„Durch die Bänke und den Brunnen ist es ein treffpunkt geworden.“
Barbara Wachter
enn ihr an das Wiltener Platzl vor dem Bürgerbeteiligungsprozess 2005 und die Umgestaltung zurückdenkt, wie habt ihr die Gegend in Erinnerung? Adi Rauscher: Es war kein wirklicher Platz, sondern mehr eine Verkehrsfläche ohne Infrastruktur – weder für Veranstaltungen noch zum Verweilen. Natürlich ist es sehr wichtig, dass unsere Kunden von außerhalb genügend Parkmöglichkeiten vorfinden. Aber das war nicht der richtige Ort dafür. Widerrechtlich parkende Autos waren ein großes Problem, auch wenn wir damals schon versucht haben, Events durchzuführen. Der Umbau hat viel in Bewegung gesetzt, weil der Platz dann auch endlich als Platz wahrgenommen wurde. Den offiziellen Namen Wiltener Platzl hat es vor der Neueröffnung 2010 ja auch noch gar nicht gegeben.
Barbara Wachter: Den Bauernmarkt gab es früher schon, aber ja, die Autos waren das größte Hindernis. Die sind oft direkt vor dem Bankomaten stehengeblieben, deswegen war er auch so beliebt. Damals war auch gar nicht eindeutig klar, was mit dem Wiltener Platzl gemeint war, manche haben auch den Kaiserschützenplatz so bezeichnet.
Als ich mein Geschäft vor 22 Jahren eröffnet habe, habe ich den Begriff aber ganz bewusst in meine Adresse hineingenommen, und einige andere sind mir gefolgt.
Was hat sich durch den Umbau konkret verändert? Wachter: Durch die Bänke und den Brunnen hat der Platz seinen Treffpunktcharakter bekommen. Der Ort hat heute fast etwas Dörfliches. Und im Zuge des Umbaus haben auch die Häuser am Platzl neue Fassaden bekommen. Dadurch hat die Umgebung viel gewonnen und es sind auch neue Mieter und Konzepte hinzugekommen. Das Platzl ist mittlerweile ein echtes Veranstaltungs- und Kommunikationszentrum. Da sitzt eigentlich immer wer, auch im Winter.
Rauscher: Dieser ganze Prozess hat auch den Zusammenhalt der ansässigen Geschäftsleute gefördert. Die Arbeit unseres Vereins hat den Platz in den letzten Jahren zu einer Marke gemacht. Das sieht man auch an der Tatsache, dass man das Wiltener Platzl mittlerweile auch auf Google Maps findet.
Wie definiert ihr das primäre Ziel eures Vereins? Adi Rauscher: Kurz gesagt: Stadtteilbelebung. Diese Belebung geht Hand in Hand mit Leerstandsmanagement. Es steht wenig leer, es gibt einen regen Wechsel und dadurch kommen immer neue, innovative Konzepte zu uns.
Wachter: Laut Eigendefinition sind wir ein Verein zur Förderung des Wirtschaftsstandorts Wilten. Wir wollen die Frequenz und die Bekanntheit des Grätzels durch verschiedene Veranstaltungen und Aktionen erhöhen, damit die Menschen das Wiltener Platzl und seine Umgebung kennenlernen und dann auch zum Einkaufen herkommen.
Einige der neuen Geschäfte und Lokale rund ums Platzl haben relativ rasch wieder zugesperrt. Wie erklärt ihr das? Wachter: Wir geben jungen Leuten gerne das Podium, sich hier auszuprobieren. Und wenn es nicht klappt, klappt es eben nicht. Ich finde das aber auch gar nicht schlimm. Wechsel ist immer gut und man sieht ja, dass spannende neue Konzepte nachkommen. Immer die gleichen Läden und Marken wären ja auch langweilig. Unternehmertum bedeutet auch Veränderung.
Rauscher: Der Blick in andere Städte zeigt, dass diese Dynamik eigentlich ganz normal ist. Es gibt immer einige „Alte“, einige fixe Säulen, und daneben gibt es die Neuen, die etwas ausprobieren, manchmal auch drei verschiedene Konzepte hintereinander. Veränderung ist im Handel ganz normal. Ich sehe das an meiner eigenen Firma. Wir sind ein Familienbetrieb. Rauscher gibt es bereits seit 1948, aber wir sind heute komplett anders aufgestellt und haben uns auch laufend verändert.
Woran scheitern jene, die scheitern? Rauscher: Das hat natürlich viele verschiedene Gründe. Oft sind es Konzepte, die nur an einer einzigen Person hängen, und es ändern sich halt oft die Lebensumstände und die Ziele. Manchmal kommt Familiennachwuchs, manchmal stellen sich junge Leute das Unternehmersein auch einfacher vor, als es letztendlich ist.
Und manchmal ist es ganz einfach Zeit für Veränderung. Man braucht sicherlich eine Portion Durchhaltevermögen, um ein Konzept zu etablieren. Handel ist eben Wandel – heute mehr denn je. Aber viele von den Geschäften und Lokalen, die sich in den letzten Jahren bei uns angesiedelt haben, sind gekommen, um zu bleiben, und expandieren gerade mit einem zweiten Konzept.
Manche finden es schade, dass am Samstagnachmittag und am Sonntag nicht viel los ist rund ums Wiltener Platzl. Was sagt ihr dazu? Wachter: Man muss schon auch sagen, dass Innsbruck anders ist als andere Städte. Am Samstag gehen viele lieber auf den Berg statt einkaufen. Ich glaube außerdem, dass das Dörfliche, auch im Hinblick auf die Öffnungszeiten, den Charme von Wilten ausmacht.
Diese Art von Entschleunigung empfinden viele als sehr angenehm und akzeptieren dafür gewisse „Unannehmlichkeiten“.
Welche Herausforderung seht ihr aktuell in Wilten? Rauscher: Wir versuchen gerade, uns noch mehr auf die untere Leopoldstraße zu konzentrieren. Die Triumphpforte wird ja oft als Trenner gesehen, über den die Einkäufer und vor allem die Touristen nicht „drüberkommen“. Durch Vereinsmitglieder wie das Kater Noster und andere Konzepte könnte es uns gelingen, diese „Hürde“ zu entschärfen. Im gesamtstädtischen Kontext wäre es ja eigentlich sehr wünschenswert, wenn die Besucher vom Goldenen Dachl bis zum Bergisel raufspazieren.
Vielen Dank für das Gespräch.
„handel ist eben wandel – heute mehr denn je.“
Adi Rauscher