Ab Ende September wird am Wiltener Platzl gezockt.
eim Spiel kann man einen Menschen in einer Stunde besser kennenlernen als im Gespräch in einem Jahr.“ Das ist kein Marketingspruch einer Gamer-Lobby, sondern eine Jahrtausende alte Weisheit des Philosophen Platon. Der Spieltrieb macht seit Anbeginn der Zeiten einen wesentlichen Teil der menschlichen Natur aus. Und er gibt auch Details über den Charakter der spielenden Individuen preis: Wie reagieren die Teilnehmer auf Sieg oder Niederlage? Suchen sie Verbündete oder sind sie als Einzelgänger unterwegs?
//„Jeder Mensch ist anders. Den typischen Zocker gibt es nicht, schon gar nicht das Klischee des sozial desinteressierten Spielers“, sagt Nikolaus Staudacher, Initiator des „Spielraums“, einem öffentlichen Treffpunkt für die Innsbrucker Gamer-Community, der Ende September am Wiltener Platzl neu eröffnet wird. Am Anfang seiner Laufbahn betrieb Staudacher ein Fachgeschäft für digitale Spiele und tastete sich von dort aus langsam, aber stetig an der Verwirklichung seines eigentlichen Traums – ein Zentrum für soziale und kommunikative Spielaktivitäten – heran. Er startete Initiativen in Telfs und dann auch in Innsbruck, musste die Projekte 2009 aber aufgrund finanzieller Engpässe wieder einstellen.
„Digitale Spiele sind per se weder gut noch schlecht.“
Nikolaus Staudacher
Ausgezeichnet und zertifiziert.
„Die Idee ließ mich aber einfach nicht los“, erinnert sich Nikolaus Staudacher. So nahm er das Thema Computerspiele im Rahmen seines Marketing- und Kommunikationsmanagementstudiums an der FH Kufstein genauer unter die Lupe. 2013 schloss er das Studium mit einer ausgezeichneten Bachelorarbeit über die sozialen und kommunikativen Auswirkungen von Online- und Offline-Spielen ab. Eine weitere Bestätigung für seine Spielraum-Idee erhielt der gebürtige Stamser Ende 2015 mit dem Anerkennungspreis der Eduard-Wallnöfer-Stiftung, die das Projekt als „mutigste Initiative zum Wohle des Landes“ bezeichnete. Mittlerweile unterstützen ihn sämtliche heimische Jugend- und Forschungsinstitutionen, Staudacher ist außerdem der einzige Spielgutachter in Westösterreich, der für die BuPP (Bundesstelle für die Positivprädikatisierung von Computer- und Konsolenspielen) tätig ist.
Für vier Euro die Stunde darf gezockt werden, abgerechnet wird minutengenau.
Zwischen Spiel und Jugendbetreuung.
Wie groß die Tiroler Spielercommunity überhaupt ist, kann anhand repräsentativer Umfragen eruiert werden. Experten schätzen sie auf rund 230.000 Personen zwischen 14 und 65 Jahren, wobei die spielfreudigste Gruppe jene zwischen 14 und 29 sein dürfte. Ältere Spieler geben oft nur ungern zu, dass sie spielen – tun es aber trotzdem. Das Spannende am Computerspielen ist für viele der unvoreingenommene Zugang: Es zählt nur das Können, unabhängig von Alter, Kraft oder Geschlecht. „Ein Computerspiel ist wie ein Brettspiel, nur das Medium ist anders“, findet Nikolaus Staudacher. Und die Akzeptanz für digitale Varianten werde auch durch smarte Vertriebskanäle am Handy immer größer, es mangele nur am öffentlichen Raum für den persönlichen Kontakt zu Gleichgesinnten. Wie wichtig dieser sei, weiß Staudacher aus seiner persönlichen Erfahrung mit Jugendlichen: „Ich habe auf Turnieren beobachtet, wie angeblich verfeindete soziale Gruppen über das gemeinsame Zocken plötzlich
zusammengefunden haben – und das ist doch etwas Schönes.“ Denn sobald Gleichgesinnte gefunden sind, ergeben sich noch mehr Begegnungen – speziell unter Spielern, die sonst isoliert bleiben würden.
Kritischer Umgang.
Im Spielraum am Wiltener Platzl (übrigens nicht zu verwechseln mit dem „Spielraum für Alle“ nur wenige hundert Meter weiter) warten 30 mehrspieleroptimierte Plätze samt Equipment auf die Spielgemeinschaft. Für vier Euro die Stunde darf gezockt werden, abgerechnet wird minutengenau. Außerdem steht noch ein Rätselraum bereit, ein sogenannter Escape Room. „Hier wird auch gespielt, aber analog“, erklärt Staudacher. Um sich aus diesem Raum befreien zu können, muss die Spielergruppe Rätsel lösen. Dafür interessieren sich hauptsächlich Firmen, die ihren Mitarbeitern Teambuilding-Maßnahmen anbieten wollen. eplant sind zudem Events zu großen Spielreleases sowie kleine und große Turniere – hier könnte auch das Wiltener Platzl selbst als bespielbare
Alle Infos zur Eröffnung gibt es unter:
www.facebook.com/spielraum.tirol/
Outdoor-Location dienen. Dennoch soll der Spielraum auch für einen kritischen Umgang mit Online-Games und Co. stehen. Zu diesem Zweck möchte Staudacher Workshops für Jugendliche veranstalten, die etwa in der Spielbranche ihre berufliche Heimat finden möchten, und außerdem Aufklärungsarbeit für nichtspielende Eltern und Pädagogen leisten. Im Rahmen verschiedener Diskussionsrunden rund um Chancen und Risiken der Videospiele sollen interessierte Game-Laien mit aktuellen Forschungsergebnissen umfassend informiert und zum selber Ausprobieren eingeladen werden.
//„Digitale Spiele sind per se weder gut noch schlecht, aber die Diskussion darüber erfolgt oft anhand vorurteilsgeprägter Annahmen“, weiß Nikolaus Staudacher. Auch der Jugendschutz soll umfassend gewährleistet werden. Nach Absprache mit den Eltern können auch Alters- und Nutzungsgrenzen bei minderjährigen Spielern vereinbart werden. „Außerdem ist immer eine Betreuungsperson vor Ort“, versichert der Game-Experte.