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SEPTEMBER 2018

Satire

Bus(sí), baby!

In Innsbruck liebt man es, Bus zu fahren. Es ist zwar nicht wirklich billiger als Autofahren und manchmal wartet man bis zu drei Anzeigentafel-Minuten (15 Minuten in Echtzeit) auf den richtigen, aber ist man erst einmal eingestiegen, ist alles gut. Es sei denn, man trifft eine der folgenden Personen.

Illustration: Alina Klampfer

Menschen, die sich zur Mittagszeit in den vollgestopften Schulbus quetschen, um spazieren zu gehen

Gott habe alle Menschen selig. Und besonders die Senioren, die Proletarier, die unserem Staat in einer Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs treu gedient haben. Props for that. Aber jeder, der das Pech hat, um die Mittagszeit in einen Bus zu steigen, der entweder auf die Hungerburg oder nach Igls fährt, wird Zeuge eines verstörenden Szenarios, das österreichischer nicht sein könnte. Schon an der überfüllten Bushaltestelle in der Museumstraße scharren die in karierte Wanderhemden und abzippbare Hosen gekleideten Menschen, deren Abend, poetisch gesagt, nicht mehr weit ist, wild mit den an den Spitzen von einem winzigen Gummischuh gepolsterten Nordic-Walking-Stöcken. Beim Öffnen der Bustüren werden Schulkinder erbarmungslos zur Seite geschaufelt, um sich das alteingesessene Recht auf den freien Sitzplatz einzufordern. Alles schön und gut, aber wehe dem Bengel, der die Schwadron der Pudelfrisurträger durch den steten Blick auf das mobile Endgerät übersieht und seinen Platz nicht fluchtartig räumt (siehe Buch Levitikus)!

Beim Öffnen der Bustüren werden Schulkinder erbarmungslos zur Seite geschaufelt.

Der Sportler

Sommer wie Winter sind Innsbrucks Busse mit vitalen, sportlichen und glücklichen Menschen gefüllt. Und das ist gut so, das ist der Spirit der Stadt, das ist Inn’s wichtig. Sie nehmen ihre verdreckten Räder mit in den Bus und setzen sich schlammverkrustet auf die karmesinroten Polstersessel – „okay, cool“, um es mit einem Vers zeitgenössischer österreichischer Lyrik auszudrücken. Im Winter dürfen auch Snowboards und die Skiausrüstung mit in den Bus, das ist toll! Und wenn dafür alte Leute stehen müssen, weil das Studentenpärchen jeweils zwei Sitze mit ihren sauteuren Custom-Boards beanspruchen, ist das auch egal. Im Falle einer Notbremsung zahlt die neue Hüfte sowieso die Krankenkasse. Und die nassen Sessel, nachdem auf einer langen Fahrt aus Schnee wieder Wasser geworden und schön in den Polster eingezogen ist – ein Traum. Wer einmal einen tiefen Atemzug in einem mit schwitzenden Skitouristen gefüllten Bus gemacht hat, den erfüllt ein tiefes Wohlgefühl der Harmonie. Egal ob unter Armen oder in triefenden Socken. Am Ende des (Ski-)Tages riechen wir alle gleich.

Ein tiefer Atemzug in einem mit schwitzenden Skitouristen gefüllten Bus erfüllt mit Harmonie.

Das Elternteil mit schreiendem Kleinkind

Eltern haben es nicht einfach. Und jene, die Menschen mit Kindern bloß aus TV-Serien kennen, können in Bussen die eine oder andere schockierende Beobachtung machen. Da gibt es Mütter mit starken Oberarmen, die ihre Kinderwägen mithilfe des Hebelgesetzes in den Bus katapultieren, dass es, auf gut Tirolerisch, das Poppele fast herausspeckt. Während der Fahrt halten sie sich und den Kinderwagen fest (weil irgendein Idiot sein Fahrrad in den Kinderwagenbereich gestellt hat), während sie das Baby mit Biskotten und Apfelsaft versorgen und mit dem Fuß das andere Geschwisterchen fixieren, das bereits an der Sitzpolsterung knabbert. Da gibt es die unrasierten Väter mit glasigem Blick, die aussehen, als wäre irgendetwas in ihnen gestorben, während durch die ultraschallhohen Schreie des Kindes die Umstehenden reihenweise erbrechen und kollabieren. Ja, die Realität ist verdammt hart.

Mütter mit starken Oberarmen, die ihre Kinderwägen mithilfe des Hebelgesetzes in den Bus katapultieren.

Der ohne Kopfhörer Musikhörende

Das ist eine Nachricht für alle Menschen, die schon einmal in einem öffentlichen Verkehrsmittel länger als die drei peinlichen Sekunden des versehentlichen Kopfhörer-aus-dem-Smartphone-Rausziehens Musik gehört haben: Was zur Hölle ist falsch mit euch? Der bescheidenen Meinung des Autors dieser Zeilen nach eines von zwei Dingen. Erstens: Ihr seid in einem Stadium der Apathie angelangt, das sich schleichend vom Zusammen-werfen von Bunt- und Weißwäsche über den Beschluss, keine Unterhose mehr zu tragen und die Zahnbürste eurer Mitbewohner zu benutzen, bis hin zum rücksichtslos lauten Musikhören entwickelt hat. Oder zweitens: Ihr seid Arschlöcher. Der ohne Kopfhörer Musikhörende ist eng verwandt mit dem grenzdebilen Volume-up-Instagrammer und der sogenannten Generation Z (der Millennial-Nemesis der Yuppies, die glaubten, Smartphones seien gut für die Menschheit), die den ganzen Bus mit Vlogs (googeln Sie’s einfach, werte Generation X) unterhält.

Was zur Hölle ist falsch mit euch?