Innsbrucker AV: Abstand halten!
em Innsbrucker Alpenverein ist die Bergstation buchstäblich ein Dorn im Auge, versperrt sie ihm doch die Aussicht. Und zwar jene vom Schutzhaus aus, wo man momentan von der Terrasse noch ins Stubai blicken kann. Mit dem Standort der neuen Bergstation, der ca. 20 bis 30 Meter südwestlich vom Haus geplant ist, wird es damit vorbei sein. Auch dass die Bergstation einen Gastronomiebetrieb samt Terrasse beherbergen soll, löst beim AV mitunter Existenzängste aus: „Wie sollen zwei Gasthäuser direkt nebeneinander bestehen? Wir fürchten um die Existenz des Schutzhauses“, so Andreas Ermacora, der in diesem Zusammenhang als Anwalt der Sektion und nicht als dessen Präsident auftritt.
//Nachdem der Innsbrucker AV mit dem Einspruch gegen die seilbahnrechtliche Genehmigung abgeblitzt war, wurde die Bürgerinitiative eingebracht, in der konkret die Verlegung der Bergstation gefordert wird.
„Wir fordern, dass ein Abstand von 70 Metern von Gebäudekante zu Gebäudekante eingehalten wird“, so Ermacora. Daran, dass die nötigen 2.000 Unterschriften (vor der Reform des Stadtrechts waren noch 5.000 nötig) für die Initiative erreicht werden, hatte auch die Stadt nie gezweifelt. Die Abstimmung wurde bereits vorsorglich für Juni angedacht (und die Abstimmung zu Olympia – ebenso vorsorglich – auf Herbst verschoben).
//„Die nötigen 52.000 Unterstützungen werden wir nicht erreichen“, weiß auch Andreas Ermacora (auch nach der Reform des Stadtrechts müssen 50 Prozent der Wahlberechtigten die Initiative unterstützen). Ein Zeichen wolle man trotzdem setzen. Außerdem könne man ja auch noch hoffen, dass die Stadt doch noch einlenkt – was die Positionierung der Bergstation anbelangt – denn, stellt Ermacora klar: „Dem AV geht es nicht um das Projekt als Ganzes, uns geht es dezidiert um den Fortbestand des Schutzhauses.“
Bürgerinitiative Igls (BI): Talstation soll in Igls bleiben
ie Bürgerinitiative stört sich unter anderem an der geplanten Verlegung der Talstation an die Römerstraße. „Bereits 2015 haben wir Unterschriften gegen eine Verlegung der Talstation gesammelt, 80 Prozent der Igler Haushalte haben sie unterschrieben“, erzählt Berthold Schwan, Sprecher der Bürgerinitiative Igls. Dieses Anliegen sei seitens der Stadt allerdings ignoriert worden. Die BI wirft der Stadt auch eine „Pseudo-Bürgerbeteiligung“ vor, weil Gespräche, wenn geführt, nichts gebracht hätten und die Politik prinzipiell erst entscheiden und dann informieren würde.
//Außerdem ortet die BI durch die aktuellen Bauarbeiten „eine enorme Belastung für das Ökosystem Patscherkofel“. Die BI dokumentiert die Bauarbeiten am Patscherkofel und teilt Fotos und Videos auf ihrer Website.
Kritisiert wird auch, dass man seitens der Stadt in Betracht gezogen habe, ein funktionierendes System weiterzuführen, sagt Berthold Schwan: „Die BI Igls hat sich nie gegen eine Sanierung gestellt. Ganz im Gegenteil: Wir forderten ja eine Sanierung der alten Seilbahn.“
//Sie hätte aber eben, anstelle des teuren Neubaus, lieber die alte Bahn saniert gesehen, betont Schwan: „Die gute, alte, mittlerweile fast 90 Jahre alte Seilbahn ist eine Attraktion, in anderen Regionen werden solche Bahnen als touristische Anziehungspunkte vermarktet.“ Die Initiative des Alpenvereins unterstützt die BI. Auch wenn sie im Kern nichts mit den eigenen Forderungen zu tun hat, empfindet man den Standort der Bergstation auch innerhalb der BI als eine „Frechheit“, wie Schwan meint: „Wie kann man nur seitens der Innsbrucker Stadtregierung unter Frau Oppitz-Plörer so unsensibel vorgehen?“
Interessengemeinschaft Bürgerinitiativen Innsbruck (IGBI): Zurück zum Anfang
o ganz und gar nichts mit den Plänen der Stadt kann die IGBI anfangen. Bei einer Demo gegen das Projekt im März forderte sie: „Zurück zum Anfang!“ Ginge es nach der IGBI, würde sie die Arbeiten am Patscherkofel einstellen und noch einmal von vorne beginnen. „Es ist ja eigentlich ein Skandal, aber bezeichnend für diese Koalition, dass man hier nicht einmal darüber nachdenkt, die Reißleine zu ziehen“, protestiert Anita Stangl, Sprecherin der IGBI.
