelpunkt stehen. Die Tantramassage wurde in den 1980ern vor allem für gestresste Großstadt-Europäer entwickelt und wird als heilendes, entspannendes und blockadenlösendes Ritual beschrieben. Seit den 1990ern gibt es in vielen größeren Städten Tantrainstitute.