ou Andreas-Salomé war eine bemerkenswerte Frau: 1861 als adelige Generalstochter in St. Petersburg geboren, nahm sie schon früh Privatunterricht zu philosophischen Themen. Im September 1880 begann sie ein Studium an der Universität Zürich und beeinflusste in weiterer Folge viele der bekannten Denker ihrer Zeit, darunter Friedrich Nietzsche und Rainer Maria Rilke. Deren Heiratsanträge wies Lou Andreas-Salomé ab, ihre 1887 geschlossene Ehe mit dem Professor Friedrich Carl Andreas blieb rein platonisch. Lous spätere Liebesbeziehungen – auch zum jungen Rilke – gefährdeten ihre über vier Jahrzehnte andauernde Ehe nicht. Ab 1913 war Lou Andreas-Salomé, von Freud geschätzt, als Psychoanalytikerin tätig. 1937 starb sie in Göttingen.
Schmerzhaft theatralisch.
Die deutsche Regisseurin Cordula Kablitz-Post stellt sich in ihrem Film „Lou Andreas-Salomé“ der Herausforderung, das gesamte Leben Salomés in das Korsett eines 113 Minuten langen Biopics zu zwängen und scheitert dabei, wenig verwunderlich, auf hohem Niveau: Um das emanzipierte Verhältnis der Intellektuellen zu ihren Männern einigermaßen plausibel erzählen zu können, muss die Regisseurin gegen Ende des Films fast die gesamte Beziehung zu Sigmund Freud im Zeitraffer abspulen. Auch zuvor ist der Film nicht immer stimmig, dann etwa, wenn Cordula Kablitz-Post vor allem ihren männlichen Darstellern ein schmerzhaft
theatralisches Spiel nicht abgewöhnen kann. Sowohl Alexander Scheer (Nietzsche) als auch Julius Feldmeier (Rilke) und Matthias Lier (Salomés später Freund Pfeiffer) agieren auf eine Art, dass auch der Sehschwache in der hintersten Sitzreihe des Stadttheaters die darzustellenden Gefühle noch zweifelsfrei erkennen könnte, ohne sie zwingend zu spüren.
Auf Massentauglichkeit getrimmt.
Auch Katharina Lorenz als Salomé benötigt mehr als die Hälfte des Films, um im Wechselspiel mit ihrem betagten Alter Ego (gespielt von Nicole Heesters) nachvollziehbar authentisch zu werden. Dass sie dabei im Schauspiel immer wieder von süßlicher Filmmusik begleitet wird, hilft zwar, ein eigentlich nicht massentaugliches Thema breitenwirksamer aufzustellen, der Glaubwürdigkeit der Figur Salomé aber schadet es. Die von Cordula Kablitz-Post verwendeten Digitaltricks zeigen deutlich, dass die Regisseurin eigentlich aus dem Dokumentarfilm-Bereich kommt, und funktionieren manchmal, um sich dann wieder der Peinlichkeit zu nähern. Dann etwa, wenn Lou Andreas-Salomé auf der Analysanden-Couch eine digital animierte Gotteserscheinung mit dem Antlitz Sigmund Freuds hat, worüber sie herzlich lachen kann. Der Zuseher bleibt allerdings ein weiteres Mal mit dem unguten Gefühl zurück, dass hier etwas Nichtpassendes passend gemacht werden will.