//Was die IGBI vor allem kritisiert, ist die Vorgehensweise der Stadt. Die IGBI fordert einen ehrlichen und offenen Dialog mit der Bevölkerung, vor allem bei Projekten in der Größenordnung wie den Bauvorhaben am Patscherkofel. Die Realität sieht für Anita Stangl aber anders aus: „Echte Bürgerbeteiligung in diesem Sinne gibt es in Innsbruck leider nicht.“
„2013 wurde ein Bürgerbeteiligungsbüro eröffnet, 2014 wurde dieses aber wieder aufgelöst, der im Jahr 2012 gegründete ‚Ausschuss für Bürgerbeteiligung, Petitionen und Zivilgesellschaft der Stadt Innsbruck’ hatte 2015 eine Sitzung“, nennt Stangl weitere Beispiele für Versäumnisse in der Stadt.
//Unterstützung für ihre Initiative erhält der AV auch von der IGBI. „Selbstverständlich unterstützen wir die Bürgerinitiative. Es ist nicht der Wunsch der Mehrheit der Bevölkerung, dass die neue, sehr große Bergstation direkt vor das Schutzhaus gebaut wird“, so Stangl. Letztere Behauptung sieht sie durch die Imad-Umfrage vom März, die die NEOS in Auftrag gegeben hatten, bestätigt: 65 Prozent der 300 Befragten sprachen sich gegen einen Neubau und für einen teilweisen Neubau und die Sanierung der alten Bahn aus.
Stadt Innsbruck: Attraktiver Hausberg
ie Stadt Innsbruck bzw. die Innsbrucker Stadtregierung sieht in ihren Vorhaben am Patscherkofel „ein umfangreiches Attraktivierungsprojekt“ für den „Hausberg der Innsbruckerinnen und Innsbrucker“.
//In Sachen Gesprächsbereitschaft zeigt sich Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer weiterhin offen. Hält aber gleichzeitig fest: „Die Situierung der Bergstation ist eine technische Entscheidung und keine politische.“
Man habe alle Alternativ-Varianten im Umfeld der von der Bürgerinitiative geforderten 70 Meter von externen Experten prüfen lassen und keine davon sei umsetzungsfähig – entweder wegen Lawinenzonen, weil die Familien- oder die Olympiaabfahrt nur mehr eingeschränkt eingebunden werden könnte oder weil etwa das Landschaftsschutzgebiet beeinträchtigt werden würde.
Ende in Sicht? Klage im Raum!
Bürgermeisterin Oppitz-Plörer hatte bis zuletzt in Richtung AV weiterhin Gesprächsbereitschaft signalisiert. Man könnte sich zum Beispiel gemeinsam mit allen Betrieben ein kulinarisches Konzept Kofel überlegen oder vielleicht das Alpenvereins-Museum, das derzeit auf Heimatsuche ist, am Berg einrichten – als „höchstes der Alpen“. Im Gespräch mit 6020 erteilt Andreas Ermacora diesen Ideen eine Abfuhr: „Wir reden mit der Bürgermeisterin gerne über die Verlegung der Bergstation – und über nichts anderes.“ Außerdem steht seitens des AV noch eine Unterlassungsklage im Raum. Über eine sogenannte Dienstbarkeit ist im Grundbuch festgeschrieben, dass kein anderer Gastronomiebetrieb in der Nachbarschaft zum Schutzhaus eröffnet werden darf. Der geplante würde also gegen diese Dienstbarkeit verstoßen, erklärt Ermacora, der davon ausgeht, dass die Klage auch eingereicht wird.
Info
Die repräsentative Telefon-Umfrage wurde vom 15. bis 21. März durchgeführt. Befragt wurden 300 in Innsbruck wahlberechtigte Personen ab 16 Jahren. Die Schwankungsbreite liegt bei +/- 5,6 Prozent.